Schule: So klappt der gegenseitige Austausch
Merken
Drucken

So klappt der Austausch mit der Schule

Lesedauer: 4 Minuten

Wie lassen sich Konflikte zwischen Eltern und Schule vermeiden oder lösen? Und welchen Beitrag können Eltern dazu leisten, dass ihre Kinder die Schulzeit positiv erleben? Teil 7 unserer Serie «Wie Familie gelingt».

Text: Gisela Kilde
Bild: Adobe Stock

Die Eltern sind grundsätzlich in allen Lebensbereichen ihres Kindes die ­Entscheidungsträger. Bei der Zuteilung in eine öffentliche Schule, bei der Wahl der Lernin­halte und der Lehrmethoden aber bleiben sie aussen vor. Der Staat übernimmt in grossen Teilen die organisatorische, finan­zielle und inhaltliche Verantwortung für eine möglichst chancengleiche Ausbildung der Kinder.

Die Pflicht der Eltern ist es, ihren Kindern ­diese Bildung zu ermöglichen und durch ihre Unterstützung dem Kind zu helfen, sich im Schulsystem zurechtzufinden. Damit das Kind das Schulleben als positiv erleben kann, dürfen und müssen die Eltern dabei eine aktive Rolle einnehmen. Zugleich bestimmt der Schulrhythmus die Erholungszeiten in der Familie, sei dies durch die morgendlichen Aufstehzeiten oder durch die vorgegebenen Schulferien.

Die Kooperation zwischen ­Eltern und Schule wird ­begünstigt, wenn beide Seiten transparent sein dürfen. 

Sind Kinder organisatorisch oder im Lernen überfordert, unterstützen die Eltern sie entweder selber oder unter Zuhilfenahme von Dritten. Meistens werden diese Veränderungen, die spätestens mit dem Schuleintritt des ältesten Kindes den Alltag der Familien für lange Jahre prägen, gut akzeptiert und mitgetragen. Allerdings können punktuell Konflikte entstehen, weil beispielsweise Lerninhalte vermittelt werden, die dem elterlichen Weltbild diametral entgegenstehen. Oder Eltern können Lehrmittel als ungeeignet, schwierig und hinderlich für den Lernerfolg ihres Kindes erfahren. Oder Lehrpersonen werden als zu streng oder zu lasch für eine erfolgreiche Schulkarriere des Kindes empfunden.

Erwartungen, Möglichkeiten und Grenzen

Durch die vielfältigen Überkreuzungen von Familienleben und Schule können Konflikte entstehen. Um diese im Interesse des Kindes nicht eskalieren zu lassen, helfen gewisse Rahmenbedingungen, eine Vertrauensgrundlage zu bilden. So ist es für eine konstruktive Zusammenarbeit insbesondere wichtig, dass ein Austausch möglich ist, an dem beide Parteien offen und transparent über Erwartungen, Möglichkeiten und Grenzen der Unterstützung für das Kind sprechen können.
Die Kooperation zwischen Eltern und Schule wird begünstigt, wenn beide Seiten transparent sein dürfen, wenn die Zuständigkeiten klar sind und respektiert werden und wenn genügend Gesprächs- und Begegnungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Damit alle Eltern die Möglichkeit haben, wichtige Informationen rund um den Schulalltag zu erhalten und zu wissen, was auf das Kind – und damit auch auf die Eltern – zukommt, stehen Schulen und ihren Lehr­personen diverse Möglichkeiten offen. Vonseiten der Schule dienen dazu etwa Informationsanlässe, Willkommensgespräche, falls notwendig mit Dolmetscherdienst, aber auch eine Website, auf der die wichtigsten Informationen jederzeit erhältlich sind. Besuchstage in der Schule, Schulfeiern und Aufführungen sind wertvolle Aktivitäten, die den Eltern Einblick in das Schul­leben geben und das Vertrauen und Wohlwollen gegenüber der Schule stärken können.

Angebote der Schule wahrnehmen

Weiter kann ein besseres Verständnis für die gelebte Schulkultur respek­tive eine gegenseitige Annäherung von Eltern und Schulleitung durch institutionalisierte Formen der Elternbeteiligung erreicht werden: etwa einen Elternrat, Elternforen oder Elterncafés. Die Lehrperson ihrerseits informiert regelmässig an Elternabenden über genutzte Lehrmittel, die vorgesehene «Hausaufgabenkultur» oder anstehende Schulprojekte. Sie stellt den Eltern verschiedene Kommunikationswege zur niederschwelligen Kontakt­nahme zur Verfügung und reagiert möglichst unverzüglich auf elterliche Meldungen.

Wichtige Veränderungen im Familienalltag sollten Eltern den Lehrpersonen mitteilen.

Die Verpflichtung und Verantwortung auf der Seite der Eltern ist im Gegenzug, dass sie die schulischen Angebote zur Begegnung und zur Information annehmen und nutzen. Elterngespräche, Elternabende oder Informationsanlässe ermöglichen über den Informationsaustausch hinaus auch die Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen. Wichtige Neuigkeiten oder Veränderungen im Leben des Kindes sollten Eltern der Lehrperson mitteilen, denn ­diese Ereignisse können das Verhalten und die Stimmung des Kindes beeinflussen. 

Die Rolle des anderen respektieren

Die Lehrperson des Kindes möchte etwa über Probleme bei Hausaufgaben, Unwohlsein des Kindes in der Schule, belastende familiäre Situationen oder Veränderungen in der erzieherischen Betreuung informiert sein. Damit eine wertschätzende Zusammenarbeit gelingt, hilft es, wenn die verschiedenen Beteiligten – Eltern, Lehrpersonen und Schulleitung – die Rolle des anderen respektieren.

Für Kinder hat es eine besondere Wirkkraft, wenn Eltern und Schule sich gemeinsam um ihr Wohlergehen und ihren Lernerfolg kümmern. Bild: Getty

So sind Eltern, was das Kind betrifft, grundsätzlich die Entscheidungsträger und sie erziehen es ­entsprechend ihren eigenen Werten und Verhältnissen. Diese stimmen nicht immer mit denjenigen der Lehrperson überein. So liegt die Entscheidung, wie mit einer gesundheitlichen Einschränkung des Kindes umgegangen wird – ob mit Medikamenten, Therapie oder mit alternativen Mitteln –, in der Kompetenz der Eltern und, je nach dessen Alter, in derjenigen des Kindes. Die Lehrperson sollte diese Entscheidung respektieren und ihre Unterstützung anbieten.

Hingegen sind Lehrpersonen und die Schulleitung zuständig für die Gestaltung des Unterrichts, das Lernen sowie die Förderung überfachlicher Kompetenzen. Die Eltern haben in diesem Bereich kein direktes Mitspracherecht. Gegenseitiges Respektieren dieser Rollen ist wichtig, um in Konflikten eine Lösung im Sinne des Kindes zu finden. Für Kinder und Jugendliche hat es eine besondere Wirkkraft, wenn Eltern und Schule sich gemeinsam um ihr Wohlergehen und ihren Lernerfolg kümmern. In schwierigen Konstellationen kann ein «runder Tisch» mit allen beteiligten Fachpersonen und Familienmitgliedern helfen, eine gemeinsam getragene Lösung zu finden.

Fronten entschärfen

Ein häufiger Konfliktpunkt sind Leistungsbewertungen von Kindern und damit einhergehende Laufbahn­entscheidungen, wie etwa die Zuteilung des Niveaus auf der Oberstufe. In welcher Form und in welchem Mass Eltern und Kinder an diesen Entscheidungen beteiligt werden und welche Verantwortlichkeiten der Schulleitung und den Lehrpersonen obliegen, wird jeweils kantonal geregelt. 

Wichtig ist auch hierfür eine gute Zusammenarbeit. Sowohl Eltern als auch das Kind sollen vorgängig so über das anstehende schulische Verfahren informiert werden, dass sie die Folgen von Entscheidungen kennen und verstehen.

Jede Entscheidung der Schule oder der Behörde muss  grundsätzlich begründet werden.

Eltern und Kind zu konkret im Raum stehenden Fragen anzuhören und ihre Äusserungen bei der Entscheidungsfindung einzubeziehen, ist nicht nur deren Recht, es kann auch Fronten entschärfen. Da sich die Interessen des Kindes nicht mit der Meinung der Eltern decken müssen, sollte auch die Möglichkeit wahrgenommen werden, das Kind – ausserhalb des Unterrichts – anzuhören. Jeder Entscheid der Schule oder der Behörde muss grundsätzlich begründet werden. Kann die Familie den Entscheid nicht mittragen, stehen ihr Beschwerdemöglichkeiten zur Verfügung.

Das Kind muss stets im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Bild: iStockphoto

Eltern haben zudem Akteneinsichtsrecht, was bedeutet, dass über die Gespräche Protokolle verfasst werden müssen. Privatleben und öffentliches Interesse überschneiden sich im Schullalltag in hohem Mass. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass das Kind im Mittelpunkt der Überlegungen stehen muss.

Tragfähige Lösungen können nur unter Berücksichtigung der konkreten sozialen, emotionalen und kogni­tiven Bedürfnisse des Kindes ge­funden werden. In schwierigen Situationen kann eine neutrale, schulexterne Fach­person helfen, eine auf das Kindeswohl zentrierte Lösung zu finden.

Gisela Kilde
ist Leiterin der Fachstelle für Privatrecht sowie Dozentin an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW School of Management and Law.

Alle Artikel von Gisela Kilde

Mehr zum Thema Spannungsfeld Schule Elternhaus

Medienkompetenz
Lernen
Das kritische Denken als Kompass
Damit sich Kinder und Jugendliche in der digitalen Welt zurechtfinden, müssen Schule und Eltern sie auf dem Weg zur Medienkompetenz begleiten.
Zankapfel Hausaufgaben
Lernen
Zankapfel Hausaufgaben – unverzichtbar oder überholt?
Warum bergen Hausaufgaben so viel Zündstoff und sind der Anlass für unzählige kontroverse Debatten? Ein Erklärungsversuch.
ESL Sprachcamps Frankreich England HG
Advertorial
Sprachcamps mit ESL – der beste Weg eine Sprache zu lernen
Jugendliche und Kinder haben die Chance, eine unvergessliche Erfahrung in den ESL Sommer-Sprachcamps im Ausland zu machen.
Umfrage Schule Mercator Stiftung
Schule
Welche Schule will die Schweiz?
Die Mercator-Stiftung wollte von Eltern hierzulande wissen, wie sie sich die ideale Schule für ihr Kind vorstellen. Projektleiter Daniel Auf der Maur ordnet die Resultate ein.
Blog
Danke, dass ihr für mich da wart!
Wir brauchen Lehrerpersonen, die Kinder und Jugendliche mögen, ihnen etwas fürs Leben mitgeben möchten und Freude an ihrem Beruf haben.
Lernen
Hinschauen hilft
10 bis 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind gefährdet, gesundheitliche und soziale Probleme oder psychische Belastungen zu entwickeln. Was bedeutet das für Lehrerinnen und Lehrer?
Schule
Keine Panik vor dem Standortgespräch
Lädt die Lehrperson zum Gespräch in die Schule ein, sind viele Mütter und Väter zunächst verunsichert. Zu Unrecht.
Wenn zwei sich streiten, leidet das Schulkind
Lernen
Wenn zwei sich streiten, leidet das Schulkind
Lehrpersonen erleben noch häufiger Konflikte mit Eltern als mit Schülerinnen und Schülern. ­Die betroffenen Kinder geraten in einen Loyalitätskonflikt, der Hilflosigkeit und Sorgen auslöst.
«Wir haben das gesunde Mass verloren»
Lernen
«Wir haben das gesunde Mass verloren»
Sonderpädagogik-Experte Gérard Bless ist trotz vieler Stolpersteine ein Befürworter der integrativen Schule. Er erklärt, warum viele Lehrpersonen aussteigen, immer mehr Kinder therapiert werden – und ob Inklusion noch mehr Ressourcen braucht.
So wirkt sich Sport positiv auf das Lernen aus
Bewegung
So wirkt sich Sport positiv auf das Lernen aus
Die Psychologin Sharon Wolf ist der Frage nachgegangen, wie sehr Eltern in der Schule ihres Kindes präsent sein sollen.
Elternbildung
Meine 3 Höhepunkte als Schulleiterin
Welche Ereignisse vergisst eine Schulleiterin auch nach 20 Jahren nicht? Lisa Lehner blickt auf drei bewegende Momente zurück.
5. Klasse
Elternblog
Die 5. Klasse ist weniger schlimm, als Sie denken
Fritz+Fränzi-Redaktorin Maria Ryser über die Veränderungen in der Mittelstufe und wie sich Eltern selbst den Schuldruck nehmen können.
Elternbildung
Schminkverbot in der Schule – ja oder nein?
Die Lehrerin einer sechsten Klasse fordert die Eltern auf, ihren Töchtern zu verbieten, sich für die Schule zu schminken. Weltfremd oder berechtigt? Das sagt unser Expertenteam.
Elternbildung
Diese Schulen machen Eltern und Kinder sozial fit
Viele Schweizer Schulen bieten sozialpädagogische Konzepte an, die Kindern helfen sollen, ihre Sozialkompetenzen zu entfalten. Wie sich drei davon in der Praxis bewähren.
Elternbildung
«Eltern können die Einstellung ihrer Kinder gegenüber der Schule positiv beeinflussen»
Die Psychologin Sharon Wolf ist der Frage nachgegangen, wie sehr Eltern in der Schule ihres Kindes präsent sein sollen. Sie erläutert ein Programm, das die Beziehung zwischen Schule und Elternhaus verbessern soll.
Schule
Lehrerin und Mutter: In der Doppelrolle
Viele Lehrpersonen sind zugleich Eltern schulpflichtiger Kinder – auch die Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz Dagmar Rösler.
Elternbildung
Was tun, wenn die Lehrerin ein Kind vor allen anderen beleidigt?
Die Lehrerin im Kindergarten wertet ein Kind vor den anderen ab – wie soll ich reagieren? Ein Vater möchte Rat von unserem Experten-Team.
Wem gehört die Schule?
Schule
Wem gehört die Schule?
Früher gehörte das Schulhaus fraglos dem Hauswart. Wie sieht es in der zeitgemässen Schule von heute aus?
Entwicklung
Hilfe ohne Mahnfinger
Eltern und Lehrpersonen von verhaltensauffälligen Kindern stossen oft an ihre Grenzen. Unterstützung bietet eine sogenannte Multifamiliengruppe. Drei Schulpsychologinnen geben Einblick in ihre Arbeit mit einer Gruppe in Zürich.
Franca Portmann
Schule
«Schule kann man nicht erklären, man muss sie leben»
Franca Portmann, 53, arbeitet als Primarlehrerin in Wangen BE. An ihrer Schule veranstaltet sie ein Schulcafé, das Eltern vertiefte Einblicke in das Schulleben gibt.
Schule
«Man muss mit allem rechnen, auch mit dem Guten!»
Als Schulpsychologe unterstützt Benedikt Joos Lernende, Eltern sowie Lehrpersonen und bildet Beratungslehrkräfte aus. Im Interview erklärt er, wie sich Eltern am besten auf schulische Standortgespräche vorbereiten und eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Lehrperson begünstigen.
Schule
«Ich weiss, welche grosse Arbeit Lehrpersonen leisten»
Die Primarlehrerin Jasmin, 38, und der ­Ingenieur Fabian Bertschi, 38, leben mit zwei Söhnen, 10 und 11, und einer Tochter, 6, im Aargau. Von der Zusammenarbeit mit Lehrkräften können sie viel Positives berichten.
Wir erzählen: Daniel Kottmann, 43, Leiter Einkauf und Logistik, und Nicole Egli, 47, Lehrerin
Schule
«Es tat weh, zu sehen, wie unser Sohn teilweise litt»
Daniel Kottmann, 43, Leiter Einkauf und Logistik, und Nicole Egli, 47, Lehrerin, ­leben mit ihren beiden Kindern Ena, 7, und Bryn, 12, im Aargau. Sie glauben, dass Offenheit und gegenseitige Wertschätzung die wichtigste Voraussetzung sind, damit sich Kinder in der Schule wohlfühlen und gut lernen können.
Machen Sie Ihren Job, ich mache meinen
Schule
«Machen Sie Ihren Job, ich mache meinen!»
Mütter und Väter machen es Lehrkräften im Elterngespräch manchmal unnötig schwer. Unsere Autoren haben Lehrpersonen gefragt, welche Sätze sie besonders auf die Palme bringen.
Schule
Spannungsfeld Schule – Elternhaus: Wie ein Miteinander gelingen kann
Eltern und Schule rücken näher zusammen, bilden mehr und mehr eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft. Dieser Prozess verläuft nicht reibungslos: Manche Schulen sperren sich gegen diese Entwicklung. Und manche Eltern mischen sich zu sehr ein. Was braucht es, damit die Zusammenarbeit gelingt?