Binationale Trennungen: Papa lebt in Amerika

Leben bei Mama oder bei Papa? Oder bei beiden? Die Entscheidungen nach einer Trennung sind immer schwierig. Wenn ein Elternteil keinen Schweizer Pass hat, kommen weitere Herausforderungen auf die Familie zu.
Wenn es aber zu einer Trennung kommt, stehen binationale Paare vor zusätzlichen Herausforderungen. Bei dem Thema, wer künftig wie viel Betreuungszeit für die Kinder übernimmt, stellt sich auch die Frage: Bleibt der Partner mit anderem Pass in der Schweiz?
Die Familien haben nicht immer die freie Wahl. Kommen Vater oder Mutter beispielsweise aus einem Drittstatt (Nicht-EU/EFTA-Land) und die Ehe hat keine drei Jahre gehalten, ist es möglich, dass der Vater beziehungsweise die Mutter das Aufenthaltsrecht verliert – auch dann, wenn das Kind einen Schweizer Pass hat. «Das Migrationsrecht wird immer strenger ausgelegt. So hat das Bundesgericht bereits in mehreren Fällen geurteilt, dass der Kontakt zum Kind via Skype ausreiche und kein Aufenthalt in der Schweiz notwendig sei, um das Kontaktrecht auszuleben», erzählt Hubacher. Für die Entscheidung spielt sowohl die Bindung des Kindes an den ausländischen Elternteil eine Rolle, als auch die Frage, ob sich der Partner in der Schweiz allein finanzieren kann, oder auf Unterstützung angewiesen ist.
Die Wahl ist keine leichte: Plage ich mich durch eine unglückliche Partnerschaft, oder verliere ich mein Aufenthaltsrecht und damit mein Kind?
Online-Dossier Trennung
Das Kind mitnehmen? Warum die Fälle von Kindsentführung zugenommen haben
«Wer das Kind gegen den Willen des Partners mit in sein Heimatland nimmt, begeht eine Kindsentführung, eine Sorgerechts- oder eine Besuchsrechtsverletzung. Die Zahl dieser Fälle hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen», berichtet sie. Sofern das Kind sich in einem Vertragsstaat befindet, ist über ein internationales Haager Übereinkommen und das Bundesgesetz zu den Kindsentführungen geregelt, wie das Kind dann in die Schweiz zurückgeführt werden könne, notfalls sogar mit Hilfe der Polizei.
«Wenn die Eltern in der Schweiz nicht glücklich sind, ist es auch für das Kind schwieriger, sich wohlzufühlen.»
Esther Hubacher
Dass die gemeinsame elterliche Sorge der Regelfall ist, bedeutet aber nicht automatisch, dass eine alternierende faktische Obhut in Kraft treten muss, bei der beide Partner auch Betreuungszeiten des Kindes übernehmen. Insbesondere, wenn während der Ehe bereits eine Person die Hauptverantwortung für die Betreuung getragen hat, während der Partner die Familie finanziell unterstützt hat, wird oft davon ausgegangen, dass es im Sinne des Kindeswohles ist, dass dieses Betreuungsverhältnis so beibehalten wird.
Das heisst also auch: der ausländischen Mutter, die in der Schweiz nie gearbeitet hat, weil sie mit der Kinderbetreuung beschäftigt war, wird nicht einfach das Kind weggenommen, bzw. sie wird nicht einfach ohne das Kind ausser Landes geschickt. Wenn sich aber das Kind oder einer der Partner eine alternierende Obhut wünschen, liegt es an der KESB oder den Gerichten zu entscheiden, ob diesem Wunsch entsprochen werden kann. «Hier gilt das Kindeswohl als wichtigster Entscheidungsgrundsatz», sagt Sandra Hotz.
Ist es für das Kindeswohl grundsätzlich wichtig, dass beide Elternteile in der Nähe wohnen, damit das Kind sie jederzeit sehen kann? «Das lässt sich nicht einfach so pauschal beantworten», meint Sandra Hotz. «Es kommt auch auf die Qualität der gemeinsam verbrachten Zeit an, nicht nur darauf, wie oft diese stattfinden kann.»
Schliesslich sei heute auch in funktionierenden Ehen ein Partner häufig von der Familie getrennt, zum Beispiel, wenn er beruflich pendeln oder reisen müsse. Und es gebe zum Beispiel mit Videotelefonie die Möglichkeit, die getrennte Zeit zu überbrücken. «Hier soll das Recht auch mit dem Zeitgeist gehen», sagt die Juristin.
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Hier gibt es Hilfe
- Informationen und Beratung für binationale Paare: binational.ch
- Spezialisierte Beratungsstelle für Bern und Solothurn mit Hotline für die ganze Schweiz: www.frabina.ch
Weiterlesen:
- Welche Rechte haben Kinder bei einer Trennung? Ein Text von Juristin Sandra Hotz.
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