Was wird aus unseren Daten nach dem Tod?

Wir alle hinterlassen zu Lebzeiten eine Menge Spuren und Daten im Netz. So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass.
Manche Dinge im Leben schieben wir immer wieder auf. Nicht etwa aus Faulheit oder Zeitmangel, sondern weil sie uns besonders schwerfallen. Ich spreche davon, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen und seinen Nachlass zu regeln. Das ist aber heutzutage gar nicht so einfach. Früher wurden meist nur ganz konkrete Dinge vererbt: Wertgegenstände, Geldanlagen, Immobilien.
Neulich ist ein guter Freund überraschend gestorben. Seine traumatisierte Familie musste unter Zeitdruck nach Passwörtern und digitalen Zugängen suchen.
Doch im Internetzeitalter müssen wir nun auch digitale Hinterlassenschaften mitbedenken und uns der berechtigten Frage stellen, was eigentlich mit unseren Daten nach dem Tod geschehen soll. Um Missverständnisse zu vermeiden: In diesem Artikel geht es nicht um fein juristische Ratschläge zum Thema Erbschaft in der Digitalwelt, sondern um frühzeitig zu ergreifende Massnahmen, die unseren Angehörigen in einer hoffentlich sehr fernen Zukunft unnötigen Ärger ersparen sollen. Ein kurzes Beispiel zeigt, was geschehen kann, wenn wir derlei Vorkehrungen zu treffen versäumen.
Vor einigen Wochen ist ein sehr enger Freund von mir völlig überraschend gestorben. Seine traumatisierte Familie muss nun viele wichtige Dinge unter grossem Zeitdruck organisieren, entscheiden und erledigen. Nur kommen sie damit nicht so recht voran, da sie sich mit der lästigen und womöglich sogar aussichtslosen Suche nach Passwörtern und anderen digitalen Zugängen herumschlagen dürfen.
Passwortgeschützte Computer sind nicht zu knacken
Das Schweizer Erbrecht zählt zwar auch digitale Daten zur Erbmasse, «die auf einem lokalen Datenträger beziehungsweise Endgerät gespeichert sind», wie der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeaufragte auf seiner Website festhält. Aber was bitte nützt diese rechtliche Grundlage, wenn den Hinterbliebenen dazu die erforderlichen Kennwörter und Zugangscodes fehlen?
Leider kommt es oft vor, dass Ehepartner das Smartphone des Verstorbenen nicht entsperren können und ihnen deshalb der Zugriff auf wichtige Apps und Informationen vorenthalten bleibt. Ähnliches gilt für den Computer. Ist er passwortgeschützt, hält er zuverlässig wie ein Tresor die dringend benötigten privaten wie geschäftlichen Dokumente und Korrespondenzen unter Verschluss. Werden zudem aber die diversen digitalen Accounts des Toten nicht final deaktiviert, besteht die Gefahr, dass sie von Unbekannten für Identitätsdiebstahl und andere kriminelle Taten missbraucht werden. Aus diesen Gründen gilt es rechtzeitig entsprechende Vorsorge zu treffen. Doch wie beginnen?
Sich einen Überblick verschaffen tut not
Zugegeben, wir hinterlassen schon zu Lebzeiten unbemerkt viel mehr Daten, als wir überhaupt durchschauen können. Als besonders ideal hat sich darum eine Liste mit all unseren bewusst geführten Onlineaktivitäten erwiesen. Sie zu erstellen, kann ein abendfüllendes Programm werden, denn auf die Schnelle lässt sich gar nicht eruieren, welche Anzahl unterschiedlichster Accounts wir wo nutzen.
Sich zu Lebzeiten mit seinem digitalen Nachlass zu beschäftigen, ist mühsam. Aber wir dürfen uns nicht aus der Verantwortung stehlen.
Dass sie häufig nicht identische Benutzernamen und Passwörter innehaben, macht die Sache nicht unbedingt übersichtlicher – vor allem, wenn wir aus Sicherheitsgründen über die Jahre das Passwort immer wieder geändert haben. Fachleute raten darum zur Anschaffung eines sogenannten Passwortmanagers, um die Zugangsdaten aktuell zu halten. Testberichte dazu sind im Internet zu finden.
Bevollmächtigte Vertrauensperson bestimmen
Genau wie beim Testament auch sollte dann im Sterbefall jemand wissen, wo sich unter anderem diese erforderliche Liste befindet. Ratsam ist übrigens eine Papierversion, da USB-Sticks und andere Datenträger nach Jahren oder Jahrzehnten technischen Pannen zum Opfer gefallen sein können. Wer zum Thema digitaler Nachlass ganz sichergehen möchte, kann sich dazu auch den juristischen Beistand eines Anwalts suchen.
Doch selbst dann kommen wir nicht umhin, eine Liste mit Accounts und Kennwörtern anzufertigen. Am besten orientieren Sie sich an den folgenden Kategorien und Fragestellungen:
- Kommunikation
Was soll mit meinen privaten und beruflichen Mails und Messengerdiensten geschehen? - Finanzen
Welche Konten und Depots habe ich – und welche Onlinezugänge? - Versicherungen
Welche Versicherungen habe ich online abgeschlossen? - Digitale Geräte
Welche Geräte besitze ich, wie sind sie geschützt (Passwort, Fingerabdruck, Gesichtserkennung)? - Onlineabos
Welche Abos, etwa zu Software und Onlinenachrichten, nutze ich? - Cloudsysteme
Welche Daten liegen in welchen Clouds? Und was soll mit ihnen geschehen? - Websites
Habe ich eine private Website –und wenn ja: Soll sie weiter bestehen oder gelöscht werden? - Soziale Medien
Was passiert mit meinen Accounts bei Facebook, Instagram, Linkedin und Twitter? - Shopping
Welche Onlinekaufhäuser habe ich aktiv genutzt? - Sonstiges
Was soll mit meinen Onlinemitgliedschaften geschehen?
Sich über die eigenen Onlineaktivitäten einen Überblick zu verschaffen, ist gleichzeitig eine wunderbare Gelegenheit, sich von altem Ballast zu befreien und alle nicht wirklich benötigten Konten zu löschen. Kontrollieren Sie einmal im Jahr die Aktualität. Eintrag im Onlinekalender hilft. Ja, es ist mühsam, sich zu Lebzeiten mit solchen Fragen zu beschäftigen. Und ja, es ist legitim, die Gedanken an den eigenen Tod zu verdrängen. Aber wir dürfen uns nicht aus der Verantwortung unserer Familie gegenüber stehlen.
- Notieren Sie Name, Adresse und URL des jeweiligen Anbieters
- Halten Sie den entsprechenden Benutzernamen und das zugehörige Passwort fest.
- Hinterlassen Sie bei allen Messengerdiensten Mobilfunknummer und PIN der SIM-Karte.
- Schreiben Sie zu jeder Position, was Ihrer Meinung nach mit dem Account geschehen soll.