Gendersensible Erziehung: eine wichtige Aufgabe für Eltern
Typisch Junge, typisch Mädchen – die Erwartungen, wie Kinder sich kleiden oder was sie spielen sollen, sind oft noch ans Geschlecht geknüpft. Warum gendersensibler Umgang besonders für die Identitätsentwicklung junger Kinder wichtig ist, erklärt die Psychologin Annika Butters am 29. Oktober im Kosmos-Kind-Vortrag «Mädchenspiel – Jungenspiel – Kinderspiel».
Frau Butters, wann und wie entdeckt ein Kind, ob es ein Mädchen oder ein Junge ist?
Kinder verstehen früh, dass sich Mädchen und Jungen, Frauen und Männer oder Mütter und Väter unterscheiden – zum Beispiel im Aussehen. Es dauert aber viel länger, bis sie ihr eigenes Geschlecht zuordnen können und verstehen, dass sich dieses nicht mehr verändert.
Ab etwa drei Jahren nehmen die geschlechtsspezifischen Unterschiede deutlich zu. Geschlechterrollen werden dann zunehmend hartnäckig verteidigt. Ein Mädchen oder ein Junge zu sein, gewinnt für das Kind an Bedeutung. Die Festigung der Geschlechtsidentität wird dann mit vier bis sechs Jahren zu einer zentralen Entwicklungsaufgabe. In diesem Alter vertieft sich das Bewusstsein beim Kind, welchem Geschlecht es zugehört und dass es später zum Mann oder zur Frau wird.
Haben sich die stereotypen Erwartungen, was Mädchen und Jungen gerne spielen, verändert, da unsere Gesellschaft heute offener über Genderdiversität spricht?
Die Forschung zeigt, dass diese stereotypen Erwartungen noch immer sehr stark und unbewusst in uns verankert sind. Ob wir wollen oder nicht, steuern wir unsere Wahrnehmung und unser Verhalten entlang der Kategorien «männlich» und «weiblich». Darum ist der bewusste und auch selbstkritische Umgang mit diesen Erwartungen enorm wichtig. Pädagogische Fachpersonen und Eltern müssen darauf achten, wie sie Jungen und Mädchen wahrnehmen und allenfalls eben auch unterschiedlich behandeln.
Sie plädieren für mehr Gendersensibilität in der Erziehung. Was bedeutet das und was sollten Eltern und Fachpersonen dabei beachten?
Eine gendersensible Haltung bedeutet, die Unterschiede nicht zu negieren, sondern bewusst wahrzunehmen und das eigene Verhalten kritisch zu beleuchten. Dafür braucht es Wissen, Reflexion und Austausch. Ziel einer gendersensiblen Erziehung ist es, einen sicheren, gerechten und flexiblen Raum zu schaffen, in dem sich Kinder entwickeln, ausprobieren und entfalten können. Eine Umgebung, in der sich Jungen als Prinzessinnen verkleiden und Mädchen auf Drachenjagd gehen können, ohne ausgelacht zu werden. Wo alle Kinder – unabhängig vom Geschlecht oder sonstiger Unterschiede – die gleiche Aufmerksamkeit erhalten und in ihrem Spiel, ihren Interessen und Fähigkeiten unterstützt und begleitet werden.
Spannende wissenschaftliche Hintergründe und Empfehlungen zu diesem Thema bietet der «Kosmos Kind»-Vortrag «Mädchenspiel – Jungenspiel – Kinderspiel» von Annika Butters am 29. Oktober 2024, 18.30 Uhr, in der Stiftung. Für das Kind. Giedion Risch, Falkenstrasse 26, Zürich.
Tickets unter: www.fuerdaskind.ch/vortragszyklus
Abonnentinnen und Abonnenten von Fritz+Fränzi erhalten eine Ermässigung von 50 Prozent mit dem Promocode kosmoskind-24.
Die Stiftung Elternsein, Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi, hat mit der «Akademie. Für das Kind. Giedion Risch» den exklusiven Vortragszyklus «Kosmos Kind» lanciert. Ausgewiesene Expertinnen und Experten greifen unterschiedliche Aspekte der Kindheit auf und vermitteln diese alltagsnah und verständlich.