Wie schlimm ist das Pfeiffersche Drüsenfieber für Teenager? -
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Wie schlimm ist das Pfeiffersche Drüsenfieber für Teenager?

Lesedauer: 5 Minuten

Die Viruserkrankung ist weit verbreitet und tritt vor allem bei Kleinkindern und Teenagern auf. Was Küssen bei der Übertragung für eine Rolle spielt und worauf bei der Behandlung zu achten ist.

Text: Anja Lang
Bild: Adobe Stock

Marius ist genervt. Eigentlich fühlt sich der 13-Jährige rund eine Woche nach einer durchgemachten Infektion mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber schon wieder relativ fit. Trotzdem darf der Siebtklässler noch mindestens zwei Wochen lang weder zum Fussballtraining noch zum Karate. Nicht mal mit dem Skateboard zur Schule fahren hat der Arzt erlaubt. Grund dafür ist eine starke Milzvergrösserung, die relativ typisch ist für die Erkrankung.

Das Pfeiffersche Drüsenfieber, fachsprachlich auch infektiöse Mononukleose genannt, wird durch die Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) hervorgerufen, das vor allem das Lymphsystem befällt. Das EBV gehört zur Gruppe der Herpesviren und ist äusserst ansteckend. Dazu trägt auch die lange Inkubationszeit – also die Spanne zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit – bei, die 10 bis 50 Tage dauern kann. In dieser Phase können Betroffene das Virus unbewusst weitergeben.

Die Ansteckung erfolgt in erster Linie über den direkten Kontakt mit Speichel, meist durch Küssen.

Julia Bielicki, Infektiologin

In Europa hat so nahezu jeder bis zum 30. Lebensjahr eine Infektion mit dem EBV durchgemacht. «Die Ansteckung erfolgt in erster Linie über den direkten Kontakt mit Speichel, meist durch Küssen oder anderen engen Kontakt, kann aber auch durch Husten und Niesen erfolgen», weiss Julia Bielicki, leitende Ärztin der Abteilung Pädiatrie und Infektiologie am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB). «Das Pfeiffersche Drüsenfieber wird deshalb im englischsprachigen Raum auch ‹kissing disease› oder hierzulande ‹Kusskrankheit› genannt.»

Ein Grossteil der Patienten steckt sich bereits im Kleinkindalter beim engen Spielen mit anderen Kindern oder bei den Eltern an. Der zweite Erkrankungsgipfel liegt in der Pubertät, wenn die Jugendlichen erste sexuelle Kontakte suchen und «kussaktiver» werden. Der Verlauf der Erkrankung ist bei kleinen Kindern in der Regel sehr mild bis symptomfrei und wird daher oft übersehen. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen können sich dagegen deutliche Symptome zeigen. «Typisch sind hohes Fieber, Hals- und Rachenentzündungen mit Schluckbeschwerden und weissen Belägen sowie teilweise stark geschwollene Lymphknoten am Hals und eine ausgeprägte Abgeschlagenheit», berichtet Julia Bielicki.

«Viele Eltern denken bei diesen Symptomen erst mal an eine Grippe oder an eine bakterielle Halsentzündung.» Anders als bei Grippe oder Angina sind für das Pfeiffersche Drüsenfieber aber die oft ganz auffällig vergrösserten Hals-Lymphknoten typisch. «Die Medizin spricht dabei ganz anschaulich vom ‹Cäsarenhals›», betont die Kinderärztin. «Parallel dazu schwellen bei etwa jedem zweiten Patienten mit Pfeifferschem Drüsenfieber auch die inneren Lymphorgane an, vor allem die Milz und bei etwa zehn Prozent auch die Leber.»

Eine Milzschwellung kann in der akuten Krankheitsphase, aber manchmal auch erst im Anschluss daran auftreten und über mehrere Wochen anhalten. «In den meisten Fällen ist die Milz aber nur leicht vergrössert, was ein Arzt gut ertasten kann und in der Regel unproblematisch ist», betont Bielicki. «Allerdings kann es auch vorkommen, dass die Milz sehr stark anschwillt, sodass das Organ aus seiner natürlichen Lage unter dem linken Rippenbogen hervortritt.» Es ist dann vor mechanischen Einwirkungen nicht mehr optimal geschützt.

Bei einem Sturz, Schlag oder auch Stoss in die Milzgegend, wie das beim Herumtollen sowie bei Ball- oder Kontaktsportarten leicht vorkommen kann, besteht dann die seltene, aber akute Gefahr eines Milzrisses. Das kann lebensbedrohlich sein. «In diesen Fällen empfiehlt der Arzt dann eine länger andauernde körperliche Schonung und stellt in der Regel eine Sportdispens über zwei bis vier Wochen aus», erklärt die Infektiologin.

Praktische Hilfe aus der Natur

Die Behandlung des Pfeifferschen Drüsenfiebers besteht in erster Linie darin, die unangenehmen Symptome zu lindern, denn eine Impfung oder andere ursächliche Behandlung der infektiösen Mononukleose gibt es bis heute nicht. «Ich empfehle betroffenen Kindern und Jugendlichen in der akuten Phase viel Ruhe, bei Bedarf die Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen, viel Flüssigkeit in Form von Wasser und Tee sowie auf saure Speisen und Getränke mit Kohlensäure zu verzichten», so die Fachärztin.

Es ist wichtig, dem Körper nach der Erstinfektion ausreichend Zeit für die Genesung zu geben.

Heide-Dore Bertschi-Stahl, Naturheilpraktikerin

Ergänzend dazu können auch Therapiemöglichkeiten aus der Naturheilkunde helfen. «Wir behandeln unsere Patienten immer ganz individuell entsprechend ihrem Konstitutionstyp», erklärt Heide-Dore Bertschi-Stahl, eidgenössisch diplomierte Heilpraktikerin TEN, Leiterin und Dozentin der Akademie QuintaMed für ganzheitliche Medizin in Gais AR.

«Schwierige Verläufe beim Pfeifferschen Drüsenfieber beobachten wir vor allem bei Kindern und Jugendlichen vom lymphatisch-phlegmatischen Konstitutionstyp.» Diesen Konstitutionstyp erkennt man laut Bertschi-Stahl an einer sehr hellen, oft leicht rötlich durchschimmernden Haut, hellen Haaren und blauen Augen. «Diese Kinder und Jugendlichen haben einen Stoffwechsel, der auf eine Erstinfektion mit dem Epstein-Barr-Virus oft mit besonders heftigen Symptomen reagiert. Sie erholen sich nur langsam von der Erkrankung», weiss Bertschi-Stahl. «Eine Erkrankungsdauer von drei Monaten und länger mit starkem Müdigkeitsgefühl und immer wieder neu aufflammenden Symptomen ist hier keine Seltenheit.»

Hilfreiche Hausmittel bei Pfeifferschem Drüsenfieber

Zitronenwickel wirken entzündungshemmend und abschwellend bei Halsbeschwerden.

Vorbereitung:

  • Ein Baumwollküchentuch längs dritteln.
  • Ein Haushaltspapier in gleicher Grösse darüberlegen.
  • Eine Bio-Zitrone waschen, in dünne Scheiben schneiden und darauf verteilen.
  • Zweite Schicht Haushaltspapier darüberlegen.
  • Den Wickel mit Wallholz flachpressen.

Anwendung:

  • Hals mit etwas Massageöl leicht einölen.
  • Bett mit stützendem Kopfkissen und Frotteetuch vorbereiten.
  • Zitronenwickel so auf das vorbereitete Kopfkissen legen, dass man sich mit dem Nacken darauflegen kann und die Zitronenscheiben am seitlichen Hals liegen.
  • Die Enden des Wickels leicht vorne um den Hals legen.
  • Wickel etwa 15 bis 30 Minuten einwirken lassen.

Die Kamillen-Rollkur wirkt entzündungshemmend und entkrampfend bei Magenbeschwerden.

Vorbereitung:

  • Einen Esslöffel hochwertige Kamillenblüten mit 500 ml kochendem Wasser übergiessen und zugedeckt 10 Minuten ziehen lassen. Eventuell mit Honig süssen.
  • Den Aufguss durch ein Sieb in eine Thermoskanne abseihen und dann alle 15 Minuten – noch möglichst heiss – eine Tasse Kamillentee trinken.

Anwendung:

  • Jetzt für 15 Minuten auf die rechte Seite liegen.
  • Dann herumrollen und 15 Minuten auf dem Bauch liegen.
  • Weiter auf die linke Seite rollen und dort 15 Minuten liegen bleiben.
  • Zum Schluss für 15 Minuten auf dem Rücken liegen.

Zur Behandlung empfiehlt Bertschi-Stahl unter anderem verschiedene Heilkräuter, wie Holunderblüten- oder auch Lindenblütentee, um das Fieber zu senken. Gegen die starken Halsschmerzen schwört die erfahrene Heilpraktikerin auf Zitronenwickel. «Weil fast immer auch die Bauchlymphe betroffen ist, rate ich dazu, warme Bauchwickel mit Olivenöl zu machen oder eine Wärmflasche zu geben. Auch die Füsse sollten warm gehalten werden», betont Bertschi-Stahl. «Sehr hilfreich ist auch eine Kamillen-Rollkur.»

Mehrmalige Erkrankung ist möglich

Um die Selbstheilung des Körpers zu unterstützen, sollte ausserdem die Ernährung umgestellt werden. Förderlich sei vor allem eine reinigende, kaliumreiche Kost, wie etwa warme Gemüsesuppen aus Kartoffeln, Kürbis, Karotten, Brokkoli oder Ähnlichem, sowie kleine Mengen an Trockenobst, Cashewkerne oder auch biologische Nussaufstriche. Von Milch, Joghurt, Bananen und vor allem Zucker rät Bertschi- Stahl dagegen ab, da sie den Körper nach ihrem Verständnis eher verschleimen.

Leider lässt sich das Pfeiffersche Drüsenfieber nicht im klassischen Sinne heilen. Denn das Epstein-Barr-Virus verbleibt, wie viele andere Herpesviren auch, nach einer Erstinfektion – egal ob mit oder ohne Symptome – in einer Art Ruhezustand lebenslang im Körper. «Das bedeutet auch, dass es unter Umständen reaktiviert werden kann», erklärt die Heilpraktikerin. «Deshalb ist es wichtig, dem Körper nach der Erstinfektion ausreichend Zeit für eine nachhaltige Genesung zu geben, um das Risiko einer späteren Reaktivierung auf ein Minimum zu senken.

Das Wichtigste in Kürze
  • Das Pfeiffersche Drüsenfieber ist eine weit verbreitete Viruserkrankung, die vom Epstein-Barr-Virus ausgelöst wird.
  • Die Ansteckung entsteht in der Regel durch direkten oder indirekten Speichelkontakt.
  • Die Symptome einer Erstinfektion im Teenageralter sind deutlich stärker als im Kleinkindalter.
  • Typisch sind hohes Fieber, Halsschmerzen, auffällig geschwollene Hals-Lymphknoten und starke Abgeschlagenheit.
  • Im Unterschied zu Grippe und Halsentzündung kommt es bei etwa jedem zweiten Patienten zu einer Milzschwellung.
  • Wichtig ist, sich ausreichend Zeit für die Genesung zu lassen, damit die Erkrankung nachhaltig ausheilen kann.

Anja Lang
Anja Lang ist langjährige Medizinjournalistin. Sie ist Mutter von drei Kindern und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.

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