Freundschaft gegen Geld
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Freundschaft gegen Geld

Lesedauer: 1 Minuten

In den sozialen Medien ist Beliebtheit käuflich. Für Jugendliche kann das verheerend sein – nicht nur finanziell.

Text: Michael In Albon
Bild: Alamy Stock Photo

In Zusammenarbeit mit Swisscom

Stellen Sie sich Folgendes vor: In Ihrem Freundeskreis werden Sie gemocht und respektiert – weil Sie dem Alphatier der Gruppe unter Beifall der anderen regelmässig einen gewissen Geldbetrag überweisen. «Was für ein Unsinn!», denken Sie nun. Doch genau damit sind Kinder und Jugendliche in sozialen Medien mitunter konfrontiert.

So ist es beim Live-Streaming-Videoportal Twitch schon länger möglich, mit sogenannten Bits Spielende zu unterstützen. Diese virtuelle Währung muss vorab mit echtem Geld gekauft werden. Im Livestream ist die Liste der geleisteten Beiträge für alle sichtbar. Je höher der Betrag, desto spektakulärer die Begleitanimation. Die Community feiert den Beitrag im Live-Chat.

Nun auch auf Tiktok

Ähnliches ist seit einiger Zeit auch bei Tiktok möglich. Hier können Nutzerinnen und Nutzer ihren Idolen «Geschenke» machen, nachdem sie die dafür nötigen «Münzen» gegen Echtgeld gekauft haben. Das Verführerische daran: Das kleinste Geschenk hat den Wert von etwas mehr als einem Rappen. Nun ist Tiktok in seinen Nutzungsbedingungen zwar sehr restriktiv, was die Altersbeschränkung angeht: Ausschliesslich über 18-Jährige dürfen solche Münzen kaufen.

Das Mindestalter für einen Account beträgt 13 Jahre. Nur: Kontrolliert wird das nicht. Solche Mechanismen sind in zweierlei Hinsicht heikel und gefährlich: Einerseits besteht die Gefahr der Verschuldung. Je mehr von der virtuellen Währung aufs Mal gekauft wird, desto höher ist der Rabatt. Die Münzen auszugeben, fällt anschliessend leicht, da die Beträge äusserst klein sind. Und die Gestaltung des Spendens erinnert gar nicht an echtes Geld. Beides verführt den User, mehr zu kaufen und mehr zu verschenken.

Zum anderen: Die Tiktok-Idole bedanken sich oft überschwänglich für den Beitrag. Das ist natürlich schmeichelhaft, die Community applaudiert. So entsteht die Illusion von Beliebtheit, die Meinung, der Beschenkte habe einen tatsächlich wahrgenommen. Beliebtheit, die käuflich ist? Gemeinschaft und Freundschaft sollten auch online nicht eine Frage des Geldes sein.

Der Wert von Freundschaft

Was im Eingangssatz so absurd klang, ist also Teil der gelebten Realität auf einigen Social-Media-Kanälen. Eltern sollten sich daher kritisch mit den Wünschen ihrer Kinder nach virtuellem Geld auseinandersetzen. Ein absolutes Nein ist dabei ebenso wenig zielführend wie der unbeschränkte Zugriff auf die Kreditkarte (dieser sollte ohnehin nie möglich sein!). Die gemeinsame Diskussion über die Bedeutung von Anerkennung, Freundschaft und Beliebtheit in Abhängigkeit von Geld bringt aber viele Kinder und Jugendliche dazu, sich über diese zentralen Werte ihre eigenen Gedanken zu machen.

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Michael In Albon
ist Beauftragter Jugendmedienschutz und Experte Medienkompetenz von Swisscom.

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