«Meine Eltern lassen mich nicht gamen»
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«Meine Eltern lassen mich nicht gamen»

Lesedauer: 3 Minuten

Michi ist mit 10 Jahren der älteste von drei Geschwistern. Es nervt ihn, dass seine Eltern ihm das Gamen nicht erlauben. Unsere Expertin Sarah Zanoni hat einen hilfreichen Tipp für ihn.

Text: Sarah Zanoni
Bild: Pexels

«Frag doch mal Sarah»

Ich bin 10 Jahre alt und habe zwei jüngere Geschwister. Meine Eltern lassen mich nie gamen. Aber mir würde das so grossen Spass machen. Wie kann ich meine Eltern dazu bringen, dass sie mir das erlauben?
Michi, 10 Jahre

Lieber Michi
Du bist das älteste Kind deiner Eltern. Das ist etwas Wunderbares, denn das erstgeborene Kind ist für alle Eltern etwas ganz Besonderes, weil sie vorher eben noch gar keine Kinder hatten und mit dir zusammen die Welt des Familienlebens kennenlernen konnten. Das Problem ist aber manchmal, dass man als Erstgeborener um Sachen kämpfen muss, die dann den Geschwistern viel rascher erlaubt werden. 

Der Suchtfaktor beim Gamen

Ich glaube aber, dass du sehr gute Eltern hast! Darüber darfst du glücklich sein. Denn sie kümmern sich um dich und ihnen ist es nicht egal, womit du deine Zeit verbringst. In der virtuellen Welt der Games gibt es leider manches, das für deine Entwicklung nicht besonders gut wäre: zum Beispiel Gewaltspiele und viele Elemente, die junge Menschen süchtig werden lassen.

Einige Spiele sind so angelegt, dass du immer weiter und weiter spielen musst, um von Level zu Level hochzusteigen. Das macht natürlich grossen Spass und die Erfolgserlebnisse lösen Glücksgefühle aus. Aber dahinter steckt eine riskante Sache: der Suchtfaktor. 

In der heutigen Zeit ist es normal, dass ein aufgeweckter Junge wie du gerne an diesen Geräten spielen möchte.

Ich kenne inzwischen einige Jungs im Alter von etwa 15 Jahren, die so spielsüchtig geworden sind, dass sie nachts bis vier Uhr am PC gamen anstatt zu schlafen. Morgens verschlafen sie regelmässig oder sind einfach nicht fit genug, um aufzustehen und zur Schule zu gehen. Du kannst dir selber ausmalen, dass deren Schulnoten bald in den Keller rasseln. Das gibt dann richtig grosse Probleme: Wie sollen diese Jugendlichen eine Berufsausbildung oder Lehre machen können?

Ich bin mir sicher, dass du nicht süchtig werden möchtest und gar nicht so weit voraus gedacht hast. Aber deinen Eltern ist es bewusst, dass beim Gamen ein Risiko besteht, dass auch dir sowas passieren könnte. Umso mehr passen sie auf dich auf, um dich davor zu bewahren. 

Trotzdem leben wir in einer Zeit, in der Computer und Co. nicht mehr wegzudenken sind. Ihr Kinder wachst damit auf und müsst lernen, damit umzugehen. In der heutigen Zeit ist es ganz normal, dass ein aufgeweckter Junge wie du gerne an diesen Geräten spielen möchte.

Ich schlage dir also vor, dass du deine Eltern um ein Gespräch bittest. Sag ihnen, dass es um das Thema Gamen geht und du ihnen einen Vorschlag machen möchtest: Da du nun schon 10 Jahre alt bist und am Beginn der Pubertät stehst, sei es für dich wichtig, wenigstens ein bisschen das Gamen kennenzulernen.

Positive Aspekte des Gamens

Sag ihnen, dass du offen bist für die Art des Spiels. Es muss keine Gewalt beinhalten. Denn es gibt Spiele, die beispielsweise auf Sport oder Lego aufgebaut sind. Oder solche, in denen man Welten kreiert, Häuser baut oder Autorennen bestreitet. Manche lassen sich auch als ganze Familie spielen. Erklär deinen Eltern, dass man dabei Fitness, Geschicklichkeit und Konzentration, Kreativität und Organisationstalent trainieren kann. 

Lass deine Eltern die Spielzeit und -dauer bestimmen und akzeptiere diese.

Nun wird es bestimmt noch um zwei weitere Themen gehen: Geld und Zeit. Die Spiele kosten oft etwas oder man muss eine Playstation kaufen. Vielleicht hast du dein Taschengeld gespart und kannst etwas dazu beisteuern? Oder du bietest deinen Eltern an, dafür im Haus oder Garten mitzuhelfen.  

Lass deine Eltern die Spielzeit und -dauer bestimmen und akzeptiere diese. Die meisten Eltern nerven sich nämlich sehr, wenn ihr Kind immer dann ein Theater macht, wenn es aufhören sollte. Viele Kinder quengeln rum, in der Hoffnung, länger spielen zu dürfen.  

Versuch bitte einmal, dir Folgendes vorzustellen: Dein Geschwister darf mit einem deiner Spielsachen spielen. Und wenn du es wieder zurückhaben möchtest, gibt es dies nicht mehr her oder schreit und tobt herum. Wie wäre das für dich? Siehst du: Genauso ginge es deinen Eltern, wenn du die erlaubte Game-Zeit nicht einhalten würdest.  

Erklär also deinen Eltern, dass du dir über all das Gedanken gemacht hast. Und schlage ihnen vor, dass ihr die wichtigsten Punkte schriftlich festhalten solltet. Wenn du und deine Eltern mit allem einverstanden seid, könnt ihr diese Vereinbarung unterschreiben. Nun ist es an dir, zu zeigen, dass du vernünftig und gross genug bist, dich an die Abmachungen zu halten.  

Viel Erfolg!

Frag doch mal Sarah

In unserer Rubrik «Frag doch mal Sarah» beantwortet Jugendcoach Sarah Zanoni Fragen von Kindern und Jugendlichen.

Hast du auch eine Frage, die du ihr gerne stellen würdest? Dann sende eine E-Mail an online@fritzundfraenzi.ch oder kontaktiere uns auf unseren Social-Media-Kanälen.

Jugencoach Sarah Zanoni

Sarah Zanoni
arbeitet seit rund 20 Jahren als Jugendcoach mit Kindern und Jugendlichen aller Altersstufen. Sie hält Vorträge und Seminare rund ums Thema Kind und Jugend und hat Bücher dazu publiziert. Sie ist Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und lebt im Kanton Aargau. Ihre Hobbys sind ihre Hunde, Krimis, Reisen und Schreiben.

Alle Texte von Sarah Zanoni

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