Medienkompetenz: Das kritische Denken als Kompass
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Das kritische Denken als Kompass

Lesedauer: 3 Minuten

Damit Kinder und Jugendliche in der digitalisierten Welt zwischen Täuschung und Wahrheit unterscheiden können, müssen Schule und Eltern sie auf ihrem Weg zur Medienkompetenz begleiten.

Text: Beat A. Schwendimann
Bild: Pexels

Kinder und Jugendliche leben heute in einer hybriden Welt, in der analoge und digitale Elemente kaum mehr zu trennen sind. Doch so sehr die digitale Welt Chancen bietet, so sehr bestehen auch Gefahren für die jungen Menschen. In der scheinbar grenzenlosen virtuellen Welt sehen sie sich einer Flut von Informationen gegenüber. Doch bei Weitem nicht alles ist wahr und glaubwürdig.

Influencerinnen und Influencer verbreiten häufig verzerrte Botschaften im Auftrag ihrer Werbepartner. Künstliche Intelligenz kann täuschend echt wirkende Texte, Bilder und Videos generieren, sodass kaum mehr zu unterscheiden ist, was wahr ist und was erfunden. In den sozialen Medien sind Social Bots und Internet-Trolle gezielt mit Falschinformationen unterwegs. Die Algorithmen der grossen Plattformen filtern zudem, was wir zu sehen bekommen. Sie schaffen Filterblasen, die die Sicht auf die Welt verzerren.

Das alles kann dazu führen, dass das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen in verlässliche Informationen verloren geht. Das wiederum hat grundlegende Auswirkungen auf Lernprozesse in der Schule, das Konsumverhalten, das Gesundheitsverhalten sowie die politische Meinungsbildung.

Umso wichtiger ist es, dass wir die Schülerinnen und Schüler frühzeitig auf dem Weg zur Medienmündigkeit begleiten. Denn nur wer gelernt hat, Quellen und Informationen kritisch zu hinterfragen, kann zwischen glaubwürdigen Fakten und interessengeleiteter Fiktion unterscheiden. Die Fähigkeit zum kritischen Denken ist eine Schlüsselkompetenz für das Leben der Kinder in der digitalen Welt. Als Lehrpersonen bemühen wir uns, diese Kompetenz in der Schule zu vermitteln. Doch wir sind auf Ihre Unterstützung als Eltern angewiesen.

Geht es um Medienkompetenz, ist blindes Vertrauen fehl am Platz

Filterblasen, Falschinformationen, KI-Manipulationen – wie also finden wir in diesem Dickicht zwischen Fakten, Fiktion und Fälschungen den Weg zu verlässlichem Wissen? Der Schlüssel zur Orientierung in der digitalen Welt ist das kritische Hinterfragen von Inhalten und Quellen. Anstatt Informationen blind zu vertrauen, müssen wir lernen, ihnen mit Skepsis, technischem Hintergrundwissen und gesundem Menschenverstand zu begegnen. Beim Recherchieren im Internet ist es wichtig, die Herkunft von Informationen zu prüfen und mögliche Interessenskonflikte zu erkennen. Wer steht hinter den Aussagen – Expertinnen oder Laien, Wissenschaftler, Journalistinnen, kommerzielle Anbieter oder Lobbyistinnen?

Kritisches Hinterfragen und Analysefähigkeit sind in der digitalen Öffentlichkeit unverzichtbar, um zwischen Authentizität und Manipulation zu unterscheiden. So wappnen wir uns gegen Täuschungen und Betrug – und schaffen die Basis für ein Mindestmass an Vertrauen in Informationen.

Vermitteln Sie Ihrem Kind: Nicht alles im Netz ist wahr! Gesunder Menschenverstand ist wichtig.

Diese Kompetenzen zum kritischen Umgang mit Medien können wir in jedem Alter schulen und stärken. Schon Kindern lässt sich vermitteln, nicht alles im Netz für bare Münze zu nehmen. In der Schule werden dazu wichtige Medienkompetenzen vermittelt. Auch Erwachsene können ihre Fähigkeiten zum kritischen Denken kontinuierlich ausbauen – durch Weiterbildungen oder auch einfach, indem man sich angewöhnt, Informationen im Alltag stärker zu hinterfragen.

Bei der Vermittlung von Medienkompetenz und kritischem Denken tragen sowohl Eltern als auch die Schule Verantwortung. Wir müssen unseren Kindern das Rüstzeug geben, damit sie Fakten von Fiktion unterscheiden können. Nur so sind sie für die Herausforderungen des digitalen Zeitalters gewappnet und können Desinformationen die Stirn bieten.

Hier sind fünf konkrete Empfehlungen, was Sie als Eltern unternehmen können:

  1. Aktiver Dialog: Sprechen Sie mit Ihrem Kind über die digitale Welt, in der es sich bewegt. Führen Sie Gespräche über Algorithmen, Influencer und die Macht der Medien. Stellen Sie interessierte ­Fragen.
  2. Kritisches Denken fördern: Helfen Sie Ihrem Kind, kritisches Denken zu entwickeln. Ermutigen Sie es dazu, Fragen zu stellen, Quellen zu überprüfen und verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen, bevor es sich eine Meinung bildet.
  3. Gemeinsam Medien nutzen: Schauen Sie sich gemeinsam Inhalte an, diskutieren Sie sie und teilen Sie Ihre eigenen Überlegungen. Dies fördert das gegenseitige Verständnis und stärkt die Medienkompetenzen.
  4. Technologie bewusst nutzen: Lehren Sie Ihrem Kind, wie es Technologie bewusst und verantwortungsbewusst nutzen kann. Dies umfasst den Umgang mit persönlichen Daten, die Erkennung von Fehlinformationen und den Schutz vor potenziellen Gefahren.
  5. Vorbild sein: Seien Sie ein Vorbild, indem Sie selbst Medienkompetenz demonstrieren. Zeigen Sie, wie Sie Informationen überprüfen, kritisch denken und sich vor Täuschungen schützen. Vermitteln Sie Ihrem Kind: Nicht alles im Netz ist wahr! Gesunder Menschenverstand ist wichtig.

Bereit sein für die Zukunft

Letztendlich tragen wir alle Verantwortung dafür, kritischer mit Medien umzugehen und unsere Fähigkeiten für das digitale Zeitalter zu schärfen. Nur eine Gesellschaft mündiger Menschen ist resilient gegen Manipulation und Desinformation.

Medienbildung und kritisches Denken sind Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe und demokratisches Engagement in Zeiten von Social Media und künstlicher Intelligenz. Wenn Elternhaus und Schule an einem Strang ziehen, können wir der jungen Generation Orientierung geben und sie bestmöglich auf die Herausforderungen der digitalen Welt vorbereiten.

Beat A. Schwendimann
ist leitendes Mitglied der Geschäftsleitung LCH und Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle LCH. Der Erziehungswissenschaftler ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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