«Sextortion betrifft immer mehr Kinder»
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«Sextortion betrifft immer mehr Kinder» 

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Kinderschutz Schweiz hat eine Kampagne gegen Cybersexualdelikte lanciert. Im Interview erklärt Geschäftsleiterin Regula Bernhard Hug, worum es geht und wie wir Kinder besser schützen können.

Interview: Virginia Nolan
Bild: Adobe Stock

Frau Bernhard Hug, derzeit läuft auf ­diversen Kanälen eine Kampagne gegen Cybersexualdelikte. Was hat es mit der Aktion auf sich?

In der Schweiz ist jede zweite Person im Teenageralter online schon einmal sexuell belästigt worden. Im Schnitt dauert es drei Minuten, bis Kinder in Chat- oder Gameforen mit Avancen konfrontiert werden. 85 Prozent der Betroffenen von Cybersexual­delikten sind unter 20 Jahre alt. Die dreijährige Sensibilisierungskampagne steht unter dem Motto «Was du online teilst, teilst du mit allen. Schütze, was dir wichtig ist». 2024 liegt der Fokus auf Sextortion. 

Immer öfter werden unbedacht geteilte Kinderfotos zu Erpressungsmaterial.

Was ist Sextortion?

Eine Straftat, bei der intime Fotos oder Videos missbraucht werden, um jemanden unter Druck zu setzen. Mal sind Täterinnen und Täter Ex-Freundinnen oder -Freunde, die ursprünglich einvernehmlich geteilte Nacktbilder missbrauchen, in anderen Fällen geben sich Erwachsene online als Jugendliche aus und gewinnen dort das Vertrauen Minderjähriger, um dann sexuell explizite Fotos einzufordern, die das Opfer erpressbar machen.

Regula Bernhard Hug ist Leiterin der Geschäftsstelle Kinderschutz Schweiz.

Immer öfter werden unbedacht geteilte Kinderfotos zu Erpressungsmaterial. Verschärft wird dies durch die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz, harmlose Alltagsfotos in Sex-Content zu verwandeln. Die Meldestelle Clickandstop.ch verzeichnet seit 2022 eine Verachtfachung der gemeldeten Fälle von Sextortion bei Kindern. Es betrifft immer mehr.

Wie können wir Kinder besser schützen?

Indem wir erstens keine Bilder posten, die ein Kind frontal oder sein Gesicht zeigen. Zweitens müssen Eltern Klartext reden. Viele mögen sexualisierte Gewalt im Netz ungern explizit benennen, weil sie ihr Kind nicht damit konfrontieren wollen. Es ist aber nötig, um dem Kind zu signalisieren: Du kannst jederzeit zu uns kommen.

Drittens sollten Eltern ihrem Kind unein­geschränkt Glauben schenken, falls im Netz Nacktbilder auftauchen, für die es keine Erklärung hat. Kinder müssen wissen, dass Sextortion auch dann nicht endet, wenn die Täterschaft verspricht, Ruhe zu geben, wenn Geld oder «noch ein Bild» kommt. Es gilt sofort die Polizei einzuschalten.

Kinderschutz-Kampagne zu «Sextortion»

Wenn intime Fotos und Videos genutzt werden, um jemanden zu erpressen oder nötigen, spricht man von Sextortion. Tatpersonen bauen durch Täuschung ein Vertrauensverhältnis auf, um an sensibles Bildmaterial zu gelangen. Wer die wichtigsten Schutzstrategien befolgt und online besonders vorsichtig ist, minimiert das Sextortion-Risiko.

Weitere Infos und Tipps finden Sie hier: kinderschutz.ch/sextortion

Virginia Nolan
ist Redaktorin, Bücherwurm und Wasserratte. Sie liebt gute Gesellschaft, feines Essen, Tiere und das Mittelmeer. Die Mutter einer Tochter im Primarschulalter lebt mit ihrer Familie im Zürcher Oberland.

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