Der Einfluss von Social Media auf Essstörungen
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Der Einfluss von Social Media auf Essstörungen

Lesedauer: 2 Minuten

Kinder kommen früh mit Smartphones und sozialen Medien in Kontakt. Eine altersgerechte Begleitung durch die Eltern unterstützt sie dabei, medienkompetent zu werden.

Text: Christine Amrhein
Bild: Adobe Stock

Fast jeder Jugendliche hat heute ein Smartphone und sehr viele nutzen Social Media. «Mädchen folgen oftmals sehr schlanken Models oder Fitness-Influencerinnen», sagt die Kinder- und Jugendpsychiaterin Dagmar Pauli. «Diese verbreiten häufig Tipps, wie man sich durch Ernährung und Bewegung schlank halten kann, und posten Fotos, auf denen sie untergewichtig sind.» Buben orientieren sich oft an Vorbildern, die Wert auf Muskeln und einen sportlichen, gesunden Lebensstil legen.

Wenn den Eltern etwas auffällt, was ihnen Sorgen macht, sollten sie es ansprechen.

Doch Schönheitsideale im Netz sind in den meisten Fällen unrealistisch – und damit unerreichbar. Denn mit Filtern lassen sich Fotos und Videos leicht manipulieren. Zudem sind sie rund um die Uhr verfügbar. «Das kann Jugendliche stark unter Druck setzen», so die Psychologin Felicitas Forrer.

Kinder frühzeitig vorbereiten

Für Eltern ist daher das Thema Medienerziehung sehr wichtig – und sie sollten früh damit beginnen. «Das gilt auch für die Themen Körperbilder und Essstörungen», betont Dagmar Pauli. Ab etwa 8, 9 Jahren sollten Eltern ihre Kinder auf die Nutzung von Smartphones und Social Media vorbereiten. «Bis 12, 13 Jahre sollten sie klare Regeln vorgeben – etwa, dass Handys nur für eine bestimmte Zeit am Tag genutzt werden», so die Kinder- und Jugendpsychiaterin. «Dabei müssen sie auch die Inhalte, mit denen die Kids sich beschäftigen, im Auge behalten und einen kritischen Blick darauf vermitteln. Das geht nur, wenn Eltern sich für die Welt ihrer Kinder, auch im Bereich Social Media, interessieren.»

Ab etwa 15 bis 16 Jahren haben Eltern nicht mehr so viel Einfluss, sind aber weiterhin die wichtigsten Bezugspersonen der Jugendlichen. «Dann ist ein begleitendes Interesse wichtig. Etwa zu schauen, welche Inhalte ein Jugendlicher nutzt, und darüber im Gespräch zu bleiben», sagt Pauli. Zum Beispiel können Eltern fragen: «Wem folgst du? Was gefällt dir daran? Tut dir das gut?» Oder sie schauen gemeinsam mit den Jugendlichen manipulierte Bilder an und hinterfragen sie kritisch.

«Weiter können Eltern Social- Media-Kanäle empfehlen, die gute Infos zu Ernährung vermitteln», sagt die Ernährungsberaterin Christine Jordi Bärtschi. Und auch bei Smartphone und Social Media gilt: Wenn den Eltern etwas auffällt, was ihnen Sorgen macht, sollten sie es ansprechen.

Die wichtigsten Fakten über Essstörungen

Was sind Merkmale einer Essstörung? Wann sollten Eltern hellhörig werden?

Ein Warnsignal ist, wenn ein Kind oder Jugendlicher Untergewicht hat oder stark abnimmt. Betroffene achten sehr auf Kalorien, essen wählerisch, machen übertrieben viel Sport und glauben häufig noch, zu dick zu sein. Auch Essattacken mit sehr grosser Nahrungsmenge und absichtliches Erbrechen sind Warnhinweise. Wie häufig sind Essstörungen und welche gibt es? Etwa drei bis fünf Prozent der Menschen erkranken in ihrem Leben an einer Essstörung. Es gibt drei Hauptformen:

  • Bei einer Anorexie essen die Betroffenen bewusst wenig und kalorienarm und nehmen stark ab. Manche treiben exzessiv Sport oder erbrechen.
  • Typisch für eine Bulimie sind Essattacken, bei denen die Betroffenen unkontrolliert sehr grosse Mengen auf einmal essen. Anschliessend versuchen sie, die Kalorien durch Erbrechen, Abführmittel oder exzessiven Sport loszuwerden.
  • Auch bei einer Binge-Eating-Störung treten Essattacken auf, allerdings ohne Gegenmassnahmen.

Wichtige Anlaufstellen sind:

  • Kinderarzt / Kinderärztin oder Hausarzt / Hausärztin
  • niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiater oder Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen bzw. -therapeuten
  • Beratungsstellen für Essstörungen
  • ambulante Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Kliniken für Essstörungen

Christine Amrhein
ist Psychologin. Sie lebt und arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin in München.

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