«Die Trauer um Daddy verändert sich. Sie ist jetzt weniger gross»

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Christian König starb vor einem Jahr an Schleimhautkrebs. Seine Kinder Rafael und Aline gaben ihrem Papi einen Auftrag mit für die Zeit nach seinem Tod – er hat ihn inzwischen erfüllt.
Ziel des Vereins ist es, jedem betroffenen Kind und Jugendlichen und seinen Eltern schweizweit eine individuelle professionelle Begleitung in der Trauerzeit zu ermöglichen. «Damals wusste ich noch nicht, wie wichtig das für mich einmal werden würde.» Ihr Mann Christian erkrankte an Schleimhautkrebs und starb im August 2017. «Papi hat gesagt, der Krebs sitzt im Hals. Ich fand das immer komisch und hab mich gefragt, warum der da nicht einfach rauskrabbelt oder wieso wir ihn da nicht rausholen», erzählt Aline. Die Achtjährige und ihr zwölfjähriger Bruder Rafael haben das Sterben ihres Vaters sehr bewusst erlebt.
Es seien lange Diskussionen gewesen, erinnert sich Annyett König, die sie mit Freunden, Bekannten und auch ihrer Familie geführt habe zur Frage: Wann sagen wir es den Kindern? Wann erklärt man ihnen, dass der Papi nicht wieder gesund wird?
Aline und ihr Bruder Rafael haben
das Sterben ihres Vaters
sehr bewusst erlebt.
An dunklen Tagen weinen alle vier gemeinsam – und trotzen dem Leben doch ein wenig Freude ab. «Wir haben uns dann die Sonnenbrillen aufgesetzt, damit niemand sieht, dass wir geweint haben, und sind im Pyjama zur Tankstelle gefahren und haben Glacé gekauft», erzählt Aline und alle lachen. Es gibt viele solcher schönen Erinnerungen an den Vater. Auch an die Zeit nach seinem Tod. Der Tag zum Beispiel, an dem im Garten Familie und Freunde den Sarg bemalt haben: mit einer Schottlandfahne, einem Motorrad, einem Herz und den Umrissen der eigenen Hände.
«Wir durften den Sarg auch mit zuschrauben», erzählt Rafael. Die Urne für Papi haben alle drei gemeinsam getöpfert, sie ist mit einem grossen Salamander versehen, ihrem Familientier. «Das war ein trauriger und trotzdem sehr schöner Tag», erinnert sich Annyett König, «und ich habe immer wieder gemerkt, welch wertvolle Gespräche entstehen können, wenn man die Kinder in die Entscheidungen miteinbezieht. »
«Geboren, um zu leben»
«Diese riesige Verzweiflung, wenn mir klar wird, dass er wirklich nie mehr wiederkommen wird.» Sie musste lernen, um Hilfe zu bitten, und hat viele Dinge neu gelernt. Zum Beispiel kann sie jetzt Lampen anbringen. Unschätzbar sei die Hilfe der Familientrauerbegleiterinnen gewesen. Schon in der Zeit, als Christian noch lebte, aber der Tod absehbar war, und auch danach. «Da war immer jemand da. Sie haben sich regelmässig gemeldet und nachgefragt, Dinge mit den Kindern unternommen – das war von unschätzbarem Wert», sagt Annyett König.
Der Zusammenbruch kam, nachdem Christian gestorben war. Mit dem Loslassen trat die Erschöpfung ein.
Der hatte nach seinem Tod übrigens noch einen Auftrag zu erfüllen, erzählt Rafael: «Mami hat Daddy kurz vor seinem Tod gesagt, dass er den Fussballgott so lange suchen soll, bis er ihn findet. Dann soll er ihm sagen, dass die Young Boys nach 32 Jahren endlich wieder einmal die Meisterschaft gewinnen sollen. Und er hat es gemacht!»
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