Besorgte Amerikaner, entspannte Schweden

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Eine Mehrheit der amerikanischen Eltern hält Arbeitsmoral und Gehorsam für die wichtigsten Werte in der Erziehung. Schwedische Mütter und Väter dagegen setzen bei ihren Kindern auf Unabhängigkeit und Fantasie. Warum ist das so? Zürcher Forscher sagen: Das liegt am sozioökonomischen Umfeld.
In den USA neigen Eltern zum Kontrollwahn: Sie wollen über jeden Schritt im Leben ihres Kindes informiert sein. Skandinavische Eltern wiederum geben ihren Kindern extrem viel Freiraum. Für sie ist es wichtig, dass der Nachwuchs Fantasie, Unabhängigkeit und Neugier entwickelt, und sie mischen sich in der Regel viel weniger in die Entscheidungen ihrer Kinder ein.

«Wie wir unsere Umgebung wahrnehmen, bestimmt, wie wir unsere Kinder erziehen.»
Die Umgebung bestimmt die Erziehung
Nehmen wir das Beispiel Ungleichheit. In einer Gesellschaft mit starker sozialer Ungleichheit fürchten Eltern, die sich der grossen Bedeutung von Bildung bewusst sind, ihre Kinder könnten vom «rechten Weg» abkommen und in der Schule versagen. Also reagieren sie mit starker Kontrolle, weil sie alles in ihrer Macht Stehende tun wollen, um dies zu verhindern.
Moderne skandinavische Gesellschaften hingegen verzeichnen ein geringes Ausmass sozialer Ungleichheit. Dort herrscht daher ein entspannterer Erziehungsstil vor. Wenn es den «rechten Weg» überhaupt gibt, so ist das Abkommen davon mit wenig Risiko verbunden und für die Eltern kein Anlass zur Sorge.
Es darf nicht überraschen, dass Gesellschaften, in denen die Einkommensunterschiede im Lauf der vergangenen Jahrzehnte stetig zugenommen haben, heute eher zu einem sogenannten «intensiven Erziehungsstil» neigen als früher. So nehmen amerikanische Eltern viel stärker am Leben ihrer Kinder teil und verbringen durchschnittlich dreimal so viel Zeit mit Bildungsmassnahmen für den Nachwuchs wie Eltern Mitte der 1970er-Jahre.
Erfolgreiche Schulabbrecher
Wie sollte man seine Kinder denn nun am besten auf das Leben und die zu nehmenden Hürden vorbereiten? Es kommt darauf an. Grundsätzlich ist ein intensiver Erziehungsstil weder richtig noch falsch. Doch es gibt Möglichkeiten, die exzessive Kontrolle zu vermeiden, mit der die individuellen Talente der Kinder im Keim erstickt werden.
So kann das Abkommen vom «rechten Weg» riesige Chancen eröffnen. Was haben Steve Jobs, Mark Zuckerberg, Brad Pitt und John Lennon gemeinsam? Alle sind oder waren wahnsinnig erfolgreich. Und: Alle haben die Schule abgebrochen.
In Gesellschaften mit wenig
sozialer Ungerechtigkeit pflegen Eltern einen entspannteren
Erziehungsstil.
Dieser Text erschien zuerst in englischer Sprache auf BOLD – Blog on Learning and Development.
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