Der beste Erziehungsratschlag
Unser Kolumnist Mikael Krogerus sagt, warum Eltern ihre Kinder um Rat ersuchen sollten und verrät den besten Tipp seiner Tochter.
Sobald man Kinder hat, bekommt man Ratschläge. Alle geben welche. Die eigenen Eltern. Die Schwiegereltern. Entfernte Verwandte. Freunde. Fremde. Alle haben anscheinend das Gefühl, uns sagen zu müssen, was wir mit unseren Kindern besser machen könnten. Es nervt ein wenig. Weil die Ratschläge meistens von Dingen handeln, die die Person mit ihren eigenen Kindern gemacht hat. Oder hätte machen wollen. Aber nie von meiner Situation.
Und doch höre ich eigentlich gern Ratschläge, weil sie viel über das Gegenüber verraten. Es ist, dies nur am Rande, eine der wundervollsten Arten, Menschen kennenzulernen: sie um Rat fragen. Man erfährt die absurdesten Sachen. Und manchmal erhält man Goldstücke.
Wie das eine Mal, als meine schwedische Freundin darüber sprach, dass wir, indem wir unsere Kinder vor jeder Negativerfahrung schützen, ihnen die Erfahrung rauben, an den Schwierigkeiten zu wachsen. Man nennt solche Eltern in Schweden «curlingföräldrar». Weil wir, wie die Wischer im Curling dem Stein den Weg bereiten, unseren Kindern unermüdlich alle Hindernisse aus dem Weg räumen, damit der Nachwuchs sicher durch die bedrohliche Kindheit rutscht.
Aber man kann seine Kinder nicht vor allem schützen, so meine Freundin, denn egal, was wir unternehmen, unsere Kinder werden durch Prüfungen fallen, sie werden sich verlaufen, keine Freunde finden, Liebeskummer erleben.
Dem gegenüber stellte sie einen ungewöhnlichen Vorschlag: Wenn wir als Eltern mal in einer kniffligen Situation sind, sollten wir unsere Kinder um Rat fragen. Natürlich geht es nicht darum, unsere Erwachsenenprobleme auf Kinder abzuwälzen. Es geht darum, unseren Kindern zu zeigen, dass alle Menschen – auch wir Eltern – manchmal vor schwierigen Situationen stehen oder Rückschläge erleben. Und zugleich signalisieren wir ihnen, dass uns ihr Urteil interessiert.
Manchmal hilft es auch einfach, jemandem zu erzählen, dass man nervös ist.
Als ich also unlängst einen Vortrag halten sollte und wie immer etwas unsicher und nervös war, ging ich zu meiner Tochter und fragte sie: Was soll ich machen? Sie schaute mich erstaunt an. Und allein dieser Blick verriet mir, dass wir diese Situation noch nie gehabt hatten. Noch nie zuvor war ich zu ihr gekommen, um Rat zu erfragen.
Das Blatt hatte sich gewendet. Ich brauchte Hilfe und richtete mich an sie. Rasch gab sie mir zwei erstaunliche Ratschläge. Erstens: Stell dich vor einen Spiegel und übe den Vortrag. Oft. Und zweitens: Die Leute sehen dich zum ersten Mal. Sie werden dich okay finden. Sie wissen ja nicht, ob du eigentlich besser sein könntest.
Ich nickte langsam. Sie lächelte. Später sah sie mich vor dem Badezimmerspiegel stehen und meinen Vortrag üben. «Manchmal hilft es auch einfach, jemandem zu erzählen, dass man nervös ist», sagte sie und begann sich die Zähne zu putzen. Wenn man mich fragt: Was würden Sie Eltern im Umgang mit ihren Kindern raten?, sage ich ab sofort: Frage deine Kinder um Rat, wenn du in der Klemme steckst.