Wenn der Sohnemann wieder Zuhause einzieht
He’s back! Der Sohn unserer Bloggerin Irma Aregger ist soeben wieder eingetroffen im Hotel Mama.
Vier Jahre lang waren beide Kinder im Internat. Nach kurzzeitiger Leere, in die ich in den ersten Wochen eingetaucht bin, dem sogenannten Empty-Nest-Syndrom, haben mein Mann und ich unser teilzeitkinderloses Leben gut aufgefüllt. Und gönnen uns unter der Woche abendliche Ausgänge, von denen wir gar nicht mehr wussten, dass es sie überhaupt gibt. Nun aber hat der Sohnemann das Abitur geschafft und ist mit Sack und Pack wieder daheim eingezogen. So hat unser elterliches Lotterleben ein jähes Ende genommen.
Natürlich haben wir gewusst, dass sich unsere Kinder nicht einfach auflösen, wenn sie ihre Schule in einem Internat absolvieren. An Wochenenden, in den Ferien und auch zwischendurch waren wir mit allerlei Rat und Tat immer für sie da. Nur gab es da zwischendurch diese Zeitfenster, an denen wir Eltern tatsächlich machen konnten, was wir wollten. Ohne jemanden darüber zu informieren, dass wir einfach eine Nacht auswärts bleiben oder dass wir heute kein Znacht auf den Tisch stellen wollten, weil wir ins Kino gingen.
Wir hatten unser Leben wieder, so als Paar, das Badezimmer gehörte nur uns, vor der Haustüre standen bloss zwei Paar Schuhe und die erst noch geordnet. Wie es anfänglich, als unser Nachwuchs frisch von zu Hause weg war, uns fast das Herz zersprengt hat, so hat selbiges später Purzelbäume geschlagen ob der frischgewonnen Freiheit.
Seit diesem Sommer ist der Sohnemann nun wieder zurückgekehrt. Den Abschluss in der Tasche mit zusätzlich ganz viel Internatsgerümpel, der sich über die Jahre angehäuft hat. Er strahlt uns an: «Ich ziehe wieder bei euch ein!» Denn nach all der harten geistigen Arbeit und dem vielen emotionalen Stress muss ein chilliges Zwischenjahr eingelegt werden. Ausruhen, auftanken, herausfinden, wohin das Leben einen führen wird. Aha.
Kost und Logis frei im Hotel Mama
Das Hotel Mama haben wir selbstverständlich gerne wieder geöffnet: Wir haben die Frühstücks- und anderen Essenszeiten ausgedehnt, die Badetücher vom Boden aufgehoben (jedoch der Umwelt zuliebe bloss bei Bedarf gewechselt), die weissen Socken und T-Shirts von den Hawaii-Hemden getrennt gewaschen.
Seine Primarschulfreunde schlurfen inzwischen als Zweimetermänner durch unseren Flur – hatten sie mir nicht erst kürzlich bis knapp unter die Achseln gereicht? Die Musik wummert bis tief in die Nacht und die Kühlschranktür geht im Takt auf und zu. Küchendämpfe dringen unter der Tür hervor, unabhängig, wie dunkel es draussen ist.
Überhaupt ist die olfaktorische Wahrnehmung zwischen Eltern und Kind nicht auf derselben Nasenlänge.
Und auf einen Schlag ist die elterliche Freiheit wieder eingeschränkt. Klar wolle er nicht für immer bei uns wohnen, sagt der Junge, doch im Moment spare er auf eine kleine Reise, da wäre ein Leben ausserhalb des Familiennests natürlich sinnfrei. Logo. Und nach dem Rucksacktrip dann vielleicht nochmals ein paar Monate bei uns chillen, wäre schon recht cool. Aber nur, wenn er nicht gestört würde. In seinem Leben. Sonst könne er es glaubs nicht mehr bei uns aushalten. Aha.
Neue Hausregeln im Hotel Mama
So residieren wir nun seit ein paar Monaten wieder Tür an Tür, wir mit seinen Angewohnheiten und er mit unseren. Das Hotel Mama hat inzwischen ein paar Hausregeln an der Reception hängen: Wäsche in die Waschküche tragen, sortieren und eigenhändig in die Maschine füllen. Küche so verlassen, wie man sie vorgefunden hat. Trifft auch auf das Badezimmer zu.
Tischkollegen, wenn zu offiziellen Zeiten, werden angemeldet. Sonderwünsche im Kühlschrank sind individuell zu erfüllen. Leergut läuft nicht alleine zu den Glascontainern: Wer trinken kann, kann auch entsorgen. Und geraucht wird nicht im Haus, gopf!
Überhaupt ist die olfaktorische Wahrnehmung ganz allgemein zwischen Eltern und Kind nicht auf derselben Nasenlänge, sozusagen. Was mittlerweile das Raumklima durchaus erhitzen kann. Und den Sohnemann schon mal zum Verduften bringt; dieser vorher aber noch schnell: «Ach Mama, du freust dich ja gar nicht, dass ich wieder daheim bin!» in die Runde wirft.
Wieder zurück auf Feld 1?
Unser Leben hat sich also wieder ein wenig an das Leben des Nachwuchses angepasst. Wenn der Bub mittags um ein Uhr aus dem Zimmer kriecht und ratlos vor dem offenen Kühlschrank nach der Butter sucht, eile ich zur Stelle und navigiere für ihn. Wenn er mit der einen Hand das Essen in sich hineinschaufelt und mit der anderen über sein Handy wischt, erinnere ich ihn an unseren Deal von früher: beim Essen kein Smartphone am Tisch – sonst kommt es weg! Ha ha, funktioniert voll. Nicht.
Bald ist er auf Reisen. Wir freuen uns für ihn. Und unter uns gesagt, auch ein wenig für uns. Dann haben wir wieder drei Monate Teilzeiteltern-Programm. Wenn er zurückkommt, will er ein Praktikum in der Nähe absolvieren. Und dann entgegen früheren Absichten vielleicht doch in der Schweiz studieren, meint er. Im Moment seis ja recht chillig, wies grad ist. Danke, sage ich. Vielleicht ists ja als Kompliment gedacht.
Etwas Aufmunterung könnten wir gerade gut gebrauchen, denn: Remo Largo hat uns im Film «Wir Eltern» erklärt, dass die Kinder früher mit 20 Jahren von daheim ausgezogen sind. Heutzugtage dürfe man aber locker 15 Jahre dazuzählen. Unser Junge wird bald 21. Das Hotel Mama kann also durchaus noch einige Saisons geöffnet sein.