Was ist wichtiger: die reale oder virtuelle Welt? - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Was ist wichtiger: die reale oder virtuelle Welt?

Lesedauer: 2 Minuten

Eltern sehen es lieber, wenn sich ihre Kinder im realen Leben statt online treffen. Jugendliche sind da wesentlich entspannter.

Text: Michael In Albon
Bild: iStockphoto

In Zusammenarbeit mit Swisscom

Was ist wertvoller: der physische oder der virtuelle Kontakt? Die meisten Erwachsenen antworten darauf, ohne zu zögern: Das persönliche Zusammensein ist sicher besser! Viele werden daher diese Aussage nicht mögen, aber ich finde: Es kommt darauf an. 

Kinder und Jugendliche wechseln mit geradezu atemberaubender Nonchalance zwischen realer und virtueller Welt hin und her. Zuerst wird zwei Stunden Fussball gespielt, dann bricht die Gruppe ihre Zelte auf dem Pausenplatz ab, alle eilen nach ­Hause, um 15 Minuten später als Gruppe eine Runde Fortnite zu spielen. Das Gespräch wird praktisch am selben Punkt wieder aufgenommen – der Übergang in die virtuelle Kommunikation ist offenbar nur für die Eltern ein Problem. 

Jugendliche können den physischen Umgang mit anderen Menschen manchmal als belastend empfinden.

Dass sich Kinder und Jugend­liche nicht mit der Frage aufhalten, ob ein Gespräch im Chat oder von Angesicht zu Angesicht stattfindet, sollten wir Eltern respektieren. So zeigt sich eben die der jungen Generation eigene Flexibilität. Selbstverständlich nehmen sie dabei das beste aus zwei Welten in Anspruch – warum auch nicht? 

Als Erwachsener weiss ich aber auch aus eigener Erfahrung: Jugendliche können den physischen Umgang mit anderen Menschen manchmal als belastend empfinden. Der Körper verändert sich in der Pubertät, man fühlt sich unsicher, linkisch, weiss nicht recht, was man spontan sagen soll.

Entsprechend sind Jugendliche manchmal entspannter, wenn sie am Bildschirm kommunizieren können. Dazu gibt es eine interessante, wenn auch schon etwas ältere Studie des deutschen Instituts für Demoskopie Allensbach: Nur gerade 36 Prozent der 14- bis 19-Jährigen hielten 2009 das persönliche Gespräch für die angenehmste Gesprächsform. 

Bei einem Rückzug in die virtuelle Welt sollten Eltern reagieren

Es gehört zu jeder älteren Generation, die gegenwärtige Jugend als widerspenstig und aufmüpfig zu empfinden. Diese Musik, der Kleiderstil, die mangelnde Leistungs­bereitschaft! Und eben auch: ihre Kommunikation.

Wir sollten akzeptieren, dass für Teenager virtuelle und reale Treffen gleichwertig sind und zur Jugendkultur gehören.

Zu wissen, dass es unseren Eltern mit uns selbst wohl ebenso ergangen sein muss, ist beruhigend. Es enthebt uns aber nicht der Verantwortung, die feinen Unterschiede und auch Risiken zu erkennen und adäquat zu reagieren.

Insbesondere, wenn sich Kinder oder Jugendliche überwiegend ins Virtuelle zurückziehen, sollten Eltern das Gespräch suchen. Denn der reale Kontakt mit anderen ­Menschen ist in diesem Alter ein wichtiges Übungsfeld, um soziale Kompetenzen aufzubauen und zu festigen. Gleichzeitig sollten wir uns entspannen und akzeptieren, dass für Teenager virtuelle und reale Treffen durchaus gleichwertig sind und zur Jugendkultur gehören.

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Michael In Albon
ist Beauftragter Jugendmedienschutz und Experte Medienkompetenz von Swisscom.

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