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«Wir sollten den Tod beim Namen nennen»

Lesedauer: 11 Minuten

Die Trauerexpertin Franziska Bobillier sagt, dass der Tod zum Tabu wurde, weil wir ihn aus dem Alltag verdrängt haben. Eltern sind deshalb bei Todesfällen oft überfordert, weiss die Psychologin – und erklärt, wie wir mit Kindern übers Sterben sprechen können.

Interview: Virginia Nolan
Bilder: Raffael Waldner / 13 Photo

Frau Bobillier, Sie begleiten Kinder und Jugendliche in Trauer ­psychologisch. Wie kommt so eine Begleitung typischerweise zustande?

Mein Spezialgebiet sind Trauerfälle innerhalb der Kernfamilie, also der Verlust eines Geschwisters oder Elternteils. Es sind in der Regel Väter oder Mütter, die sich melden, weil sie sich Sorgen machen, ob die Art und Weise, wie ihr Kind mit dem Tod des Familienmitglieds umgeht, normal sei. Kinder zeigen nach einem Verlust oft Verhaltensweisen, die nicht dem Bild entsprechen, das wir vom trauernden Kind haben.

Wie sieht dieses Bild denn aus?

In den Medien sehen wir meist dieselben Fotos zum Thema: Kinder, die ihre Hände vors Gesicht schlagen, mit tränenerfülltem Blick ins Leere starren – das ist Trauer, wie sie Erwachsene erwarten.

Kinder können ins Spiel vertieft sein und urplötzlich von ihrer Trauer ­überwältigt werden.

Neulich meldete sich eine seit Kurzem verwitwete Mutter, weil die Kindergärtnerin der Tochter Bedenken geäussert hatte: Das Kind spiele normal und weine nie, womöglich verdränge es seine Trauer. Das ist typisch: Erwachsene haben eine bestimmte Vorstellung von Trauer, und wenn Kinder sich nicht danach verhalten, denken sie, etwas stimme nicht.

Was unterscheidet kindliche von erwachsener Trauer?

Sie ist lebhafter. Kinder können ins Spiel vertieft sein und urplötzlich von ihrer Trauer überwältigt werden – ebenso rasch nehmen sie ihr Spiel wieder auf. Die deutsche Autorin Gertrud Ennulat prägte in diesem Zusammenhang den Begriff der Trauerpfützen, in die Kinder hineinstolpern und wieder heraushüpfen. Es handelt sich um eine ge­sunde Art, Gefühle zu regulieren.

Franziska Bobillier ist ­Fachpsychologin FSP an der Universitätsklinik für Kinder- und ­Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Biel und Autorin des Buchs «Trauernde Kinder und ­Jugendliche psychologisch begleiten» (Hogrefe 2022). Die 35-Jährige ist zudem Erziehungsberaterin, Schulpsychologin und angehende Fachpsychologin für ­Psychotherapie. Bobillier ist ­verheiratet und Mutter von Zwillingsbuben.

Auch trauernde Erwachsene schwanken zwischen verlustorientierten Mo­men­ten und solchen, in denen sie sich dem Leben zuwenden. Kinder tun dies aber viel sprunghafter, was Erwachsene ihnen oft als Unreife auslegen. Wenn sie ein Kind an einer Beerdigung spielen sehen, denken sie, es sei eben zu jung, um das Geschehene zu verstehen. 

Wann begreift ein Kind den Tod?

Die meisten wissenschaftlichen Publikationen nennen vier Aspekte in der Entwicklung des Todeskonzepts, die ein Kind mit der Zeit zu verstehen lernt. Erstens: Der Tod bedeutet völligen Stillstand der Körperfunktionen. Zweitens: Er ist nicht rückgängig zu machen. Drittens: Alle Lebewesen müssen einmal sterben. Viertens: Die Ursachen des Todes sind biologisch. Mit zunehmendem Alter begreifen Kinder diese vier Dimensionen meist in entsprechender Reihenfolge.

Wann ist ein Kind so weit?

Das hängt vom Entwicklungsstand ab. Durchschnittlich fangen Kinder ab etwa zwölf Jahren an, auf abstrakter Ebene zu denken und Annahmen zu treffen, die über ihre eigenen Erfahrungen hinausgehen. Sie beginnen, hypothetisch zu überlegen. Zum Beispiel: Alle Lebewesen müssen sterben. Meine Mutter ist ein Mensch. Daraus folgt: Auch meine Mutter muss einmal sterben.

In dieser Lebensphase begreift das Kind, dass nicht nur alte Menschen sterben können, es weiss, dass mit dem Tod alle Körperfunktionen enden, dass er irreversibel ist und biologisch bedingt, also nicht die Folge von Zauberei. Bei jungen Kindern ist dagegen das sogenannte magische Denken sehr ausgeprägt. 

Wie äussert es sich?

Im Vorschul- und Kindergartenalter beziehen Kinder fast alles auf sich selbst. Sie denken oft, dass sie Geschehnisse mit ihren Gedanken beeinflussen könnten. Das kann dazu führen, dass ein Kind sich für einen Todesfall verantwortlich fühlt, etwa, weil es einmal böse auf die verstorbene Person war. ­Diese Ich-Bezogenheit und das magische Denken nehmen mit steigendem Alter ab, mitunter neigen aber auch junge Schulkinder noch dazu.

Was ist in diesem Fall wichtig?

Zunächst sollte jedes Kind, das jemanden verliert, ungefragt darüber aufgeklärt werden, dass es am Tod der verstorbenen Person keine Schuld trägt. Auch über die Todesursache sollten Kinder Bescheid wissen. Im Fall einer Krankheit kann man ihnen erklären, dass es leichte bis schwere Erkrankungen gibt, dass die meisten davon heilbar sind, man durch sehr schwere Krankheiten aber auch sterben kann.

Die Vorstellung von Endgültigkeit kann Kinder ­verängstigen, weckt aber auch ­Nervenkitzel.

Ist etwa jemand an Krebs gestorben, sollten Kinder unbedingt erfahren, dass diese Krankheit nicht ansteckend ist und sie sich keine Sorgen machen müssen, weil sie die erkrankte Person besucht haben. Kinder wollen abschätzen können, unter welchen Umständen jemand sterben kann. So stellen sie manchmal sehr direkte Fragen.

Zum Beispiel?

Es kann sein, dass ein Kind nach einem Unfalltod Details wissen will: Wurde die Person im Auto zerquetscht? Quoll das Blut aus dem Fenster? War der Arm noch dran? Im Primarschulalter, also etwa ab sieben, entwickeln viele Kinder ein Gefühl für die Zeit und verstehen, dass der Tod endgültig ist. Die Vorstellung von Endgültigkeit kann sie belasten oder verängstigen, weckt aber auch Nervenkitzel. In diesem Alter ist es etwa typisch, dass Kinder sich für Gruselgeschichten und Details eines toten Körpers interessieren.

«Was wir Kindern nicht erklären, fantasieren sie sich zusammen», sagt Bobillier. «Das ist meist belastender.»

Wie reagieren Erwachsene auf solche Fragen?

Indem sie sachlich und unaufgeregt antworten: «Ja, der Arm war noch dran. Das Blut war im Auto und draussen.» Und sie sollten den Tod beim Namen nennen, eine Person für tot oder verstorben erklären, nicht davon sprechen, dass sie eingeschlafen sei oder der liebe Gott sie zu sich geholt habe. Solche Aussagen können Einschlafstörungen auslösen, weil kleine Kinder befürchten, sie könnten nicht mehr aufwachen. Kindern, die den Tod kognitiv noch nicht verstehen, hilft es zudem, sich dem Thema über die Sinne anzunähern.

Wie zum Beispiel? 

Man kann dem Kind erklären: «Wenn jemand stirbt, sieht es zwar so aus, als würde die Person schlafen. Aber der Unterschied ist, dass ihr Herz nicht mehr schlägt. Das Herz, das Blut durch den Körper pumpt und macht, dass wir uns warm anfühlen und bewegen können.»

Idealerweise darf ein Kind den Tod wortwörtlich ­begreifen, also die verstorbene Person anfassen.

Dann kann man sich gegenseitig die Hand auf die Brust legen, den Herzschlag fühlen – und dem Kind anschaulich vermitteln: Wir leben, unsere Herzen schlagen, unser Körper ist warm und beweglich. Die Toten aber haben keinen Herzschlag mehr, ihr Körper ist kalt und kann sich nicht rühren. Idealerweise darf ein Kind den Tod wortwörtlich begreifen, also die verstorbene Person anfassen.

Eltern denken womöglich, das könnte ihr Kind überfordern. 

Indem sie es beim Abschied aussen vor lassen, nehmen sie ihm die Gelegenheit, den Tod einer nahestehenden Person so zu erleben, dass es ihn am Ende besser einordnen und verarbeiten kann. Deshalb sollten Kinder auch Abschiedsfeier, Grabstein, Sarg oder Urne mitgestalten dürfen.

Für die verstorbene Person etwas zu tun, stärkt sie, weil sie sich dadurch weniger hilflos fühlen. Kinder gehen mit dem Tod meist recht natürlich um. Wenn Erwachsene Kinder solchen Erfahrungen nicht aussetzen wollen, tun sie dies – unbewusst – oft deshalb, um sich selbst zu schützen, da die Situation für sie selbst schwer auszuhalten ist. 

Inwiefern? 

Wir haben im Lauf unserer Sozialisierung gelernt, dass der Tod ein Tabuthema ist. Früher war er im Alltag viel präsenter. Der medizinische Fortschritt, aber auch die Individualisierung haben den Tod an den Rand der Gesellschaft verdrängt.

Wenn er eintrifft, sind wir überfordert. Eltern sind bereits beim Tod der Grossmutter verunsichert, wie sie ihn den Kindern erklären sollen. Stirbt ein Mitglied der Kernfamilie, sind viele sprachlos. Die Todesursache Suizid spielt in diesem Kontext sicher eine Sonderrolle. 

Kinder und Jugendliche in ihrer Trauer begleiten:

Lektüre, Fachwissen und Angebote für Betroffene – Empfehlungen von Trauer-Expertin Franziska Bobillier

Für Eltern und Bezugspersonen:
Chris Paul: Suizidtrauer bei Kindern und Jugendlichen angstfrei begleiten. AGUS-Schriftenreihe: Hilfen in der Trauer nach Suizid. Agus e.V., 6. Auflage 2019. Kostenfreier Download.

Für Lehrpersonen der Kindergartenstufe:

Margit Franz: Tabuthema Trauerarbeit. Kinder begleiten bei Abschied, Verlust und Tod. Don Bosco Medien, Neuausgabe 2021, ca. 25 Fr.

Für Lehrpersonen der Primarstufe:
Stephanie Witt-Loers: Sterben, Tod und Trauer in der Schule: Eine Orientierungshilfe. Vandenhoeck & Ruprecht; 1. Aufl. Edition (28. Oktober 2009)

Für psychologische Fachpersonen:
Franziska Bobillier: Trauernde Kinder und Jugendliche psychologisch begleiten. Hogrefe 2022, ca. 46 Fr.

Wie finden Erwachsene hilfreiche Worte dafür? 

Auch und gerade Suizid gilt es Kindern zu erklären – ohne die Todesart zu werten, etwa mit unsachlichen Erklärungsversuchen. Erwachsene sollten Suizid weder als «Freitod» idealisieren noch als «Selbstmord» abwerten, sondern eben von Suizid oder Selbsttötung sprechen.

Wie viel Information verträgt ein Kind?

Was wir Kindern nicht erklären, fantasieren sie sich zusammen, das ist meist belastender als die Realität. Darum ist eine sachliche Erklärung wichtig: «Papa hat sich an einem Baum aufgehängt und ist daran gestorben.» Man soll groteske Details auslassen, aber ehrlich beantworten, was das Kind wissen will.

Eltern sollten auch ihren eigenen Schmerz zulassen und nicht versuchen, Kinder davon zu verschonen.

Noch mit zwölf denken viele Kinder, dass Menschen nur aufgrund von offensichtlichen Ursachen wie Unfall, Krankheit oder Krieg sterben. Dass ein weniger gut sichtbares, nicht durch körperliche Versehrtheit erkennbares Leiden wie Depression mit dem Tod enden kann, können sie meist noch nicht verstehen.

Was kann zum Verständnis beitragen?

Psychische Krankheiten werden oft greifbarer, wenn Erklärungen den Bezug zum Körperlichen herstellen. Etwa: «Papa war schwer krank, aber die Krankheit war nicht in seinem Körper wie damals bei Opa, sondern in seiner Seele. Die Krankheit heisst Depression und kann so stark werden, dass jemand nichts Gutes mehr fühlt. Papa konnte aufgrund seiner Depression nicht mehr so denken und fühlen wie früher und wollte deshalb nicht mehr leben.»

Das Kind soll wissen, dass auch seelische Krankheiten oft geheilt werden können, wenn wir uns jemandem anvertrauen. Von seinen Eltern soll es lernen, dass es möglich ist, sachlich und liebevoll über einen Menschen zu sprechen, der sich getötet hat, dass auch schlimme Dinge nicht tabuisiert werden müssen und ein offener Umgang damit hilfreich ist. 

Was, wenn ein Kind in so einer ­Situation Schuldgefühle plagen?

Dann soll man diese nicht wegdiskutieren, sondern darüber sprechen. Schuldzuweisungen sich selbst oder anderen gegenüber sind bei Trauernden eine häufige Strategie, um das Unfassbare erklärbar zu machen. Bei Suizid in der Kernfamilie ist es aber wichtig, die Suizidalität der überlebenden Familienmitglieder abzuklären. Wobei gewisse Verhaltensweisen, die als Anzeichen erhöhter Suizidalität ­gelten – etwa der ausgesprochene Wunsch, selbst zu sterben –, auch Ausdruck von Trauer sein können, die vorübergehend völlig normal sind. Eine Fachperson kann das einordnen.

Ist eine Therapie für trauernde Kinder grundsätzlich ratsam?

Viele kommen auch gut ohne aus. Aber sie sind auf einfühlsame Bezugspersonen angewiesen. Viele Verhaltensweisen, die Erwachsene beunruhigen, sind nach einem Verlust erst mal normal. Häufiges oder gar kein Weinen, Wutausbrüche, aggressives Verhalten, Rückzug, Konzentrationsstörungen, Trennungsängste, Selbstzweifel oder nächtliches Einnässen: Trauerreaktionen sind vielfältig, ebenso die damit verbundenen Gefühle. Darüber sollten Kinder auch Bescheid wissen.

Franziska Bobillier mit Fritz+Fränzi-Redaktorin Virginia Nolan, r.

Was sind Alarmzeichen?

Wenn ein Kind selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten zeigt, wenn es Suizidabsichten äussert, Essstörungen entwickelt oder Ängste, die ihm den Alltag deutlich erschweren. Eltern kennen ihr Kind am besten. Wenn sie sich unsicher fühlen, sollten sie sich bei einer Fachstelle melden. Oft reicht ein Telefonat oder ein Mailaustausch, um ihre Sorgen zu relativieren. Eltern müssen das nicht allein schaffen. Ausserdem sollten sie ihren eigenen Schmerz zulassen und nicht versuchen, Kinder davon zu verschonen.

Warum nicht? 

Wenn Erwachsene ihren Schmerz verbergen und abwiegeln, wenn sie darauf angesprochen werden, kann das Kinder dazu veranlassen, ihre Trauer selbst zu unterdrücken. Es verunsichert sie. Manche zeigen dann ein überangepasstes Verhalten, um ihre Bezugspersonen nicht zu belasten. Auch Jugendliche haben in dieser Hinsicht feine Antennen – wenn sie den Eindruck vermitteln, nicht zu trauern, kann es sein, dass sie dies tun, weil sie spüren, wie verletzlich ihre Umgebung ist. Man weiss aber auch, dass es für manche Jugendliche oft die einzige Bewältigungsstrategie ist, sich cool zu geben und nicht auf Gesprächsangebote einzugehen.  

Was dann? 

Ich würde mir den Rest angucken: Ist das Kind sozial gut eingebunden, geht es zur Schule und seinen Hobbys nach? Wenn dem so ist, läuft vieles gut. Es gibt Wege, Kindern auch ohne Worte zu signalisieren, dass sie gesehen werden.

Man kann sich beispielsweise einen Pflasterstein nehmen, sich zum Kind setzen und fragen: Was sind Dinge, die dir in schwierigen Momenten guttun würden? Sei dies Alleinsein, das Lieblingsessen oder ein Filmabend – auf jede Seite des Pflastersteins malt man das jeweilige Symbol dafür. Wenn das Kind in Stimmung ist, kann es sich überlegen, was es von seiner Bezugsperson braucht, und den Stein entsprechend platzieren. Manchen Kindern hilft es, sich mit Gleichaltrigen in einer Trauergruppe auszutauschen, gerade Jugendlichen fällt das oft leichter. Es gibt auch gute Onlineangebote.

Was können Lehrpersonen tun?

Erst mal geht es darum, sich einen Überblick zu verschaffen: Was ist der Informationsstand des Kindes? Wie soll der Todesfall in der Schule kommuniziert werden? Was ist der Familie wichtig, was will das Kind? Lehrpersonen sollten sich nicht scheuen, mit der Familie Kontakt aufzunehmen, um diese Dinge zu besprechen, denn viele Kinder schätzen es, wenn sie selbst bestimmen können, wie ihr Verlust in der Klasse thematisiert wird.

Nach einem ­Verlust möchten Kinder in der ­Schule ein Stück Normalität, keinen ­Sonderstatus.

Die meisten Eltern sind offen dafür. Andernfalls würde ich das Thema Tod im Unterricht trotzdem aufzugreifen versuchen, denn Kinder beschäftigt das Geschehene. Das geht auch ohne auf den konkreten Fall einzugehen. Es gibt dazu hilfreiche Bücher, die Lehrpersonen Praxishilfen dazu an die Hand geben.

Wie können Lehrpersonen betroffene Kinder längerfristig unterstützen?

Von den Kindern höre ich oft, dass sie es hilfreich finden, wenn die Lehrperson sie wissen lässt: Wenn du etwas brauchst, bin ich für dich da, du kannst jederzeit kommen. Was die Kinder allesamt betonen: Dass sie es schätzen, wenn die Lehrperson sie normal behandelt, was schulische Dinge betrifft. Sicher ist es wichtig, als Lehrperson auch Anteil zu nehmen, nachzufragen, wie es der Schülerin oder dem Schüler geht – aber nicht ständig. Nach einem Verlust möchten Kinder in der Schule keinen Sonderstatus, sondern ein Stück Normalität zurück.

Viele Menschen sind im Umgang mit Trauernden verunsichert, wissen nicht, was sie sagen sollen.

Das Schlimmste wäre, der Familie deshalb aus dem Weg zu gehen. Gerade bei Suizid hat das Umfeld Angst, etwas falsch zu machen. Aber: Sie müssen Trauernden nichts «Intelligentes» sagen. Bekunden Sie aufrichtig Ihr Beileid, verzichten Sie auf Ratschläge und halten Sie sich im Zweifel kurz: «Ich bin unendlich traurig darüber, was euch passiert ist. Ich weiss nicht, was ich sagen soll, mir fehlen die Worte.» Was hilft, sind Entlastungsangebote, wobei es etwas zu beachten gilt.

Nämlich?

«Melde dich, wenn du etwas brauchst» – die Aussage ist gut gemeint, doch Trauernde haben meist nicht die Kraft, um Hilfe zu bitten. Besser ergreifen Nachbarn, Freunde und Angehörige selbst die Initiative und machen konkrete Entlastungsvorschläge – Fahrdienste übernehmen, etwas mit den Kindern unternehmen, einkaufen, im Haushalt helfen. Sie können auch einfach einen Kartoffelsalat vor die Tür stellen. Hauptsache, man lässt die Familie nicht allein. Das Wichtigste im Umgang mit Trauernden ist die Botschaft: Ich bin für euch da.

Online-Angebote für Kinder und Jugendliche:

  • apartofme.app «Apart of Me – Dein Guide durch die Trauer» ist eine vielfach ausgezeichnete therapeutische App. Sie wurde von Experten der Kinderpsychologie in Zusammenarbeit mit trauernden Kindern und Jugendlichen geschaffen und überträgt Techniken der Trauerbewältigung in eine magische 3D-Welt.
  • www.frnd.de Der Verein Freude fürs Leben klärt Jugendliche und junge Erwachsene über die Themen seelische Gesundheit, Depression und Suizid auf und bietet Soforthilfe.
  • www.leuchtturm-on.de Online-Beratung für Kinder und Jugendliche, die einen Menschen durch Suizid verloren haben.
  • www.doch-etwas-bleibt.de Trauerchatroom für Jugendliche und junge Erwachsene.
  • www.da-sein.de Online-Beratung und Podcast von Jugendlichen und jungen Erwachsene für Gleichaltrige in Zeiten von Krankheit, Verlust und Trauer.
  • www.verein-refugium.ch Selbsthilfe und Austausch für Hinterbliebene nach Suizid.

Virginia Nolan
ist Redaktorin, Bücherwurm und Wasserratte. Sie liebt gute Gesellschaft, feines Essen, Tiere und das Mittelmeer. Die Mutter einer Tochter im Primarschulalter lebt mit ihrer Familie im Zürcher Oberland.

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