«Willst du deine Freiheit aufgeben?» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Willst du deine Freiheit aufgeben?»

Lesedauer: 2 Minuten

Andrea und Domenic Scandella aus Zernez GR gingen ihre Patchworkfamilie gemächlich an. Andreas Söhne wären gerne schon früher mit ihrem Stiefvater zusammengezogen.

Aufgezeichnet von Virginia Nolan
Bild: Herbert Zimmermann / 13 Photo

Andrea: «Ich war ein paar Jahre geschieden, als Domenic und ich ein Paar wurden. Die Buben waren sieben und fünf.»

Laurin: «Flurin und ich wollten immer, dass Domenic öfter zu uns kommt. Nach zwei Jahren ists immer noch cool, dass wir zu viert wohnen.»

Domenic: «Als ich mit Andrea zusammenkam, gab es schon kritische Stimmen: Willst du dich auf eine Familie einlassen, deine Freiheit aufgeben? Du musst doch auf niemanden Rücksicht nehmen, sagte ein Freund. Davon lebt man nicht, war meine Antwort. Ich hatte keine kalten Füsse.»

Das Schlimmste wäre für mich, wenn einer der Jungs sagen würde: Du bist nicht mein Vater, du hast mir nichts zu sagen.

Domenic Scandella, 56

Andrea: «Die Jungs haben Domenic nie infrage gestellt. Für mich ist auch klar, dass er sich in die Erziehung einbringt, wir leben zusammen und teilen dieselben Werte.»

Domenic: «Und diskutieren darüber. Jetzt kommt die Zeit, wo die Jungs nicht immer reden mögen. Aber sie sollen wissen, dass ich da bin. Auch wenn ich nicht ihr Vater bin und diesen nie konkurrenzieren wollte.»

Flurin: «Das Gefühl hatte Papi nie. Er weiss, dass du gut zu uns bist.»

«Super, dass wir uns alle verstehen»: Laurin, 12 und Flurin, 14, mit Mama Andrea, 40 und Stiefvater Domenic, 56.

Laurin: «Es ist praktisch für Mami und Papi, dass Domenic gewisse Dinge übernimmt. Gibts Probleme in der Schule, geht meist er hin.»

Andrea: «An Elterngespräche gehen wir schon gemeinsam. Mein Ex-Mann hat Domenic diesen Teil abgetreten, die Reise von Zürich hierher ist lang. Ich informiere ihn jeweils im Nachgang.»

Laurin: «Wir dürfen mittlerweile allein zu Papi reisen. Wir fahren jedes zweite Wochenende hin.»

Flurin: «Mir gefällt, dass wir da jetzt einen Bruder haben, also keinen richtigen, aber trotzdem. Mael ist der Sohn von Papis Freundin. Am Anfang fand ich es blöd, dass er immer da war. Bei dreien wurde oft einer ausgeschlossen. Wenn der Streit ausartete, mussten sich alle mit Papi hinsetzen und reden. Mittlerweile finde ich es cool, ist Mael da.»

Laurin: «Flurin und ich müssen jetzt ein Zimmer teilen, mein altes hat Mael. Aber dafür hat Papi einen coolen Chillroom eingerichtet, wo man sich zurückziehen kann.»

Flurin: «Unsere Familie hat viele Mitglieder, alles unterschiedliche Charaktere. Dass sie sich trotzdem verstehen, finde ich super.»

Andrea: «Mein Ex und ich haben es im grossen Ganzen echt gut. Wir hatten uns getrennt, bevor es hätte wüst zugehen können, schafften es, im Sinne der Kinder zu handeln.»

Domenic: «Das Schlimmste wäre für mich, wenn einer der Jungs sagen würde: Du bist nicht mein Vater, du hast mir nichts zu sagen. Nicht, weil ich den Vater ersetzen will, aber weil ich dann das Gefühl hätte, keine Rolle zu spielen.»

Andrea: «Das dürftest du nicht persönlich nehmen. Zu meinem Stiefvater habe ich das auch gesagt.»

Flurin: «So was hast du zum Grosspapi gesagt?»

Andrea: «Ja. Nicht, weil ich ihn nicht gern hatte.In der Pubertät sagt man manchmal Dinge, ohne zu überlegen, was sie beim anderen bewirken.»

Virginia Nolan
ist Redaktorin, Bücherwurm und Wasserratte. Sie liebt gute Gesellschaft, feines Essen, Tiere und das Mittelmeer. Die Mutter einer Tochter im Primarschulalter lebt mit ihrer Familie im Zürcher Oberland.

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