Der Sohn ist also wieder in sein Reich gezogen, das ein separates Studio im Soussol unserers Hauses ist. Zwischen ihm und uns liegt noch eine ganze Wohnung. Sohnemanns Balkontüre zum Sitzplatz ist stets offen für seine heimischen Freunde, die beinahe täglich zu Besuch kommen, um zu reden. Ha ha, hab ich reden gesagt? Derweil die Küche bei uns oben in der Wohnung zum regelrechten Durchgangszentrum geworden ist, vor allem zu Lockdowns-Zeiten, ständig stand jemand am Herd, ok, meistens ich, aber zwischendurch die Junioren-Freunde und plötzlich kam die Idee auf, wie cool wäre es denn, wenn man eine eigene Wohnung haben könnte? Nachdem der Sohn eingesehen hat, dass wir noch ein paar Jahre gedenken, hier drinnen zu bleiben, ist er in einen Wohnungsvermittlungspool eingetaucht: 3 junge Männer suchen eine zahlbare Mietwohnung mitten in der Stadt Zürich. Humor haben sie ja, das muss man ihnen lassen.
Und siehe da, tatsächlich kam das erste Angebot. Zwei junge Studentinnen, die unsren Sohn kennen, haben ihn auch angefragt, ob er nicht bei ihnen einziehen möchte. Weil die Dritte im Bunde aus der Wohnung auszieht und damit ein Zimmer frei wird. Der Sohnemann überlegt, die Grundidee mit seinen Kollegen eine WG zu gründen, flattert kurz in den Hintergrund. Coronabedingt war ein direktes Anschauen des Objekts nicht möglich, also haben sie eine visuelle Führung per Smartphone vorgeschlagen, auf die er sich ebenfalls mit einem Video dann bewerben sollte. Weil, ist ja nicht so, dass sie auf unseren Sohn gewartet hätten, nein, da stehen schon ganz viele Interessentinnen und Interessenten auf dem virtuellen Teppich. Die ersten Eindrücke des Rundgangs durch die Wohnung lassen dem Sohn das Herz ein wenig höher schlagen: Die Lage perfekt (weil ja nicht unwichtig, zentral soll es sein, nicht allzu weit von der Partyszene entfernt, ein Quartierlädeli für die nötigsten Einkäufe und ein Getränkemarkt in unmittelbarer Nähe, hey, was willst du mehr?), schöner Parkett, hohe Decken, das Zimmer der durch die Wohnung-Führenden wird mit grossem Schrank und bester Ordnung präsentiert, das Zimmer der zweiten Kollegin ein ziemliches Chaos – da hat unser Sohn direkt Heimatgefühle entwickelt. Das dritte Zimmer, das nun zur Miete ausgeschrieben ist, doch sehr klein, aber wieviel braucht man überhaupt zum Leben? 1‘200 Franken, lächelt die Hauptmieterin in die Kamera. Sohn, nicht auf den Kopf gefallen, rechnet blitzschnell: 400 für mich, mega Schnäppchen und das mitten in Zürich. Da hört er die zarte Stimme: Für jeden, das heisst 3‘600 Franken insgesamt und dann noch es bitzeli Nebenkosten. Dass im Kühlschrank nur Platz findet, wo Soja draufsteht und vegan drin ist, ist nur halb so schlimm, ein Filet hätte er sich eh nicht mehr leisten können.