Warum fahren Kinder so auf Süsses ab?
Eltern kennen diesen Kampf: Kinder wollen am liebsten nur Süsses und nackte Nudeln essen. Die Ärztin und Ayurveda-Praktizierende Janna Scharfenberg hat eine logische, ayurvedische Erklärung dafür. Und sie verrät, warum Routinen Kindern so guttun.
Frau Dr. Scharfenberg, ayurvedische Ernährung heisst: teure Gewürze zu kaufen, die den Kindern dann eh nicht schmecken, oder?
Das ist leider tatsächlich oft die Vorstellung, die viele vom Ayurveda haben. Sie verstehen darunter sehr spezielle indische Gerichte mit intensiven Gewürzen. Aber das ist nur ein Mini-Anteil im Ayurveda. Hier geht es um ein ganzheitliches Gesundheitssystem, mit dem wir Kinder sehr in ihrer Entwicklung unterstützen können.
Was können wir vom Ayurveda über eine gesunde Ernährung für Kinder lernen?
Die Kindheit wird im Ayurveda als die Kapha-Phase gesehen, eine Phase in der das Erdelement grosse Bedeutung hat. Die Kinder legen an Substanz zu, das Gewebe vermehrt sich, sie wachsen. Süsse Speisen haben uns seit jeher in dieser Zeit unterstützt, in der Steinzeit zum Beispiel wurden viele Beeren und Honig gegessen. Es ist also logisch, dass Kinder den süssen Geschmack bevorzugen.
Kindern schmeckt Süsses also, weil sie es brauchen. Nun ist aber Schokolade kein gutes Grundnahrungsmittel …
Bei Süssem ist natürlich nicht von Süssigkeiten die Rede. Und auch nicht von allem anderen, das industriellen Zucker enthält. Der Ayurveda nutzt die natürliche Süsse wie sie zum Beispiel in Karotten, Bohnen, Süsskartoffeln oder in Früchten steckt.
Haben Sie ein paar Anregungen für gesundes Süsses parat?
Der Klassiker ist das morgendliche Porridge aus Haferflocken oder anderem Getreide. Serviert mit angedünsteten Früchten, vielleicht mit etwas Ahornsirup oder Datteln gesüsst. Hier kann man viel variieren, ein Fruchtmuss oder Nussmuss untermischen zum Beispiel. Und wenn das Kind gerade in der Phase steckt, in der es nur Nudeln möchte, dann gibt es eben hochwertige Vollkornnudeln und man püriert eine Karotte oder Süsskartoffel in die Sauce für den süssen Geschmack.
Beim Essen Druck zu machen, bringt gar nichts.
Viele Kindergaumen mögen die eher saure Tomatensosse nicht. Auch Bananenbrot schmeckt süss. Und es gibt tolle Brownies auf Basis von schwarzen Bohnen. Prinzipiell gilt: Kinder essen gerne warm – auch das passt zur Kapha-Qualität und fühlt sich wohlig an. Viele mögen ausserdem eine sämige, breiige Konsistenz. Aber das lässt sich weniger verallgemeinern – es gibt auch die Kinder, die Knackiges zu schätzen wissen.
Wie wichtig ist die Abwechslung auf dem Teller?
Weniger wichtig, als viele Eltern meinen. Kinder lieben Routinen, es gibt ihnen Sicherheit, wenn sie auf dem Teller Dinge wiedererkennen. Ja, mich kann es auch wahnsinnig machen, wenn meine Tochter mehrmals am Tag Nudeln möchte – aber ich weiss auch, dass es eine Phase ist. Ich brauche ihr nicht zu sagen, dass sie etwas probieren soll, weil es gesund ist. Gesund ist ein viel zu abstrakter Begriff. Wenn ich selbst genussvoll andere Dinge esse, dann wird auch wieder ihre Neugier kommen. Das braucht einfach Zeit und Geduld. Druck zu machen, bringt da meiner Meinung nach gar nichts.
Sie haben Routinen angesprochen, sind diese nur auf dem Teller wichtig?
Sie spielen im Ayurveda allgemein eine grosse Rolle und Kinder wissen das oft sehr zu schätzen. Das geht schon am Morgen los mit dem gemeinsamen Aufstehen, warmes Wasser trinken, Zunge schaben, Yoga. Alles Dinge, die man selbstverständlich vorleben kann und in die Kinder spielerisch hineinwachsen.
Aber auch das gemeinsame Einkaufen und Kochen kann eine Routine sein. Gemeinsam verbrachte Zeit, in der man zufrieden und entspannt ist, ist ungemein wichtig.
Sie selbst sind gerade mit Mann und Tochter im Wohnwagen in Europa unterwegs. Da gestaltet sich das mit den Routinen vermutlich eher schwierig?
Unterwegs klappt es mal mehr, mal weniger. Auch hier ist das Wichtigste, dass man entspannt bleibt. Wenn wir zu Besuch sind oder an einem Ort essen, wo es mit der ayurvedischen Küche eher schwierig ist, dann ist das eben so. Was wir aber immer unterbringen: morgens Porridge und warmes Wasser, Yoga und gemeinsame Zeit zu verbringen.
Neben den Gewürzen macht noch etwas den Ayurveda so fremd und schwierig: Die Sache mit den Doshas und dass alles so individuell ist …
Ich versuche das ganz einfach zu erklären. Ayurveda ist eine Naturmedizin, beachtet also die fünf Elemente, Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum. Die Mischung der Elemente ergibt drei verschiedene Bioenergien, auf Sanskrit Doshas genannt: das bewegte Vata-Dosha, das feurige Pitta-Dosha und das strukturierte, erdige Kapha-Dosha, das in der Kindheit dominant ist.
Mit Ayurveda können wir unsere Kinder mit dem unterstützen, was ihnen einen wohltuenden Ausgleich schafft.
Dr. Janna Scharfenberg
Jeder von uns trägt alle drei Energien in seiner ganz individuellen Mischung in sich. Das kann man schon bei den Kindern sehen. Grob vereinfacht gesprochen, wissen Eltern sehr gut, ob ihr Kind eher der feinfühlige,verträumte Vata-Typ ist, der wilde Hau-Drauf-Pitta oder ob sie ein kleines, ruhiges Buddha-Kind mit viel Kapha-Energie zu Hause haben.
Und was macht man mit dieser Information?
Zunächst einmal: Es geht nicht darum, die Kinder zu verändern. Der Ayurveda geht davon aus, dass jedes Wesen genau so perfekt ist, wie es ist. Aber wenn wir über die Doshas Bescheid wissen, können wir unsere Kinder mit dem unterstützen, was ihnen einen wohltuenden Ausgleich schafft. Das Kapha-Wesen braucht eher frischer Impulse, Vata braucht Ruhephasen, Pitta tut spielerische Leichtigkeit gut.
Rezept: Ayurvedisches Eiskonfekt
Speiseeis wird im Ayurveda eher gemieden, da es das Agni (Anmerkung der Redaktion: das Verdauungsfeuer) durch seine Kälte beeinträchtigen kann. Als Alternative eignet sich dieses kühle Fudge sehr gut. Das Konfekt hat eine Toffeeähnliche Beschaffenheit sowie einen schönen Schmelz und ist durch das Tahini (Sesampaste) voll mit gesunden Nährstoffen.
- Für eine kleine Backform
- Zubereitungszeit: 25 Minuten
- Kühlzeit: mindestens 4 Stunden
- 6 EL Tahini
- 2 EL Kokosnussöl
- 2 EL Kakaopulver
- 1 Messerspitze Vanillepulver
- 1 Prise Meersalz
- 1–2 TL Ahornsirup zum Süssen
- 3 TL geschälte Hanfsamen (optional)
- Kokosöl kurz erwärmen, so dass es schön flüssig ist. Dann mit allen anderen Zutaten vermengen, bis ein glatter Teig entsteht.
- Die Masse nun in eine kleine eckige Form geben, diese vorher mit Backpapier auslegen.
- Die Masse gleichmässig verstreichen. Sie sollte circa ein bis zwei Zentimeter dick sein.
- Auf das Fudge optional Hanfsamen streuen.
- Die gefüllte Form nun für eine Stunde in das Gefrierfach stellen, damit die Masse sich setzen und festigen kann.
- Anschliessend das Fudge in mundgerechte Stücke schneiden und in eine Aufbewahrungsform für mindestens drei weitere Stunden ins Gefrierfach geben.
- Weil das Eiskonfekt in der Wärme schnell weich wird, am besten erst kurz vor dem Servieren aus dem Gefrierfach nehmen und übrige Reste weiter im Gefrierfach lagern.