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Wem gehört die Schule?

Lesedauer: 2 Minuten

Früher gehörte das Schulhaus fraglos dem Hauswart. Wie sieht es in der zeitgemässen Schule von heute aus?

Text: Jörg Berger
Bild: Rawpixel / zVg

Hören Sie sich um: Lässt sich in Ihrem Umfeld jemand mit der Überzeugung finden, die Schule gehöre ihm oder ihr? Wohl nicht einmal ein von der Gemeindeversammlung gewähltes Schulpräsi­diumsmitglied würde sich zu dieser Aussage hinreissen lassen.

Wir Schulleiterinnen und Schulleiter sprechen gerne und oft von «unserer Schule». Es erfüllt uns mit Stolz, die Schule zu repräsentieren. Doch auch wir ­halten uns vornehm zurück, wenn die Frage im Raum steht, wem die Schule gehört.

«Die Schülerinnen und Schüler als Hauptakteure erhalten die höchstmögliche Beachtung», sagt Jörg Berger.

Wenn das Organigramm kopfsteht

Wagen wir den Blick über die Landesgrenzen und unser Bildungssystem hinaus. Fündig werden wir im hohen Norden und – vielleicht auch überraschend für Sie – im Finanzsektor. Das Finanzinstitut Svensk Handelsbanken praktiziert ein Organigramm, das sozusagen auf dem Kopf steht.

Der Kunde erscheint darauf zuoberst, also an dem Platz, der traditionellerweise für den Verwaltungsrat vorgesehen ist. Direkt darunter gruppieren sich alle Arten von Kundenberaterinnen und -beratern, welche Anliegen lösungsorientiert entgegennehmen. Im dritten Glied fungiert das mittlere Kader, das alles gibt, damit die Kundenberatung effizient und erfolgreich arbeiten kann.

Spinnen Sie die Geschichte an dieser Stelle weiter, bis sie über den CEO zum Verwaltungsrat gelangen – erkennen Sie das Muster? Hier geht es um Kundenorientierung. Alles in der Organisation wird danach ausgerichtet. Und selbst wenn Svensk Handelsbanken faktisch den Aktionärinnen gehört, stehen dennoch die Kunden an oberster Stelle.

Betroffene sind Beteiligte

Das Erfolgsrezept der schwedischen Bank lässt sich einfach auf unser Schulsystem übertragen, allerdings mit einer entscheidenden Begriffsänderung. Da Lernen kein Zuschauersport ist und die Schule nicht den Fehler begehen darf, sich als reine Dienstleistungsunternehmung zu verstehen, passen die Begriffe «Nutzerin» und «Nutzer» besser zu Schülerinnen und Schülern als «Kundin» oder «Kunde». Und weil Sie als Eltern in der Mitverantwortung ­stehen, sollen Sie stets auch mitgenannt werden.

Treten Sie in Erscheinung und bieten Sie sich zur Mitgestaltung Ihrer Schule an.

Die Vision einer zeitgemässen Schule – «Schule21 macht glücklich» – des Verbands Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz bedient sich genau dieser Denk­weise: Die Schule21 ist eine Schule, die sich als Teil unserer gesamten Gesellschaft versteht, in der Betroffene zu Beteiligten werden. Explizit die Schülerinnen und Schüler als Hauptakteure erhalten mit ihren Eltern die höchstmögliche Beachtung, wenn es um Einbezug, Mitgestaltung und Mitbestimmung geht.

Falls Sie also Ihre Neujahrsvorsätze bereits erfüllt haben, packen Sie noch einen obendrauf: Treten Sie in Erscheinung und bieten Sie sich zur Mitgestaltung Ihrer Schule an. Gemeinsam bauen wir die Schule21 – eine zeitgemässe Schule, in der die Frage nach ihrem Besitzer in den Hintergrund rückt.

Und sollte sie dennoch einmal gestellt werden, ist die Antwort allen sofort klar: Die Schule21 gehört den Schülerinnen und Schülern und deren Eltern.

Joerg_Berger

Jörg Berger
ist Mitglied der Geschäftsleitung des Verbandes Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH) und leitet seit 2008 die Schule Knonau ZH und das Netzwerk Altersdurchmischter Schulen im Kanton Zürich.

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