«Noah muss es selbst ausbaden, wenn er morgens zu spät kommt»
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«Noah muss es selbst ausbaden, wenn er morgens zu spät kommt»

Lesedauer: 1 Minuten

Ronny Spiegelberg ist alleinerziehender Vater. Der Verleger lebt mit seinem Sohn Noah in Birrwil AG. Die beiden sind ein eingespieltes Team – auch was den Umgang mit stressigen Situationen angeht.

Aufgezeichnet von Kristina Reiss
Bild: Désirée Good / 13Photo

Stress entsteht bei uns meist in den gleichen Situationen. Am Montagmorgen zum Beispiel, wenn nach dem Wochenende das Aufstehen schwerfällt. Oft kommt Noah dann auch noch in den Sinn, dass er dringend eine Unterschrift von mir braucht oder irgendwelche Hausaufgaben nicht gemacht hat. Mich macht das wahnsinnig, weil es alles so absehbar ist.

Gleichzeitig weiss ich: Damit das Ganze jetzt nicht eskaliert, muss ich möglichst ruhig bleiben. Und mir in Erinnerung rufen: ‹Er macht dies nicht, um dich zu ärgern. Er ist halt ein Teenager, bei dem sich gerade das ganze Hirn umbaut.› Ich überlasse es dann Noah, hektisch seine Sachen zusammenzusuchen, kommentiere es möglichst nicht, greife aber auch nicht helfend ein. Braucht er noch eine Unterschrift, bekommt er diese aber natürlich von mir.

Was uns kurz vor dem Durchdrehen hilft: tief ein- und ausatmen, den Raum verlassen oder aus dem Fenster schreien.

Dasselbe gilt für sein morgendliches Zeitmanagement. Auch hier lasse ich ihn mittlerweile einfach machen und nehme mich zurück. Selbst wenn ich sehe, dass nur noch zehn Minuten bis Unterrichtsbeginn bleiben und wir eigentlich dringend lossollten: Ich dränge ihn nicht mehr und warte im Auto.

Er muss es ausbaden, wenn er zu spät kommt, nicht ich. Lustigerweise funktioniert diese Taktik ziemlich gut. Bei aufkommendem Stress lautet meine Strategie also: Fuss vom Gas nehmen und nicht so sehr auf die Vorlagen meines Sohnes eingehen. Dies setzt allerdings voraus, dass ich selbst sehr ausgeglichen bin.

Was hilft, wenn wir nicht auf den gleichen Nenner kommen und einer kurz vorm Durchdrehen ist: tief ein- und ausatmen, den Raum verlassen oder aus dem Fenster schreien. Mittlerweile sind wir beide gut im Entschärfen von Situationen und es eskaliert recht selten zwischen uns.

Schnaufe ich mal tiefer ein und aus, fragt Noah: ‹Stresse ich dich gerade?› Es stimmt halt schon: Kinder können wir gar nicht erziehen; sie machen uns einfach alles nach.

Kristina Reiss
ist freischaffende Journalistin und Mutter einer Tochter, 12, und eines Sohnes, 9. Sie lebt mit ihrer Familie am Bodensee.

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