Wenn das Kind zu wenig wiegt - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Wenn das Kind zu wenig wiegt

Lesedauer: 3 Minuten

Seit Jahren beschäftigt das Thema Übergewicht bei Kindern und dessen Folgen Eltern und Fachpersonen gleichermassen. Das Thema Untergewicht hingegen stösst auf wenig Resonanz. Doch ist Untergewicht wirklich unbedenklich?

Text: Wina Fontana
Bild: iStockphoto

In Zusammenarbeit mit Betty Bossi

Untergewichtige Kinder werden hierzulande oft mit Entwicklungsländern und Armut in Verbindung gebracht. Doch auch in der Schweiz ist Untergewicht bei Kindern nicht selten. Bei uns ist es jedoch weniger die Folge von Unterernährung, sondern kann unter Umständen ein Indiz für das Bestehen einer lang anhaltenden oder chronischen Krankheit sein.

Doch keine Panik: Nicht alle Kinder mit Untergewicht sind automatisch krank. Dass das Gewicht während des Wachstums schwankt, ist ganz normal. Auch ein kurzzeitiger Abfall von einer Perzentile beziehungsweise Gewichtskurve auf eine tiefere ist noch kein Grund zur Sorge.

Diese Tabellen beziehen sich immer auf eine durchschnittliche Entwicklung von Körpergrösse und Gewicht und bieten so wenig Spielraum für individuelle Wachstumsphasen. Genetische Prädispositionen, aktuelle Lebensumstände und unterschiedliche Wachstumszyklen haben unter anderem einen Einfluss auf die Entwicklung im Kindesalter.

Subjektive Vergleiche mit Schulkameraden und Nachbarskindern eignen sich darum nicht für aussagekräftige Rückschlüsse und können unnötige Sorgen verursachen. Vergleichen Sie Ihr Kind stattdessen mit seinen bisherigen Messungen. Fällt oder stagniert das Gewicht über mehrere Messungen oder sind die Zahlen anderweitig auffällig, sollten weitere Abklärungen seitens der Kinderärztin oder des Kinderarztes folgen.

Folgen von Untergewicht

So ist beispielsweise ein Besuch beim Mediziner angezeigt, wenn mit dem Gewichtsverlust Bauchweh und/oder Durchfall einhergehen. Diese Anzeichen können auf eine Lebensmittelunverträglichkeit wie eine Laktoseintoleranz hindeuten.

Doch auch unabhängig von Unverträglichkeiten oder Krankheiten kann Untergewicht bei Kindern zu Folgeproblemen führen. Der sich im Wachstum befindende Körper benötigt ausreichend Nährstoffe und Energie. Fehlen diese, können die körperliche sowie die mentale Entwicklung beeinträchtigt werden. Untergewicht kann zudem das Immunsystem schwächen. So werden die Kinder anfälliger für Infektionen, was wiederum zu einem Gewichtsverlust führen kann.

Kalorien marsch, aber ohne Limit?

Unabhängig von der Ursache brauchen untergewichtige Kinder eine angemessene Ernährung, um ihr Gewicht zu erhöhen und die Gesundheit zu fördern. Wenn eine unausgewogene oder unzureichende Ernährung der Grund für das Untergewicht ist, können eine hochkalorische Kost sowie Zwischenmahlzeiten helfen, das Defizit zu beseitigen. Sind die Kids mit Untergewicht auch noch «gschnäderfrässig», ist es verlockend, die Kalorienaufnahme mit Süssigkeiten und Schokolade zu erhöhen. Darauf sollte jedoch nur in akuten Phasen zurückgegriffen werden. Denn sie liefern zwar Energie, doch kaum für das Wachstum relevante Vitamine und Nährstoffe.

Oft geht das Naschen zudem auf Kosten der Hauptmahlzeiten und kann so ungünstige Essmuster fördern. In grossen Mengen verzehrt, kann Zucker ausserdem das Risiko für diverse Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Diabetes mellitus Typ 2 im Alter erhöhen. Der Fokus sollte also nach wie vor auf vollwertigen Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten liegen. Reichern Sie den Menüplan ruhig grosszügig mit kaloriendichten Lebensmitteln wie zum Beispiel Bananen, Weintrauben, Nüssen, Rahm, Rahmquark oder Käse zum Überbacken an.

Ernährungstipps für den Alltag

  • Essen Sie gemeinsam als Familie und machen Sie die Mahlzeiten zu einem angenehmen und geselligen Erlebnis.
  • Vermeiden Sie Ablenkungen wie Fernsehen oder Spiele während des Essens. Diese können dazu führen, dass Ihr Kind den Grund für das Zu-Tisch-Sitzen und somit das Essen vergisst.
  • Achten Sie auf eine angemessene Portionsgrösse. Vollbeladene Teller können abschreckend wirken. Starten Sie also lieber mit einer kleineren Portion und schöpfen Sie bei Bedarf nach. Verteilen Sie die Mahlzeiten Ihres Kindes über den Tag und bauen Sie regelmässige Zwischenmahlzeiten ein.
  • Bieten Sie oft Nüsse an. Diese liefern neben vielen Kalorien auch wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Für Kinder mit einer Nussallergie erfüllen Samen und Kerne den gleichen Zweck. Sie eignen sich auch wunderbar als Toppings für Gerichte aller Art.
  • Süss- und Milchgetränke sind ebenfalls ein einfacher Weg, um die Kalorienaufnahme Ihres Kindes zu erhöhen. Diese sollten den Kindern jedoch nicht unbeaufsichtigt und unlimitiert zur Verfügung stehen.
  • Seien Sie geduldig und geben Sie Ihrem Kind Zeit, um zu essen. Kinder können oft langsam sein und es kann eine Weile dauern, bis sie ihre Mahlzeit beendet haben.
  • Zwingen Sie Ihr Kind nicht zum Essen. Dadurch können schlechte Assoziationen zum Essen entstehen und so im Verlauf des Lebens zu einem auffälligen Essverhalten führen.
  • Versuchen Sie, Mahlzeiten zu planen, die Ihr Kind mag. Fragen Sie Ihr Kind nach seinen Lieblingsgerichten und versuchen Sie, diese in den Essensplan einzubeziehen.
  • Bieten Sie Ihrem Kind eine Auswahl an Nahrungsmitteln an, sodass es sich aussuchen kann, was es essen möchte. Dies gibt Ihrem Kind ein Gefühl von Kontrolle und Unabhängigkeit.
  • Sorgen Sie für Abwechslung auf dem Teller, um den Appetit anzuregen.
  • Machen Sie das Essen interessant, indem Sie Lebensmittel in verschiedenen Farben und Texturen anbieten. Fingerfood aller Art ist oft ein Hit bei den Kleinen.

Wina Fontana
ist Ernährungsexpertin SVDE, hat einen Bachelor in Ernährung und Diätetik und arbeitet bei Betty Bossi.

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