Smartphones in der Schule: Wie viel ist zu viel?
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Smartphones in der Schule: Wie viel ist zu viel?

Lesedauer: 3 Minuten

Für die einen sind Smartphones eine Gefahr, andere betrachten sie als unverzichtbares Werkzeug. Klar ist: Um den Umgang mit den digitalen Geräten an den Schulen zu regeln, braucht es gemeinsam erarbeitete Regeln statt generelle Verbote.

Text: Beat A. Schwendimann
Bild: Adobe Stock

Smartphones sind spätestens auf der Sekundarstufe allgegenwärtig und stellen Schülerinnen, Schüler, Schulleitungen und Lehrpersonen vor grosse Herausforderungen. Die Geräte bieten nützliche Funktionen, führen aber oft zu Ablenkung im Unterricht. Zudem können sie soziale Interaktionen beeinträchtigen, da viele Kinder in den Pausen in ihre digitale Welt abtauchen.

Die ständige Vernetzung erhöht auch das Risiko von Cybermobbing. Diese Herausforderungen verdeutlichen die Notwendigkeit, eine Balance zwischen den Vorteilen digitaler Geräte und den nötigen Einschränkungen im Schulalltag zu finden.

Der intensive Gebrauch von Smartphones ist bei Jugendlichen weit verbreitet, was zu einer zunehmenden «Smartphone-Sucht» führt. Gemäss der James-Studie, bei der die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften alle zwei Jahre das Mediennutzungs- und Freizeitverhalten von 12- bis 19-Jährigen untersucht, besitzen über 90 Prozent der Jugendlichen ein Smartphone und nutzen es täglich oft stundenlang.

Weitere Studien weisen darauf hin, dass eine exzessive Smartphone-Nutzung negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben und zum Beispiel Stress, Schlafstörungen und Depressionen auslösen kann. Diese Abhängigkeit zeigt sich in einer erhöhten Reizbarkeit und der Vernachlässigung anderer Aktivitäten.

Schulen müssen Kinder wie Erziehungsberechtigte für einen respektvollen Umgang im digitalen Raum sensibilisieren.

Parallel dazu hat auch Cyber­mobbing durch die ständige Vernetzung zugenommen. Jugend­liche nutzen soziale Netzwerke und Messengerdienste, um andere zu beleidigen oder blosszustellen. Dies führt zu emotionalem Stress bei den Betroffenen, was langfristig Angstzustände und Depressionen auslösen kann.

Schulen müssen auf diese Probleme reagieren, indem sie präventive Massnahmen entwickeln und sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Erziehungsberechtigte für einen respektvollen Umgang im digitalen Raum sensibilisieren. Nur durch klare Regeln und eine enge Zusammenarbeit kann diesen Herausforderungen wirksam begegnet werden.

Unterschiedliche ­Herangehensweise

Der Umgang mit Smartphones an Schulen variiert im In- und Ausland stark. In der Schweiz entscheiden Schulen individuell, wie sie die Nutzung digitaler Geräte regeln. Einige Schulen haben strikte Smartphone-Verbote eingeführt, um Mobbing zu verhindern und soziale Interaktionen zu fördern. Andere Schulen erlauben die Nutzung in den Pausen, um eine Balance zwischen Verbot und sinnvollem Einsatz zu finden.

International gibt es unterschied­liche Ansätze. In Australien haben mehrere Bundesstaaten Smartphone-Verbote umgesetzt. Auch Neuseeland hat im April 2024 ein landesweites Verbot eingeführt. China verbietet seit 2021 Mobil­telefone in Schulen, es sei denn, die Eltern haben deren Gebrauch schriftlich zugestimmt. In Frankreich gilt seit 2018 ein generelles Verbot für die private Smartphone-Nutzung an Schulen. Die Niederlande und Schweden kennen ähnliche Verbote.

Eine partizipative ­Vorgehensweise fördert die Akzeptanz der Regeln und stärkt die Schüler in ihrer Eigenverantwortung.

Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) lehnt ein generelles Smartphone-Verbot an Schulen ab und setzt stattdessen auf individuell angepasste Regelungen, die den spezifischen Bedürfnissen der jeweiligen Schule gerecht werden. Es braucht zudem pädagogische Massnahmen, die den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Geräten fördern.

Anstelle von generellen Verboten bevorzugt der LCH, dass Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler sowie Erziehungsberechtigte gemeinsam klare und sinnvolle Regeln entwickeln. Diese partizipative Vorgehensweise fördert die Akzeptanz der Regeln und stärkt das Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Geräten. Dadurch wird nicht nur die Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler gestärkt, sondern auch eine respektvolle und förderliche Schulatmosphäre geschaffen.

Die Rolle der ­Erziehungsberechtigten

Wichtig ist dabei auch die Einbindung der Erziehungsberechtigten. Nur durch eine enge Zusammen­arbeit zwischen Schule und Elternhaus kann der verantwortungs­bewusste Umgang mit Smartphones nachhaltig gefördert werden. Erwachsene spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie Kinder mit digitalen Geräten umgehen – sowohl in der Schule als auch zu Hause. Als Vorbilder sollten sie den Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit Smartphones vorleben.

Zudem ist es wichtig, dass Erziehungsberechtigte eng mit den Schulen zusammenarbeiten, um klare und konsistente Regeln für die Smartphone-Nutzung zu entwickeln. Elternabende bieten eine wertvolle Plattform, um gemeinsam mit Lehrpersonen und anderen Erziehungsberechtigten Lösungen zu erarbeiten, die von allen Beteiligten unterstützt werden.

Der Umgang mit Smartphones und anderen digitalen Geräten an Schulen erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen Kontrolle und der Förderung digitaler Kompetenzen. Während Smartphones potenziell zu Ablenkungen, Suchtverhalten und Risiken wie Cybermobbing führen können, bieten sie auch wichtige Lernmöglichkeiten.

Ein generelles Verbot ist keine nachhaltige Lösung; stattdessen sollten Schulen, Schülerinnen und Schüler und die Erziehungsberechtigten zusammenarbeiten, um gemeinsam Regeln zu entwickeln, die den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien fördern. Nur durch eine enge Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung kann der sinnvolle Einsatz von Smartphones im Schulalltag gewährleistet und die möglichen Risiken minimiert werden.

Beat A. Schwendimann
ist leitendes Mitglied der Geschäftsleitung LCH und Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle LCH. Der Erziehungswissenschaftler ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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