«Wir geben nicht stur den Tarif durch» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Wir geben nicht stur den Tarif durch»

Lesedauer: 2 Minuten

Fürs Jubiläumsheft geben Nina, 42, und Daniel Ernst, 48, und die Kinder Rafael, 15, Noah, 13, und Mia, 9, aus Kriechenwil BE dem Fotografen Fabian Hugo Einblick in ihr Leben. Hier erzählt Mutter Nina aus ihrem Familienalltag.

Aufgezeichnet von Virginia Nolan
Bild: Fabian Hugo / 13 Photo

«Nunmehr 15 Jahre ist es her, da wir ins Abenteuer Familie starteten. Seither haben wir Eltern unterschiedliche Modelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausprobiert. Als Rafael und Noah klein waren, war ich mehrheitlich zu Hause und Daniel Hauptverdiener. Einen Rollentausch wagten wir im Jahr 2010: Wir zogen mit Sack und Pack nach Neu-Delhi, wo ich eine Vollzeitstelle als Primarlehrerin an einer deutschen Schule antrat und auch Daniel eine neue Perspektive kennenlernte – als Hausmann. Die zwei Jahre in Indien waren eine in jeder Hinsicht bereichernde Erfahrung. Auch für uns als Paar: Es fördert das Verständnis füreinander, wenn man in eine Aufgabe hineinwächst, für die bisher hauptsächlich der Partner zuständig war, sei es die vollzeitliche Familienarbeit oder die finanzielle Hauptverantwortung.

Heute sind unsere Buben Teenager und Mia Primarschülerin. Wir Eltern sind beruflich wieder stärker engagiert: Daniel arbeitet 90 Prozent als Elektroprojektleiter, ich zu 60 Prozent als Primarlehrerin. Auch die Kinder haben mit Schule, Freunden und Hobbys – die Jungs spielen im Fussballverein, Mia ist in der Jugendriege aktiv und leidenschaftliche Reiterin – so allerlei um die Ohren. Uns Eltern ist es wichtig, dass die Kinder ein Hobby haben, ganz gleich, ob es der Turnverein, ein Musikinstrument oder ein Bastelkurs ist. Wir finden den Ausgleich zur Schule wertvoll, aber auch die soziale Erfahrung, die damit einhergeht: Man kommt mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt, lernt auf andere ein- und zuzugehen und hat eine Verpflichtung, die man nicht nach Lust und Laune über den Haufen werfen kann.
 

Mit steigendem Alter der Kinder ist unsere Familienzeit rar geworden, aber wir versuchen, ihr wo immer möglich einen Platz einzuräumen, meist in Form einer gemeinsamen Mahlzeit. Offenbar schätzen das auch die Kinder. Beispielsweise treffen Rafael und Noah ihre Freunde am Samstagabend immer erst nach unserem Familienessen, und dies von allein. Wir sind immer gerne mit den Kindern in die Natur gegangen – wandern, spazieren, Velo fahren, im Wald herumstromern. Wenn sich heute ab und zu einer der Grossen anschliessen mag, freut uns dies besonders. Ein Highlight, das sich bisher niemand entgehen lässt, sind unsere Familienferien: Im Winter fahren wir Ski, im Sommer gehts ans Meer oder auch einfach mal zum Genfersee. Weite Sprünge zu machen, ist uns nicht so wichtig, weil wir es auch zu Hause schön haben.

Wir lachen gerne und oft, haben aber auch unsere Zankäpfel – Stichwort Mediennutzung. Mia darf während einer Stunde pro Tag ein Tablet für Filmchen oder Spiele nutzen, dann schaltet das Gerät ab. Bei Rafael und Noah gestaltet sich die Sache komplizierter. Als sie jünger waren, hatten wir fixe Bildschirmzeiten, was uns weniger sinnvoll erscheint, je älter die Kinder werden. So ist der Laptop für einen Gymnasiasten wie Rafael ein wichtiges Arbeitsinstrument, auch Noah nutzt seinen für die Schule. Unsere Jungs gamen gerne, der Laptop ist daher höher im Kurs als ihr Smartphone. Mit beiden haben wir die Vereinbarung, dass sie ihre Geräte um 21 Uhr nach unten bringen – das Smartphone folgt meist etwas später –, und am Tisch haben Handy & Co. nichts verloren. Meist klappt das ganz gut. Am Ende verfahren wir beim Thema Medien nicht anders als in anderen Fragen: Wir geben nicht stur den Tarif durch, sondern suchen nach Wegen, auf Augenhöhe zu bleiben, auch an die Eigenverantwortung der Kinder zu appellieren.

Wir versuchen seit je, ihre Selbständigkeit zu fördern, indem wir ihnen viel zutrauen, sie oft machen lassen – aber auch ihren Beitrag einfordern, etwa bei der Mithilfe zu Hause. Unsere Kinder sollen die Erfahrung machen, dass ihr Handeln etwas bewirkt. Und sie sollen lernen, dafür einzustehen, wenn der Schuss dabei einmal nach hinten losgeht.»