Erziehung: «Eltern müssen ihre Kinder viel mehr führen» 
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«Eltern müssen ihre Kinder viel mehr führen» 

Lesedauer: 10 Minuten

Der Neuropsychologe Lutz Jäncke zeichnet in seinem neuen Buch ein düsteres Zukunftsbild und fordert von den heutigen Eltern viel Engagement. Eine gesunde Entwicklung des Gehirns werde aufgrund der rasenden Vernetzung immer schwieriger.

Interview: Bianca Fritz
Bilder: Sebastian Magnani / 13 Photo

Herr Jäncke, in Ihrem demnächst erscheinenden neuen Buch «Von der Steinzeit ins Internet» zeichnen Sie ein ziemlich pessimistisches Bild, was unseren Umgang mit Medien angeht. Warum? 

Meine These ist: Wir sind nicht für die moderne Welt gemacht. Wir ­werden so lange überflutet mit der Masse an Informationen, bis wir ­daran ersticken. Ich weiss, das ist nicht angenehm, aber ich sehe das nun mal so: Wir sind soziale Tiere. Uns gibt es erst so seit 150’000 bis 200’000 Jahren. Seit ungefähr 80’000 bis 90’000 Jahren wandert der Mensch durch die Welt. In kleinen Gruppen von vielleicht 20 bis 50 Personen. Das bedeutet: Der frühe Homo sapiens hat in seinem ganzen Leben vermutlich weniger ­Menschen gesehen als ich, wenn ich vom Bahnhof Stadelhofen nach Zürich-Oerlikon mit dem Tram fahre. Nur mit diesen wenigen Menschen musste er sich kommunikativ auseinandersetzen. In den vergangenen 13 Jahren hat sich die Welt so dramatisch verändert wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte.

Inwiefern?

2007 hat Steve Jobs das iPhone vorgestellt. Das hat eine technische und kulturelle Revolution ausgelöst, die in so kurzer Zeit noch nie statt­gefunden hat. Es hat die Art und Weise, wie wir kommunizieren, ­völlig verändert, wie wir fernsehen, wie wir Zeitung lesen, ob wir überhaupt noch Zeitung lesen, ob wir Bücher lesen, wie wir Bücher lesen und so weiter. Hinzu kommt die Explosion in der Internetwelt. Über 70 Prozent aller Menschen weltweit haben Zugang zu Mobiltelefonen und den sozialen Medien. Diese enorme Verbundenheit hat viele Vorteile, keine Frage. Zum Beispiel wie wir jetzt hier per Videokonferenz reden. Gleichzeitig nimmt die Menge von Bullshit im Internet exponentiell zu. Jeder Irrsinn findet seinen Weg ins Internet. Die gute Information wächst hingegen nur linear.

Lutz Jäncke ist seit 2002 ordentlicher Professor für Neuropsychologie an der Universität Zürich und Autor sowie Herausgeber mehrerer Bücher. Seine wissenschaftlichen Arbeiten zählen zu dem einen Prozent der am häufigsten zitierten weltweit. Jäncke arbeitet heute im Bereich der funktionellen Neuroanatomie mit Fokus auf der kortikalen ­Plastizität im Zusammenhang mit dem Lernen. Jäncke hat zwei erwachsene Söhne. Am 10. Mai erscheint sein neues Buch: Von der Steinzeit ins Internet. Der analoge Mensch in der digitalen Welt. Hogrefe 2021, 192 Seiten, ca. 33 Fr.
Lutz Jäncke ist seit 2002 ordentlicher Professor für Neuropsychologie an der Universität Zürich und Autor sowie Herausgeber mehrerer Bücher. Seine wissenschaftlichen Arbeiten zählen zu dem einen Prozent der am häufigsten zitierten weltweit. Jäncke arbeitet heute im Bereich der funktionellen Neuroanatomie mit Fokus auf der kortikalen ­Plastizität im Zusammenhang mit dem Lernen. Jäncke hat zwei erwachsene Söhne. Am 10. Mai erscheint sein neues Buch: Von der Steinzeit ins Internet. Der analoge Mensch in der digitalen Welt. Hogrefe 2021, 192 Seiten, ca. 33 Fr.

Warum wächst die Menge dieses ­Bullshits schneller als die der guten Information? 

Weil nahezu alles mehr oder weniger unselektioniert seinen Weg ins Internet findet. Da wir die Menge nicht mehr überblicken und selektionieren können, werden zur Auswahl ineffiziente Strategien genutzt. Das führt letztlich dazu, dass wir immer anfälliger werden für die Informationen, die herausstechen. Emotionale, einfachere Informationen, die auffallen. Damit werden wir manipulierbar.

Aber jeder hat doch die Wahl, womit er sich beschäftigt.

Was macht der Mensch, wenn er mit vielen Informationen konfrontiert wird? Wenn Sie im Geschäft drei Alternativen haben, werden Sie abwägen nach Preis, Qualität und so weiter. Was machen Sie aber, wenn Sie zwischen 20, 50 oder 100 Angeboten entscheiden müssen? Wir sind dann überfordert. Das ist wie bei Netflix: Wenn Sie nicht wissen, was Sie schauen wollen, aber 1000 Filme angeboten bekommen, werden Sie zappen. Sie lassen sich leiten von den Reizen und daran werden wir ersticken, weil wir uns abhängig machen von der Attraktivität der Reize, die uns auswählen.

Was meinen Sie denn konkret mit ­diesem Ersticken? 

Ich gehe davon aus, dass wir zunehmend unsere eigene Kontrolle verlieren. Wir werden geleitet von Internet-Informationen, und das machen sich dann andere Menschen zunutze. Beispielsweise Regierungen, Machthaber, Wirtschaftsbosse. Das ist nichts Spekulatives. Ich bin weiss Gott kein Verschwörungstheoretiker. Die globale Manipulation passiert bereits jetzt. Cambridge Analytica beispielsweise ist eine von vielen amerikanischen Meinungs­macher-Firmen, die nichts anderes tun, als uns über Google, Facebook und so weiter auszuspionieren. Die erstellen Persönlichkeitsprofile und damit beeinflussen sie unsere Entscheidungen und unser Leben. Unsere ganze Einstellung zur Politik wird heute mehr durch das kontrolliert, was wir im Internet sehen, als durch Be­richte von seriösen Journalisten. Das macht mir Sorge. Und es passiert, weil wir zu Lustwesen werden, die ihren Grips nicht einsetzen.

Was heisst das für Kinder, die in so einer Gesellschaft aufwachsen?

Sie haben das grösste Problem. Unser Gehirn reift bis ungefähr zum zwanzigsten Lebensjahr, sogar noch ein bisschen darüber hinaus. Und bei diesem Reifungsprozess nimmt der Frontalkortex eine besondere Rolle ein. Dieses Stirnhirn ist sehr wichtig für die Selbstdisziplin und die Selbstkontrolle. Der noch nicht voll ausgebildete Frontalkortex ist einer der Gründe, warum die Kinder in der Pubertät so sind, wie sie sind. Dass sie zum Beispiel Schwierigkeiten mit ihrer Aufmerksamkeit und der ­Kontrolle ihrer Emotionen haben. Kinder sind anfällig für Lust-Im­pulse. Sie sind deswegen auch anfällig für Süchte. Und jetzt kommen sie mit dem Internet in eine Welt, in der sie sofort alles haben können, was sie sich wünschen. Meine inzwischen erwachsenen Söhne haben mich als Teenager mal gefragt: «Was hast du eigentlich so gemacht, als du 16 ­Jahre alt warst?» Und als ich dann geantwortet habe: «Naja, zur Schule gehen, lesen, Sport und vielleicht alle vier Wochen mal ins Kino», fanden sie diese Vorstellung unsäglich langweilig. Kinder heute können sich gar nicht mehr vorstellen, in einer Welt zu leben, in der sie nicht alles sofort haben können.

Wie können Eltern ihre Kinder dabei unterstützen, in dieser Welt voller ­Reize zurechtzukommen?

Wir müssen die Kinder heute viel mehr führen. Mehr als wir geführt worden sind. Wir müssen den fehlenden Frontalkortex ersetzen. Das ist Erziehung. Nur weil Kinder gut mit dem Computer umgehen können, sind sie nicht früher reif. Wir müssen als Erwachsene die Kinder so unterstützen, dass sie sich in der modernen Welt entfalten können. Durch mehr Werte, mehr Führung und mehr Selbstdisziplin.

Was verstehen Sie denn unter «mehr Führung»?

Wir müssen uns erinnern, dass wir Tiere sind und bestimmte Fähigkeiten erlernen und perfektionieren müssen. Selbstdisziplin muss man trainieren. Heute sind in einer Schulklasse Geräuschpegel normal, wie wir sie früher am Bahnhof hatten. Mir geht es nicht darum, dass Eltern und Lehrpersonen autoritär werden sollen. Aber man muss einen klaren Rahmen bieten. Wir müssen auch den Kindern beibringen, sich zu reduzieren. Sie müssen lernen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Kinder suchen Klarheit und Struktur. Und dass Eltern dabei Unterstützung suchen, sieht man auch daran, dass strenger geführte Privatschulen heute einen enormen Zulauf haben.

Welche Art von Regeln helfen den Kindern? 

Zunächst ist wichtig, dass der Erziehungsstil nachvollziehbar ist. Das Überschreiten der klar kommunizierten Grenzen, zum Beispiel «Du musst um Uhrzeit X zu Hause sein», muss Konsequenzen haben. Das darf nicht ständig aufgeweicht werden. Je jünger die Kinder, desto enger sollte der Erziehungsrahmen sein. Mit zunehmendem Alter kann er dann immer breiter und weiter gesteckt werden. Genauso wichtig sind Ziele für Kinder und Jugendliche. Mit konkreten Anleitungen, wie sie diese erreichen können.

Und wer sein Ziel erreicht, wird belohnt?

Eigentlich geht es eher darum, den Kindern zu zeigen, dass schon das Erreichen des Zieles eine Belohnung an sich ist. Der Psychologe Heinz Heckhausen hat gezeigt, dass Kinder, die selbst gesteckte Ziele erreichen, sich das schönste Gefühl schenken, das sich ein Kind selbst geben kann, nämlich Stolz. Das funktioniert schon bei Vierjährigen, die Klötze zu Türmen stapeln. Wenn wir Kinder anleiten, wie sie ihre selbst gesteckten Ziele erreichen, bauen sie eine Leistungsmotivation auf.

Wie finden Kinder diese eigenen Ziele?

Indem Eltern Angebote machen. Die Kinder sollen sich spielerisch ausprobieren. Zum Beispiel im Musikunterricht, Malunterricht, im Sport.

Das sind alles Ziele, die als kulturell ­wertvoll gelten.

Es hilft, wenn wir die Kinder anleiten, über unsere Kultur nachzudenken. Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Das geht eleganter. Man kann Kinder auch nebenbei mit Literatur versorgen. Und natürlich muss man es vorleben. Wenn Sie selbst lesen, werden Ihre Kinder auch lesen. Wenn die Mutter Germany’s Next Topmodel schaut, während die Tochter Lateinvokabeln pauken soll, wird es schwierig. Die Kinder verinnerlichen die Werte der Eltern. Selbst wenn sie später entscheiden, sich davon abzuwenden, ist der Bezugspunkt immer der Werte­kanon der Eltern. Deshalb sollten wir so leben, dass wir Vorbilder für un­sere Kinder sind. Eltern und Lehrpersonen sind das wichtigste Momentum für Kinder im gesamten Leben.

Aber nicht das einzige. Was, wenn die Kinder sich Ziele in einem Bereich ­setzen, der den Eltern nicht passt?

Das kann ja auch gut sein. Die Eltern von Anne-Sophie Mutter sollen zu Beginn auch nicht begeistert gewesen sein, als sich ihre Tochter der Geige zuwandte. Wenn das Kind des Bankers zum Beispiel Malerin werden möchte, sollte man es fördern und sich entfalten lassen. Und sich daran freuen, dass die Kinder Leistung zeigen und Freude an eigenen Zielen entwickeln. Wenn allerdings die Kinder etwas reizt, was konträr zu den Wertevorstellungen der Eltern ist, müssen die Eltern natürlich eingreifen. Das sind aber eher Extrembeispiele – etwa wenn die Tochter einen IS-Kämpfer heiraten möchte.

Gegen den ambitionierten Gamer ist aus Ihrer Sicht nichts einzuwenden?

Im Game-Bereich muss man hinsehen, ob eine Sucht vorliegt. Wenn Sie bei Ihren Kindern bemerken, dass beim Entzug der Spiele Craving (Anm. der Redaktion: ein heftiges Verlangen) auftritt, dann ist das gefährlich – das ist ein Indikator von Sucht. Wenn mein Kind aber Spiele programmiert oder seine Gaming-Fähigkeit so ausbaut, dass es damit Geld verdient, warum soll ich das dann verbieten? Das ist Erfolg.

Was passiert mit Kindern, die ihren Reizen immer nachgeben?

Sie werden mehr und mehr zum Lustwesen. Das ist schlecht fürs gesamte Leben. Denn der Erfolg im Leben wird davon abhängen, ob man lernt, Gratifikationsverzögerungen auszuhalten. In der Schule lernen wir, um zum Beispiel in drei Wochen eine gute Prüfung zu schreiben. Wir studieren vier ­Jahre, um später einen Universitätsabschluss zu erlangen. Diese Fähigkeit, auf eine Belohnung in der ­Ferne hinzuarbeiten, ist der Grund, warum sich der Mensch so weit entwickelt hat.

Lässt sich die Entwicklung von ­Selbstdisziplin nachholen, wenn sie in der Jugend, also bis zur Ausreifung des Stirnhirns, nicht passiert ist?

Theoretisch lässt sich das Gehirn später noch verändern, man kann vieles korrigieren. Aber Korrekturen sind immer schwierig. Wir lernen mit dem Alter langsamer. Zudem findet ja der Berufseinstieg zwischen 15 und etwa 25 statt. Wenn wir bis dahin nicht gelernt haben, Gratifikationsverzögerungen auszuhalten, werden wir nicht hoch einsteigen können.

Wie können Eltern mit ihren Kindern Selbstkontrolle üben?

Man muss Kinder und Jugendliche schrittweise an die Selbstkontrolle heranführen. Das gilt auch für das Computerspiel. Sie sollen lernen, nur für eine bestimmte Zeit zu spielen. Zu Beginn dieses Prozesses kontrollieren die Eltern die Einhaltung der vereinbarten Zeit – zum Beispiel eine Stunde – und schalten dann gegebenenfalls den Computer ab.  Wenn das funktioniert, sagen sie  «Okay, beim nächsten Mal schaltest du selbst nach einer Stunde ab» – und stellen eine Uhr daneben. Es hilft, Vereinbarungen zu treffen und die Kinder sukzessive heranzuführen, diese selbst einzuhalten. So wird die Fremdkontrolle zur Selbstkontrolle.

Und wenn schon das mit der ­Fremdkontrolle nicht funktioniert, weil sich das Kind weigert, das Game zur Seite zu legen?

Dann hilft es vielleicht, den Ablauf zu ändern. Viele Eltern denken, es ist eine gute Idee, wenn sich das Kind nach der Schule erst einmal mit Games entspannen kann, bevor es an die Hausaufgaben geht. Aber das läuft der Logik des Gehirns und des Lernens entgegen. Es ist viel schwieriger, etwas zu beenden, was so lustgetrieben wie das Gamen ist, um etwas mit einem langfristigen Ziel zu machen als umgekehrt. Besser wäre es, wenn die Kinder lernen, dass auf die Absolvierung einer mühseligen Aufgabe eine entspannende und Lust bringende Tätigkeit folgt. Das nennen wir positive ­Verstärkung – es verstärkt das vor der Belohnung gezeigte Verhalten. Ausserdem ist es wichtig, dass die Kinder erfahren, dass gut erledigte Schulaufgaben erfolgreiche Realisierungen selbst gesetzter Ziele sind. Das fördert die Entwicklung der Leistungsmotivation. Im Schulalltag zeigt sich das dann, wenn man endlich etwas kapiert oder plötzlich der Zweitbeste der Klasse ist.

Was halten Sie von Digital Detox?

Ich finde es wichtig, dass Eltern ihren Kindern zeigen, dass auch Ruhe interessant ist. Ich bin ein grosser Fan von digitaler Technik. Aber man muss lernen, damit umzugehen. Und dazu gehören auch klar definierte Zeiten ohne Medien. Aber natürlich ist genauso wichtig, dass wir schauen, was die Kinder im Internet eigentlich machen, und ihnen beibringen, mit all den Informationen umzugehen.

Was hilft dabei?

Gerade zu Beginn finde ich technische Hilfsmittel gut. Dass man zum Beispiel nur kinderfreundliche Suchmaschinen verwendet. Und so hart es klingt: Man sollte kontrollieren, was die Kinder im Internet tun. Ich finde es nicht gut, dass Eltern zum Beispiel ihr 13-jähriges Mädchen auf Instagram alles machen lassen. Und nicht wissen, mit wem es in Chats kommuniziert. Eltern müssen ihre Kinder begleiten. ­Meine Eltern hatten es viel leichter als die Eltern heutzutage: Ich habe praktisch nur gelesen, was sie mir gegeben haben. Heute haben die Kinder Zugriff auf alles. Also müssen wir noch viel mehr darüber miteinander reden, was sie im Internet so alles treiben. Die direkte Kommunikation wird immer wichtiger.

Woher sollen Eltern die Zeit für diese enorme Aufgabe nehmen?

Kinder zu haben, ist eine echte Herausforderung. Vielleicht anspruchsvoller als je zuvor. Natürlich haben wir aber auch weniger Kinder pro Familie als früher. Und wir können damit mehr Zeit in ihre Aufzucht und Pflege investieren. Diese Verantwortung müssen wir aber wahrnehmen. Es macht ja auch Spass.

Ja, bitte, sagen Sie noch etwas ­Positives! 

Stellen Sie sich nur mal vor, wie langweilig das Leben ohne Kinder wäre. Zu sehen, wie junge Menschen heranwachsen, und mit ihnen mitzufühlen, ist anstrengend. Aber das ist Leben. Kinder geben Lebenssinn.

Hat nicht auch die digitale Welt einen positiven Effekt? Lernen wir neue Fähigkeiten?

Das kann ich noch nicht abschliessend beantworten. Wir haben natürlich einen leichteren Zugang zu ­Wissen. Wenn wir das Richtige finden. Wir können Kultur im Internet geniessen und mit der ganzen Welt kommunizieren. Leider nutzt es nicht jeder gewinnbringend. Es sind die zwei Seiten einer Medaille.

Lernen wir digital anders?

Der grosse Unterschied ist, dass uns beim digitalen Lernen kein Mensch direkt gegenübersitzt. Die Evolution hat uns zu sozialen Wesen geformt. Deshalb ist für das Lernen, insbesondere in der Kindheit und Jugend, der echte Mensch und Lehrer ein wichtiger Katalysator. Je jünger die Kinder, desto eher lernen sie auch für den Lehrer. ­Unsere Spiegelneuronen sorgen dafür, dass wir imitieren – aber nur bei echten Menschen. Belegt ist zum Beispiel, dass Kinder Sprachen deutlich schneller von einem echten Lehrer als von einem Lehrer lernen, der nur auf dem Bildschirm erscheint.

Und noch besser lernt er, wenn er von Hand schreibt?

Unbedingt. Wenn Sie zum Beispiel mit der rechten Hand schreiben, wird diese vom linksseitigen Motorkortex kontrolliert. Der steht in enger Nachbarschaft zu den Spracharealen auf der linken Hirnhemisphäre. Das bedeutet, die Kommunikation zwischen diesen beiden Zentren erfordert kurze Wege und ist deshalb sehr effizient. Wenn sie hingegen mit beiden Händen auf einer Tastatur tippen, müssen die motorischen und kognitiven Sig­nale immer zwischen den Hirnhälften hin und her transportiert werden. Dieser Austausch ist langsam und fehleranfällig. Zudem tippen wir schneller als wir schreiben. Von Hand schreiben ist eine Entschleunigung, die dazu führt, dass wir jedes Wort länger präsent haben. Ausserdem sehe ich, wie sich die Buchstaben entfalten, und höre das Kratzen auf dem Papier. Wir koppeln also viele Informationen miteinander und haben mehr Zeit, um diese dem Langzeitgedächtnis zuzuführen, als beim Tippen. Wir merken uns Informationen besser, die wir von Hand schreiben.

Bianca Fritz
Bianca Fritz ist freie Autorin und berät Selbständige und kleine Unternehmen in ihrem Social Media Marketing. Ein Gebiet, das besonders viel Selbstdisziplin und Achtsamkeit braucht.

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