Wie lebt es sich als Frau mit fünf Männern plus Hund?

Bilder: privat
In unserer Serie «Wir fragen uns …» stellen wir uns in der Redaktion gegenseitig Fragen aus dem grossen Familienuniversum. Auf die Frage von Redaktorin Florina Schwander antwortet Autorin Claudia Landolt:
«Liebe Claudia, wie ist das so als einziges weibliches Wesen in einem 5-Männer-Haushalt plus männlichem Hund?»
Florina Schwander, Redaktorin
Ich kriege jeden Tag einen Kaffee ans Bett und werde auf zehn Händen getragen.
Naja, fast. Der einzige, der mir permanent zu Füssen liegt, ist natürlich unser Hund Floyd. Aber wenn ich ehrlich bin, liegt er eigentlich jedem zu Füssen, der es ihm erlaubt.
Du, Florina, hast bei mir einen Text über meine grosse Familie und meine fünf, äh sechs Männer bestellt. Weil ich eine grosse Familie mit beinahe unnatürlich vielen männlichen Wesen habe. Aber ich komme tagelang nicht zum Grossefamilientextschreiben, WEIL ich eine grosse Familie mit vielen Männern habe. Das kreist das Problem schon ziemlich treffend ein.
Denn meine lieben, lustigen, grosszügigen und tollen Männer produzieren nicht nur Termine wie ein mittelgrosses Unternehmen, sie produzieren auch noch unglaublich viel Dreck. Und ich rede jetzt nicht von den drei täglichen Waschmaschinen, von Zahnpastaresten im Waschbecken, mangelhaft aufgehängten Frotteetüchern, stinkenden Socken, noch mehr stinkenden Sportklamotten oder den Abdrücken der schlammigen Hundepfoten auf dem Parkett.
Zeichnungen und Bastelarbeiten, die unfertig herumliegen, Stifte, die nach Gebrauch irgendwo hingelegt werden, Mützen, Handschuhen, Hemden, Pullover, die auf Stühlen, am Boden und Betten herumliegen, Schulinformationen auf Papier, die darauf warten, von einer sich erbarmenden Seele aufgehängt und in der Agenda notiert zu werden. Nicht zu erwähnen die kürzlich während eines Putzanfalls gefundenen 50 leeren Kinderschokolade-Hüllen aus dem Adventskalender, die zwischen den Sofakissen versteckt waren. Und von Mandarinen, die bis März in einer Schublade im Kinderzimmer überwintern.

Auch die jüngeren Kinder sind keineswegs talentfrei, was das Hamstern diverser fremder Gegenstände und die damit korrelierende Renitenz bezüglich Aufräumen angeht. Vor wenigen Tagen fand ich sogar das verschwundene Ventil der Fussballpumpe, einen Zehnfrankenschein, eine vergessene Zeichnung zum Muttertag und ein typisches Geburtstagsparty-Give-away-Tütchen mit Süssigkeiten drin. Genauer: Das, was mal Zuckerbomben waren. Denn als ich sie fand, waren sie bereits in einem Verwesungszustand. Also so ähnlich wie die leeren Joghurtbecher im Zimmer des fünfzehnjährigen Bruders.
Vier Jungs, heisst auch: der Kühlschrank ist immer leer!
Was wiederum dazu führt, dass leer gegessene Pfannen, Besteck, Teller oder Gläser abzuräumen vergessen gehen und eine Art hauseigene Bakterienzucht entsteht. Dies angeblich aus der hehren Absicht, die im selben Haushalt wohnenden Mitmenschen nicht wecken zu wollen (nennt man das nicht Irrationalität pubertärer Weitsicht?).
Viel wahrscheinlicher für mich ist die Annahme, dass Heranwachsende selbst nach vierzehn Stunden Dauerschlaf gar nicht wirklich aufwachen, um auf die Toilette zu gehen oder zum Kühlschrank zu wanken. Nur so ist es zu erklären, dass der dabei produzierte Müll nicht selbst weggeräumt werden kann.

Und immer wieder sonntags gibt es ihn doch: den Kaffee im Bett
Abräumen muss ich das Kaffeeglas natürlich selbst. Dass Ordnung das halbe Leben ist, wird in einer Grossfamilie mit fünf Männern ungeachtet eines klar definierten Ämtli- und Aufgabenplans (siehe Foto oben) nicht nur täglich grob missachtet, sondern auch ebenso oft widerlegt.
Mein Wunsch, das Haus möge in jenen glücklichen Zustand versetzt werden, der das letzte Mal vor zehn Jahren beim Einzug zu besichtigen war, erntet bei allen Beteiligten nur Augenrollen. Und einen Blick, als ob ich davon schwärmte, wie verantwortungsbewusst doch dieses Mädchen aus der Parallelklasse sei, Klassenbeste in Latein, enthusiastische Klarinettespielerin noch dazu und so, so, so nett zu ihren Haustieren, den Fischen.
Die nächste Frage geht an Evelin Hartmann, stellvertretende Chefredaktorin:
Liebe Evelin, du und dein Mann, ihr redet beide Hochdeutsch. Wie machen ihr das mit euren beiden Mädchen? Sprechen die beiden Hoch- oder Schweizerdeutsch?
Die Antwort ist mittlerweile erschienen:
- Chefredaktor Nik Niethammer antwortet auf die Frage: Lieber Nik, glauben deine Kinder eigentlich noch an Samichlaus und Christkind?
- Redaktorin Florina Schwander antwortet auf die Frage: Liebe Florina, bekommen deine Zwillinge die gleichen Geschenke zu Weihnachten?