Ich muss Grenzen setzen
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«Ich muss Grenzen setzen, obwohl ich freiheitsliebend bin»

Lesedauer: 2 Minuten

Sarah Farsatis, 34 Jahre, lebt mit ihrem Mann Nico, 39, und den vier Kindern (1, 4, 7 und 8 Jahre) bei Winterthur. Die Gastronomiefachassistentin hat mit der Geburt ihrer Kinder gelernt, dass es wichtig ist, Regeln aufzustellen. 

Aufgezeichnet von Birgit Weidt
Bild: Vera Hartmann / 13 Photo

«Als ich zum ersten Mal schwanger war, habe ich begonnen, mich aktiv mit dem Thema Grenzen auseinanderzusetzen. Ich bin sehr freiheitsliebend, deshalb konnte ich früher nicht akzeptieren, wenn mir Grenzen gesetzt wurden, und ich mochte es auch nicht, anderen welche zu setzen. Ich sah darin einfach nichts Positives, war der Ansicht, dass Grenzen einen ausbremsen und daran hindern, ganz man selbst zu sein.

Mit der Geburt unserer Kinder änderte sich das. Mir wurde klar, dass ich nun herausgefordert war, Regeln aufzustellen und Stoppschilder zu setzen, meinen Töchtern und Söhnen und auch mir zuliebe.

Dank meiner Kinder lernte ich zum Beispiel, bei einer Entscheidung zu bleiben und nicht wankelmütig zu werden. Ich lernte, Grenzen ihnen gegen­über altersgerecht und klar zu kommunizieren.

Wenn es sich nicht um gefährliche Situationen handelt, lasse ich meinen Kindern viel Raum zum Ausprobieren.

Sarah Farsatis

Mir ist meine Vorbildfunktion als Mama bewusst geworden. Ich lebe etwas vor, was sie später übernehmen oder auch bewusst ablehnen können, aber dazu brauchen sie erst einmal Richtlinien zur Orientierung.

Was ich jedoch mit der Zeit gespürt habe: dass ich nicht in jeder Situation auf jeden Einzelnen eingehen kann. Dies ist nicht nur eine Frage der Zeit, es liegt auch an meiner Erfahrung: Manchmal sind die Kinder immer noch unzufrieden, wollen noch mehr aushandeln – dann werde ich unzufrieden und es endet in einer unerträglichen Situation, die ich vermeiden möchte. Deshalb muss eine Ansage reichen.

Es gibt Momente, in denen das sehr wichtig ist. Wir sind kürzlich alle zusammen vier Monate durch Europa gereist. Da gab es viele Freiheiten, aber auch strikte Ansagen. Wir sind beispielsweise viele Strecken geflogen, und vor dem Check-in muss Disziplin herrschen. Da kann nicht jeder überall herumspringen.

Ein anderes Beispiel: Wenn die drei Grösseren zu lange mit dem Smartphone beschäftigt sind, muss eine ­Auf­for­derung, dass jetzt Schluss sei, reichen. Denn erklärt habe ich die Sache schon oft, da will ich nicht jedes Mal neu diskutieren.

Trotz aller Einsichten ist Grenzen setzen für mich eine Heraus­forderung, vor allem deshalb, weil ich von meiner Einstellung her stark kompromissbereit bin.

Generell mag ich Kompromisse, da man sich in der Mitte treffen kann. Doch Kindern gegenüber ist das etwas anderes. Wenn die Grossen, Lia und Ian, auf den Spielplatz gehen, darf meine vierjährige Tochter Ela natürlich nicht allein auf die Strasse, was sie ärgert.

Wenn es sich nicht um gefährliche Situationen handelt, lasse ich meinen Kindern viel Raum zum Ausprobieren, schaue, wie sie sich in einer Situation verhalten, um dann zu erklären, was geht und was nicht geht.

Doch Grenzen setzen, fällt mir noch immer schwer. Es lohnt sich trotzdem, dranzubleiben, da man ansonsten ständig alles neu ­entscheiden und diskutieren muss.»

Birgit Weidt
Birgit Weidt ist Journalistin und Buchautorin und lebt in Berlin. Sie ist Mutter einer erwachsenen Tochter sowie Grossmutter.

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