Ab wann ist ein Kind spielsüchtig? - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Ab wann ist ein Kind spielsüchtig?

Lesedauer: 4 Minuten

Auf diese und zehn weitere Fragen gibt das Kapitel «Gaming» des Dossiers «100 Fragen – 100 Antworten zum Thema Medien» Antwort.

Fragen und Umsetzung: Thomas Feibel
Bilder: Joël Hunn

Unsere Tochter ­gamt gerne. Was bringt ihr das?

Sie entwickelt Empathie. In keinem anderen Medium tauchen wir so tief in einen Charakter hinein, weil wir selbst zu diesem Charakter werden und selbst Entscheidungen treffen. Und es gibt den Spielerinnen und Spielern die Möglichkeit, unglaublich viele verschiedene Rollen anzunehmen und zu erkennen, wie sie in einer bestimmten Situation reagieren würden. Games fördern zudem auch die Planungsfähigkeiten.
Philomena Schwab

Wenn man Jugendliche fragt, welche Games Aggressionen bei ihnen auslösen, dann sind es nicht die Shooter, sondern die Sportspiele.

Daniel Süss

Unser Sohn spielt öfter Games, die nicht für sein Alter geeignet sind. Wann muss ich mir Sorgen machen?

Der Entwicklungsstand ist nicht nur vom Alter abhängig. Wir gehen davon aus, dass Kinder meist eine Resilienz mitbringen und nicht gleich einen schweren Schaden davontragen, wenn sie ein nicht altersgerechtes Game spielen.

Wichtig ist, dass man als Eltern ansprechbar bleibt, damit das irritierte oder beunruhigte Kind weiss, dass es mit ihnen darüber sprechen kann und nicht gleich ein Gameverbot auferlegt bekommt. Vielmehr geht es darum, gemeinsam mit dem Kind zu klären, wie es negative Erlebnisse künftig vermeiden kann.
Daniel Süss

Ab welchem Alter ist das Computergame Fortnite freigegeben?

Laut PEGI, dem europaweiten Alterseinstufungssystem für Computerspiele, ist das Spiel ab 12 Jahren freigegeben. Das Alter legen bei PEGI die Hersteller fest. Wenn Eltern ein Gefühl für ein Game bekommen möchten, schauen sie sich am besten einen Trailer des Spiels an. Nur weil ein Spiel ab 12 Jahren freigegeben ist, heisst das nicht, dass Eltern ihrem 12-Jährigen das Spiel auch erlauben müssen.
Thomas Feibel

Mein Sohn spielt am liebsten brutale Ego-Shooter. Macht ihn das gewalttätig?

Dass brutale Spiele gewalttätig machen, kann ich nicht bestätigen. Was in gewalthaltigen Spielen erlebt wird, ist vor allem der Wettkampf. Da geht es darum, Kompetenzen zu entwickeln und gemeinsam im Team etwas zu erreichen. Wenn man Jugendliche fragt, welche Games Aggressionen bei ihnen auslösen, dann sind es nicht die Shooter, sondern die Sportspiele.

Kinder und Jugendliche können sehr wohl zwischen einem Wettkampf im Spiel und der Realität unterscheiden. Aber es gibt auch Risikokonstellationen. Wenn jemand in einem gewaltbereiten Umfeld lebt, sich ausgegrenzt oder unter Druck fühlt und dann häufig gewalttätige Spiele spielt, kann das seine Einstellung gegenüber Gewalt verändern.
Daniel Süss

Was soll ich tun, wenn mein Kind stundenlang in Spielwelten versinkt?

Wenn sich jemand aus Games nicht mehr befreien kann, hat das auch etwas mit seinem sozialen Umfeld zu tun. Ich glaube, man ist immer dann gewillt, sich besonders tief in Spielwelten zu stürzen, wenn das Leben gerade nicht so viel Spass macht oder man sich nicht besonders wohlfühlt. Dann sucht man diesen Eskapismus, wofür sich Spiele bestens eignen. Ich würde versuchen, Alternativen anzubieten. Oder einfach mal ein Hardcore-Cut: Wir gehen jetzt in die Berghütte. Punkt. 
Philomena Schwab

Die eigene Gefühlswelt kann im Computerspiel besser auf Distanz gehalten werden.

Christine Tresch

Warum sind Buben stärker an Computerspielen interessiert als Mädchen?

Das hängt unter anderem mit der Distanzierungsmöglichkeit zusammen, die das Gamen mit sich bringt. In einem Buch können emotionale Passagen auftauchen, die vielen Jungs in einem gewissen Entwicklungsalter zu nahe kommen.

Die eigene Gefühlswelt kann im Computerspiel besser auf Distanz gehalten werden. Da spielt sicher auch das Genderklischee eine Rolle, dass ein Junge nicht zu viel Emotionen zeigen darf. Dazu kommt der kompetitive Charakter von Computerspielen. Auch darauf scheinen Jungs mehr anzusprechen.
Christine Tresch

Mein Kind hat auf dem Tablet ­seines Grossvaters 6000 Franken verzockt. Bekommen wir das Geld zurück?

Das Geld wiederzubekommen, ist nicht sehr realistisch. Wir empfehlen darum, keine Kreditkarte als Zahlungsmittel zu hinterlegen und auf Apple-Geräten In-App-Käufe zu deaktivieren oder mit einem Code zu sichern. Bei Android geht das über den Google Play Store. Das ist aber nur die technische Sicherheitseinstellung und keine pädagogische Massnahme.

Wir empfehlen, sich für Games oder auch andere Apps, in denen man Geld ausgeben kann, mit Prepaid-Karten zu organisieren, also Guthaben aufzuladen. Dabei kann man gut mit dem Kind zusammen überlegen, wie viel Guthaben sinnvoll oder vertretbar ist. 
Daniel Betschart

Unsere Tochter will Gamedesignerin werden. Wie kann ich ihr dabei helfen?

Ich rate dazu, mit Papier, Schere, Stiften und Würfel ein Brettspiel zu designen. Das ist eines der ersten Module aus dem Studiengang «Game Design». Ausserdem gibt es praktische Tools wie «Scratch» und «Game Maker». Ansonsten empfehle ich, ein Gamestudio in der Umgebung aufzusuchen. Und noch ein Tipp: Am Schweizer Zukunftstag machen oft auch Spielestudios mit. www.nationalerzukunftstag.ch
Philomena Schwab

Meine Tochter möchte jetzt «Let’s Playerin» werden. Soll ich ihr davon abraten?

Der Beruf klingt sehr verlockend: Spiele spielen, alle Leute finden dich megacool und du verdienst sehr viel Geld. Dabei wird leicht übersehen, wie viel Arbeit dahintersteckt. Ich empfehle, es einfach mal auszuprobieren: Einen Youtube-Kanal erstellen, ein Spiel spielen, das Ergebnis hochladen und dann plötzlich feststellen, dass ich keine Views bekomme. Das desillusioniert. Wer sich so etwas aufbauen möchte, braucht viel Durchhaltevermögen.
Philomena Schwab

Sucht ist ein sehr komplexes Thema. Eine reine Erfassung von Spielzeit in Minuten oder Stunden reicht nicht.

Daniel Betschart

Mein Sohn spielt mehrere Stunden täglich Games. Ist er spielsüchtig

Sucht ist ein sehr komplexes Thema. Eine reine Erfassung von Spielzeit in Minuten oder Stunden reicht nicht. Nicht jede intensive Spielphase ist eine Sucht. Vielmehr müssen die problematischen Aspekte erkannt werden: Leidet der Alltag meines Kindes darunter? Werden durch das Gamen wichtige Dinge wie Leistungen in Schule und Ausbildung vernachlässigt?

Schläft es kaum noch? Finden keine sozialen Kontakte mehr statt? Zeigt das Kind Entzugserscheinungen, wenn es nicht gamen kann? Nimmt die sogenannte Toleranzentwicklung zu, sprich, braucht es mittlerweile zwei Stunden Gamen statt eine, um das gleiche «positive Gefühl» zu erleben? Dies wären wichtige Anzeichen für einen problematischen Verlauf.
Daniel Betschart

Darf ich meinem Kind bestimmte Spiele verbieten?

Ja, wenn es sich um brutale Games handelt oder um solche für Erwachsene. Ich empfehle Ihnen aber, das Verbot gut zu begründen.
Thomas Feibel

100 Fragen und 100 Antworten: Hier erfahren Sie mehr über die Expertinnen und Experten aus unserem grossen Mediendossier.

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