So klappt der Austausch mit der Schule
Wie lassen sich Konflikte zwischen Eltern und Schule vermeiden oder lösen? Und welchen Beitrag können Eltern dazu leisten, dass ihre Kinder die Schulzeit positiv erleben? Teil 7 unserer Serie «Wie Familie gelingt».
Die Eltern sind grundsätzlich in allen Lebensbereichen ihres Kindes die Entscheidungsträger. Bei der Zuteilung in eine öffentliche Schule, bei der Wahl der Lerninhalte und der Lehrmethoden aber bleiben sie aussen vor. Der Staat übernimmt in grossen Teilen die organisatorische, finanzielle und inhaltliche Verantwortung für eine möglichst chancengleiche Ausbildung der Kinder.
Die Pflicht der Eltern ist es, ihren Kindern diese Bildung zu ermöglichen und durch ihre Unterstützung dem Kind zu helfen, sich im Schulsystem zurechtzufinden. Damit das Kind das Schulleben als positiv erleben kann, dürfen und müssen die Eltern dabei eine aktive Rolle einnehmen. Zugleich bestimmt der Schulrhythmus die Erholungszeiten in der Familie, sei dies durch die morgendlichen Aufstehzeiten oder durch die vorgegebenen Schulferien.
Die Kooperation zwischen Eltern und Schule wird begünstigt, wenn beide Seiten transparent sein dürfen.
Sind Kinder organisatorisch oder im Lernen überfordert, unterstützen die Eltern sie entweder selber oder unter Zuhilfenahme von Dritten. Meistens werden diese Veränderungen, die spätestens mit dem Schuleintritt des ältesten Kindes den Alltag der Familien für lange Jahre prägen, gut akzeptiert und mitgetragen. Allerdings können punktuell Konflikte entstehen, weil beispielsweise Lerninhalte vermittelt werden, die dem elterlichen Weltbild diametral entgegenstehen. Oder Eltern können Lehrmittel als ungeeignet, schwierig und hinderlich für den Lernerfolg ihres Kindes erfahren. Oder Lehrpersonen werden als zu streng oder zu lasch für eine erfolgreiche Schulkarriere des Kindes empfunden.
Erwartungen, Möglichkeiten und Grenzen
Durch die vielfältigen Überkreuzungen von Familienleben und Schule können Konflikte entstehen. Um diese im Interesse des Kindes nicht eskalieren zu lassen, helfen gewisse Rahmenbedingungen, eine Vertrauensgrundlage zu bilden. So ist es für eine konstruktive Zusammenarbeit insbesondere wichtig, dass ein Austausch möglich ist, an dem beide Parteien offen und transparent über Erwartungen, Möglichkeiten und Grenzen der Unterstützung für das Kind sprechen können.
Die Kooperation zwischen Eltern und Schule wird begünstigt, wenn beide Seiten transparent sein dürfen, wenn die Zuständigkeiten klar sind und respektiert werden und wenn genügend Gesprächs- und Begegnungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Damit alle Eltern die Möglichkeit haben, wichtige Informationen rund um den Schulalltag zu erhalten und zu wissen, was auf das Kind – und damit auch auf die Eltern – zukommt, stehen Schulen und ihren Lehrpersonen diverse Möglichkeiten offen. Vonseiten der Schule dienen dazu etwa Informationsanlässe, Willkommensgespräche, falls notwendig mit Dolmetscherdienst, aber auch eine Website, auf der die wichtigsten Informationen jederzeit erhältlich sind. Besuchstage in der Schule, Schulfeiern und Aufführungen sind wertvolle Aktivitäten, die den Eltern Einblick in das Schulleben geben und das Vertrauen und Wohlwollen gegenüber der Schule stärken können.
Angebote der Schule wahrnehmen
Weiter kann ein besseres Verständnis für die gelebte Schulkultur respektive eine gegenseitige Annäherung von Eltern und Schulleitung durch institutionalisierte Formen der Elternbeteiligung erreicht werden: etwa einen Elternrat, Elternforen oder Elterncafés. Die Lehrperson ihrerseits informiert regelmässig an Elternabenden über genutzte Lehrmittel, die vorgesehene «Hausaufgabenkultur» oder anstehende Schulprojekte. Sie stellt den Eltern verschiedene Kommunikationswege zur niederschwelligen Kontaktnahme zur Verfügung und reagiert möglichst unverzüglich auf elterliche Meldungen.
Wichtige Veränderungen im Familienalltag sollten Eltern den Lehrpersonen mitteilen.
Die Verpflichtung und Verantwortung auf der Seite der Eltern ist im Gegenzug, dass sie die schulischen Angebote zur Begegnung und zur Information annehmen und nutzen. Elterngespräche, Elternabende oder Informationsanlässe ermöglichen über den Informationsaustausch hinaus auch die Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen. Wichtige Neuigkeiten oder Veränderungen im Leben des Kindes sollten Eltern der Lehrperson mitteilen, denn diese Ereignisse können das Verhalten und die Stimmung des Kindes beeinflussen.
Die Rolle des anderen respektieren
Die Lehrperson des Kindes möchte etwa über Probleme bei Hausaufgaben, Unwohlsein des Kindes in der Schule, belastende familiäre Situationen oder Veränderungen in der erzieherischen Betreuung informiert sein. Damit eine wertschätzende Zusammenarbeit gelingt, hilft es, wenn die verschiedenen Beteiligten – Eltern, Lehrpersonen und Schulleitung – die Rolle des anderen respektieren.
So sind Eltern, was das Kind betrifft, grundsätzlich die Entscheidungsträger und sie erziehen es entsprechend ihren eigenen Werten und Verhältnissen. Diese stimmen nicht immer mit denjenigen der Lehrperson überein. So liegt die Entscheidung, wie mit einer gesundheitlichen Einschränkung des Kindes umgegangen wird – ob mit Medikamenten, Therapie oder mit alternativen Mitteln –, in der Kompetenz der Eltern und, je nach dessen Alter, in derjenigen des Kindes. Die Lehrperson sollte diese Entscheidung respektieren und ihre Unterstützung anbieten.
Hingegen sind Lehrpersonen und die Schulleitung zuständig für die Gestaltung des Unterrichts, das Lernen sowie die Förderung überfachlicher Kompetenzen. Die Eltern haben in diesem Bereich kein direktes Mitspracherecht. Gegenseitiges Respektieren dieser Rollen ist wichtig, um in Konflikten eine Lösung im Sinne des Kindes zu finden. Für Kinder und Jugendliche hat es eine besondere Wirkkraft, wenn Eltern und Schule sich gemeinsam um ihr Wohlergehen und ihren Lernerfolg kümmern. In schwierigen Konstellationen kann ein «runder Tisch» mit allen beteiligten Fachpersonen und Familienmitgliedern helfen, eine gemeinsam getragene Lösung zu finden.
Fronten entschärfen
Ein häufiger Konfliktpunkt sind Leistungsbewertungen von Kindern und damit einhergehende Laufbahnentscheidungen, wie etwa die Zuteilung des Niveaus auf der Oberstufe. In welcher Form und in welchem Mass Eltern und Kinder an diesen Entscheidungen beteiligt werden und welche Verantwortlichkeiten der Schulleitung und den Lehrpersonen obliegen, wird jeweils kantonal geregelt.
Wichtig ist auch hierfür eine gute Zusammenarbeit. Sowohl Eltern als auch das Kind sollen vorgängig so über das anstehende schulische Verfahren informiert werden, dass sie die Folgen von Entscheidungen kennen und verstehen.
Jede Entscheidung der Schule oder der Behörde muss grundsätzlich begründet werden.
Eltern und Kind zu konkret im Raum stehenden Fragen anzuhören und ihre Äusserungen bei der Entscheidungsfindung einzubeziehen, ist nicht nur deren Recht, es kann auch Fronten entschärfen. Da sich die Interessen des Kindes nicht mit der Meinung der Eltern decken müssen, sollte auch die Möglichkeit wahrgenommen werden, das Kind – ausserhalb des Unterrichts – anzuhören. Jeder Entscheid der Schule oder der Behörde muss grundsätzlich begründet werden. Kann die Familie den Entscheid nicht mittragen, stehen ihr Beschwerdemöglichkeiten zur Verfügung.
Eltern haben zudem Akteneinsichtsrecht, was bedeutet, dass über die Gespräche Protokolle verfasst werden müssen. Privatleben und öffentliches Interesse überschneiden sich im Schullalltag in hohem Mass. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass das Kind im Mittelpunkt der Überlegungen stehen muss.
Tragfähige Lösungen können nur unter Berücksichtigung der konkreten sozialen, emotionalen und kognitiven Bedürfnisse des Kindes gefunden werden. In schwierigen Situationen kann eine neutrale, schulexterne Fachperson helfen, eine auf das Kindeswohl zentrierte Lösung zu finden.