Gamen und Balance im Familienalltag
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«Wir träumen davon, dass unsere Kinder öfter im Wald spielen»

Lesedauer: 2 Minuten

Anna Kölbing und Matthias Müller aus  Schindellegi SZ, beide 48, achten bei ihren Kindern auf eine gute Balance zwischen Schule, Sport und Gamen. Bei Caspar, 16, und Matilda, 14, klappt das meist gut. Bei Balthazar, 10, sind sie manchmal zu nachgiebig.

Aufgezeichnet von Mirjam Oertli
Bild: Herbert Zimmermann / 13 Photo

Anna: «Alle unsere Kinder gamen, die zwei Jungs manchmal zu viel. Parallel machen sie aber viel Sport, die zwei Grossen spielen Klavier und alle drei kommen in der Schule gut mit.»

Matthias: «Caspar und Matilda widmen sich dem Gaming in einem Umfang, den ich als angemessen empfinde. Bei Balthazar jedoch beobachte ich, dass er viel länger spielt, als für sein Alter empfohlen wird. Seine Vertiefung in die Spielewelt bis zur völligen Ausblendung seiner Umgebung stimmt mich nachdenklich und zeigt, wie gefangen er im Spiel ist.»

Früher ging es uns mehr ums Spiel. Heute spielen wir, um zu reden.

Caspar, 16 Jahre

Balthazar: «Es ist halt cool und man will immer weitermachen, um besser zu werden. Aber unter der Woche darf ich sowieso nicht gamen. Ausser, wenn ich eine gute Note hatte. Bei einer 5 bekomme ich eine Stunde, bei einer 6 zwei Stunden Game-Zeit. Am Wochenende darf ich eineinhalb bis zwei Stunden spielen – am liebsten Fortnite mit Freunden. Ich finde das Schiessen ehrlich gesagt cool. Und wenn man als Einziger überlebt, hat man einen epischen Sieg. Ich habe das schon oft geschafft. Immer öfter spiele ich auch mal gemeinsam mit Matilda, was unsere Mutter freut.»

Matilda: «Ich spiele eigentlich nur am Freitagabend, wenn ich nicht mit meinen Freundinnen rausgehe. Dann spiele ich Fortnite mit ein paar Kollegen oder mit meiner besten Freundin. Ich checke nicht, warum nicht mehr Mädels zocken. Es war irgendwie schon immer mehr so ein Jungs-Ding. Ohne meine Brüder hätte ich wahrscheinlich nie damit angefangen. Es ist schon cool und macht Spass, aber wenn es drauf ankommt, könnte ich easy ohne. Manchmal spiele ich jetzt auch ‹Brawl Stars› mit ein paar Freunden auf dem Handy.»

Anna: «Matilda hat andere Süchte, Snapchat zum Beispiel. Auch Caspar spielt nicht mehr so viel. Bei ihm gab es aber eine Zeit lang auch Diskussionen.»

Caspar: «Vor zwei Jahren habe ich viel mehr gegamt. Ich hatte einfach nichts Besseres zu tun. Heute game ich unter der Woche selten, dafür am Freitag- und Samstagabend nach dem Ausgang, meist mit einem Freund. Wenn wir daheim angekommen sind, gehen wir ‹on› und spielen noch zwei Stunden ‹Call of Duty: Warzone›. Das ist ein Shooter wie Fortnite, aber realistischer. Früher ging es uns mehr ums Spiel. Heute spielen wir, um zu reden.»

Direkt nach dem Aufstehen am Wochenende ist das Spielen tabu.

Anna, 48 Jahre

Anna: «Matilda und Caspar haben es gut im Griff. Nur, eben, Balthazar …»

Matthias: «Die Regeln, die Balthazar geschildert hat, sind richtig. Doch wir sind bei der Umsetzung oft zu nachgiebig.»

Anna: «Gaming ist ein effektives Mittel, um ihn zu motivieren. Wenn ich ihm verspreche, dass er spielen darf, sobald er sein Zimmer aufgeräumt und drei Kapitel gelesen hat, erledigt er diese Aufgaben sofort. Allerdings gibt es eine feste Regel: Direkt nach dem Aufstehen am Wochenende ist das Spielen tabu. Erst wenn er einen aktiven Vormittag verbracht hat, wie zum Beispiel Angeln von 8 bis 15 Uhr, bin ich nachsichtiger. Dann darf er auch mal für drei Stunden an die Konsole.»

Matthias: «Mir fällt es schwer, die Gaming-Faszination unserer Kinder nachzuvollziehen. Wohl weil ich sie selbst nie hatte. Dass ich Gamen nicht gut finde, heisst aber nicht, dass sie es nicht machen dürfen. Es gehört heute dazu und soll Teil ihrer Entwicklung sein.»

Anna: «Aber ein bisschen träumen wir immer noch davon, dass sie den ganzen Tag aus eigenem Antrieb Klavier spielen, lesen und im Wald spielen.»

Mirjam Oertli
ist freie Journalistin und Buchautorin («Wer auf dem Handy kein gratis Internet hat, ist tot!», «Jetzt stellen Sie doch das Kind mal ruhig!»). Sie ist Mutter von zwei Teenagern und einem Primarschulkind und lebt mit ihrer Familie in Luzern.

Alle Artikel von Mirjam Oertli

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