Kita-Kosten bestrafen erwerbstätige Eltern
Die Kita-Kosten in der Schweiz sind hoch und belasten viele Familien. «Das ist unfair und gibt berufstätigen Müttern falsche Anreize», sagt Olivia Kühni von Alliance F. Eine Petition soll dies ändern.
Bei vielen Familien in der Schweiz frisst die monatliche Kita-Rechnung einen beträchtlichen Teil ihres Einkommens weg. Im Schnitt 35 Prozent eines Einkommens – in keinem anderen Land der Welt müssen die Eltern einen so hohen Anteil ihres Verdienstes für die familienergänzende Kinderbetreuung aufbringen wie in der Schweiz.
«Die Schweiz muss ein Land sein, in dem sich Erwerbsarbeit auch für Familien der Mittelschicht und insbesondere für Frauen lohnt», sagt Olivia Kühni von Alliance F, dem Bund Schweizerischer Frauenorganisationen.
Kita-Kosten sind keine individuelle Angelegenheit
Das Hauptproblem sei, dass man die Kita-Kosten hierzulande als individuelles Problem sehe. «Wer es sich leisten kann, gut, wer nicht, hat halt Pech gehabt. So die verbreitete politische Haltung. Es darf aber keine individuelle Angelegenheit sein. Weder im Interesse der Gesellschaft, noch jener der Volkswirtschaft», sagt Kühni.
Der Nationalrat hat nun im Frühling gehandelt: Er will, dass der Bund künftig 20 Prozent der Kita-Kosten von erwerbstätigen Eltern übernimmt. Damit entlastet er Familien direkt und dort, wo es wirklich etwas bringt. Die Vorlage droht allerdings beim Ständerat zu scheitern.
Die zuständige Kommission WBK-S weicht aus: Statt einen direkten und effizienten Beitrag an die Kita-Kosten der Eltern zu leisten, sollen Arbeitgeber zu höheren Familienzulagen verpflichtet werden.
Es wird von Müttern heute sehr viel erwartet. Wenn man sich gleichzeitig weigert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, ist das zynisch und inkohärent.
Olivia Kühni, Alliance F
«Für viele Familien wäre dies kaum mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein», sagt Kühni und ergänzt: «Statt Erwerbstätige zu entlasten, will man Wirtschaft und Erwerbstätigen eine weitere bürokratische und finanzielle Last aufbürden. Mit verheerenden Folgen für Familien: denn Unternehmen werden die Abgaben zumindest teilweise mit tieferen Löhnen ausgleichen. Das wollen wir verhindern.»
Falsche Signale an erwerbstätige Mütter
Man hat auf Bundesebene in den vergangenen Jahren mehrfach Signale an die Frauen gesandt, dass von ihnen ökonomische Unabhängigkeit erwartet wird. So hat etwa das Bundesgericht die Unterhaltszahlungen nach Scheidungen angepasst, das AHV-Alter wurde dem der Männer angeglichen, und der Bundesrat hat kürzlich auch eine Reform der Witwenrenten angekündigt, die Frauen nach dem Tod ihres Partners nicht mehr eine lebenslange Rente garantiert.
«Es wird von Frauen und insbesondere von Müttern heute sehr viel erwartet. Wenn man sich dann gleichzeitig weigert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen – mit dem Argument, das sei doch Privatsache –, ist das zynisch und inkohärent», sagt Olivia Kühni.
Für die Mittelschicht gibt es zudem eine Klippe, die viele Mütter davor abschreckt, weiterhin berufstätig zu sein: «Wenn das Zweiteinkommen gerade dafür reicht, die Kita-Kosten zu decken, lohnt sich der Wiedereinstieg kaum.»
Die Petition von Allianz F fordert vom Ständerat eine Reduktion der Kita-Kosten um 20 Prozent für erwerbstätige Eltern.
Hier gehts direkt zur Petition.