Beide Elternteile erweitern das Erfahrungsspektrum des Kindes. Wer es ist und woher es kommt, sind wichtige Fragen, die als Erstes die Eltern und seine weitere Verwandtschaft beantworten können. Bei solchen Familiensituationen eröffnet sich in drei Punkten ein gewisses Konfliktpotenzial:
- Erstens besteht Gefahr, dass der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, keine erzieherische Verantwortung übernehmen will, weil er entweder die punktuellen Treffen nicht mit Konflikten belasten will oder weil er Angst hat, das Kind käme dann nicht mehr zu einem nächsten Besuch.
- Ein zweites Problemfeld besteht darin, dass der Elternteil vielleicht die Bedürfnisse des Kindes, seine Interessen und Hobbys, gar nicht kennt. So besteht das Risiko, dass er die gemeinsame Zeit unangemessen gestaltet oder zu wenig Rücksicht auf die Anliegen des Kindes nimmt. Beides kann beim Kind zu einer ablehnenden Haltung führen.
- Und drittens kann sich der Elternteil verpflichtet fühlen, ein Unterhaltungsprogramm zu bieten, das möglicherweise das Kind überfordert. Die inhaltliche Gestaltung der jeweiligen Kontakte wird daher im Idealfall bereits im Vorfeld mit dem Kind geplant und abgesprochen.
Beide Elternteile können die Interessen des Kindes durch aktive Teilnahme an seinem Alltag unterstützen. Auch dem Elternteil, der bislang die Elternschaft (noch) nicht aktiv erlebt hat, sollte die Möglichkeit zugestanden werden, mit dem Kind ein gemeinsames Interessenfeld oder eine Aktivität zu finden und eine eigene Erlebniswelt aufbauen zu dürfen.
So kann bei Kleinkindern beispielsweise ein Eltern-Kind-Turnen besucht werden, ältere Kinder üben mit dem Elternteil eine gemeinsame Sportart aus oder sie besuchen Museen, die das Kind aktuell interessieren. Auch die Beispiele oben – die Begleitung zum Training und zu Sportanlässen – kann der Vater übernehmen.
Um diese aktive Teilnahme am Leben des Kindes zu ermöglichen, müssen flexible Besuchszeiten möglich sein. Im Idealfall wird eine solche Aufteilung der Verantwortlichkeiten unmittelbar nach der Trennung vorgenommen. Das Kind erfährt auf diese Weise die Auflösung des gemeinsamen Haushalts als weniger einschneidendes Erlebnis. Eine auf das Alter und die Interessen abgestimmte Aktivität wird möglicherweise auch sicherstellen, dass die Kontakte zum anderen Elternteil weiterhin wahrgenommen werden und nicht abbrechen.
In einer prozentual geringen Anzahl von Fällen bleibt nach der Trennung ein hohes Konfliktniveau zwischen den Eltern bestehen. Die zuständige Behörde oder das zuständige Gericht haben dann die Möglichkeit, eine für den Konfliktfall passende Massnahme anzuordnen. Vor allem in Fällen, in denen sich die Eltern über Betreuungsanteile oder den angemessenen persönlichen Verkehr streiten, können Beratungen oder eine Mediation angeordnet werden.