Wann sich Bio lohnt - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

Wann sich Bio lohnt

Lesedauer: 3 Minuten

Eltern möchten nur das Beste für ihr Kind, und das schliesst auch die Ernährung mit ein. Doch sollte das, was auf den Familientisch kommt, immer aus biologischer Landwirtschaft stammen? Ein Leitfaden für Mütter und Väter.

Text: Wina Fontana
Bild: iStockphoto

In Zusammenarbeit mit Betty Bossi

Mit dem Begriff Biolandbau wird eine besonders naturnahe und artenfreundliche Art der Landwirtschaft beschrieben. Sie nutzt natürliche Dünger aus tierischen Quellen, Pflanzen und Gesteinen, setzt auf natürliche Pflanzenschutzmittel sowie auf widerstandsfähige Pflanzensorten und Tierarten. Auch fortschrittliche Technologien zur Unkraut- und Schädlingsbekämpfung kommen zum Einsatz, sofern dabei die Prinzipien der Sorgfalt und der Nachhaltigkeit gewahrt bleiben. Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität werden gezielt gepflegt und gefördert, während die Tiere artgerecht betreut und gefüttert werden. Die Bezeichnung «Bio» ist in der Schweiz seit 20 Jahren gesetzlich definiert.

Bevorzugen Eltern beim Kochen für ihr Kind biologisch angebaute Lebensmittel, bringt das eine Reihe möglicher Vorteile. Die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich ist allerdings noch längst nicht abgeschlossen.

Bioprodukte bieten eine Alternative mit weniger Pestiziden, Herbiziden und chemi­schen Düngemitteln. Der Verzicht auf diese kann die potenzielle Auf­nahme von Rückständen in der Nahrung verringern. Kinder im Wachstum scheinen anfälliger auf negative Auswirkungen solcher Chemikalien zu sein. Untersuchun­gen legen auch nahe, dass biologi­sche Nahrungsmittel einen erhöhten Gehalt an Vitaminen, Mineralstof­fen und Antioxidantien aufweisen können. Ein höherer Nährstoff­gehalt in Lebensmitteln kann die Ernährung von Kindern positiv beeinflussen.

Bioguetzli sind genauso zuckerhaltig

Ist Bio also immer besser? Gerade die Nährstoffthematik löst in der Fachwelt immer wieder Kontro­versen aus. Wetter, Böden, Wachs­tumsdauer, Erntezeitpunkt und Untersuchungsmethoden wirken sich unterschiedlich auf die Mess­ergebnisse aus. Es stellt sich also die Frage, ob biologische Lebensmittel zwangsläufig gesünder sind.

Bei Gemüse und Früchten gilt: Je schneller der Verzehr nach der Ernte stattfindet, umso mehr Nähr­stoffe bleiben erhalten. Dies ist auch der Grund, warum nach der Ernte direkt tiefgefrorenes Gemüse oft höhere Nährstoffwerte als Markt­gemüse hat. Bei verarbeiteten Bio­produkten wie Guetzli oder Chips macht der oft hohe Zucker­ und Fettgehalt die möglichen positiven Aspekte wieder zunichte, sie sind genauso wenig sinnvoll wie die her­kömmlichen Alternativen.

Bio ist teurer

Durch Zertifizierungsgebühren und höhere Standards fallen für Bio­bäuerinnen und ­-bauern oft Zusatz­kosten an. Zudem sind die Erträge mit diesen Anbau­ und Haltungs­methoden oft geringer, was zu den höheren Preisen von Bioprodukten führt. Das kann für ein Familienbud­get belastend sein. Für Eltern gilt es also Vor-­ und Nachteile stets abzu­wägen. Bei Früchten und Gemüse kann es demzufolge durchaus sinn­voll sein, saisonale und lokal produ­zierte Sorten zu berücksichtigen statt biologisch angebaute Produkte.

Bei Fleisch jedoch – gerade bei solchem aus dem Ausland – lohnt sich der Griff nach biozertifizierter Ware. Denn im Vergleich zur Schweiz, die auch bei der konventionellen Nutz­tierhaltung relativ hohe Standards hat, wird das Tierwohl bei Haltungs­bedingungen im Ausland nicht immer gross geschrieben. Hier lautet die Devise: Den Fleischkonsum eher einschränken und dafür gelegentlich zum zwar teureren, aber nachhaltiger produzierten Fleisch greifen.

Die Entscheidung, ob am Fami­lientisch Biolebensmittel bevorzugt werden sollen, ist also komplex. Während biologische Produkte potenzielle Vorteile bieten können, müssen Eltern auch die finanzielle Belastung und die begrenzte wissen­schaftliche Stichhaltigkeit berück­sichtigen. Die Priorität sollte darauf liegen, Kindern eine ausgewogene Ernährung mit einer Vielzahl von frischen Lebensmitteln anzubieten, sei es biologisch oder konventionell.

Denken Sie daran: Ihrem Kind einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln mitzugeben, ist genauso wichtig wie die Wahl der Lebensmittel selbst. Die Förderung eines gesunden Ernährungsbe­wusstseins und einer ausgewogenen Ernährung sind grundlegend für die langfristige Gesundheit und das Wohlbefinden Ihres Kindes.

8 Tipps für den Familienalltag

  1. Machen Sie sich mit den Grundlagen der biologischen Ernährung vertraut, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Informationsquellen wie Ernährungsberater, Bücher und seriöse Websites können Ihnen dabei helfen.
  2. Besuchen Sie Wochenmärkte, auf denen oft frische, lokal angebaute biologische Lebensmittel erhältlich sind. Dies unterstützt nicht nur die lokale Wirtschaft, sondern ermöglicht es Ihnen auch, direkt mit den Produzenten zu sprechen.
  3. Kaufen Sie saisonale Lebensmittel. Sie sind oft kostengünstiger und schmecken am besten, wenn sie in ihrer natürlichen Wachstums- beziehungsweise Reifezeit geerntet werden. Achten Sie darauf, eine Saisontabelle für die Schweiz zu wählen, falls Sie online danach suchen.
  4. Planen Sie Ihre Mahlzeiten im Voraus, um sicherzustellen, dass Sie eine ausgewogene Ernährung für Ihr Kind bereitstellen können. Dies hilft auch dabei, den Kauf von ungeplanten Snacks zu vermeiden.
  5. Bringen Sie Ihrem Kind bei, wie es die Unterschiede zwischen biologischen und konventionellen Lebensmitteln erkennen kann. Dies fördert von klein auf das Bewusstsein für gesunde Ernährung.
  6. Stellen Sie sicher, dass die Mahlzeiten Ihres Kindes ausgewogen und alle wichtigen Nährstoffe enthalten sind. Integrieren Sie eine Vielzahl von Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, mageres Protein und gesunde Fette.
  7. Involvieren Sie Ihr Kind in den Einkaufs- und Kochprozess. Das kann dazu beitragen, sein Interesse für gesunde Ernährung zu wecken und es neugierig auf verschiedene Lebensmittel zu machen.
  8. Machen Sie mit Ihrem Kind einen Ausflug zu einem Bauernhof und kaufen dort Produkte ein. So bekommt es eine Vorstellung davon, wie Lebensmittel produziert oder Tiere gehalten werden.

Wina Fontana
ist Ernährungsexpertin SVDE, hat einen Bachelor in Ernährung und Diätetik und arbeitet bei Betty Bossi.

Alle Artikel von Wina Fontana

Mehr zum Thema Ernährung

Fasten Betty Bossi
Ernährung
Fasten und Wachsen – geht das?
Das Essen zeitlich einzuschränken, ist voll im Trend. Doch wie sinnvoll ist Fasten und welche Auswirkungen hat es auf Kinder und Jugendliche?
Ernährung
Laktoseintoleranz bei Kindern
Klagt Ihr Kind nach dem Verzehr von Milchprodukten über Bauchschmerzen? Der Grund könnte eine Laktoseintoleranz sein. 
Migräne und Spannungskopfschmerzen bei Kindern
Gesundheit
Das Hämmern im Kopf
Viele Schulkinder leiden regelmässig unter Migräne und Spannungskopfschmerzen. Welche Massnahmen helfen können, den Beschwerden gezielt vorzubeugen.
Entwicklung
Wenn das Kind zu wenig wiegt
Das Thema Untergewicht bei Kindern und Jugendlichen stösst auf wenig Resonanz. Doch wie unbedenklich ist Untergewicht wirklich?
Ernährung
Diagnose Diabetes – was Eltern wissen sollten
Anders als häufig angenommen, wird der früher oft Zuckerkrankheit genannte Diabetes nicht durch zu grossen Süssigkeitenkonsum ausgelöst.
Kochen mit Kindern
Ernährung
«Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme»
Spitzenkoch Rolf Caviezel besucht Schulklassen, um mit den Kindern zu kochen. Dabei sollen sie mehr über ausgewogene Ernährung lernen.
Ernährung
Gut, besser, Superfoods?
Superfoods sollen unterstützend wirken bei der Entwicklung von Körper und Gehirn. Doch ist das überhaupt nötig?
Ernährung
Alle zu Tisch, bitte!
Gemeinsames Kochen und Essen hat eine grosse kulturelle und soziale Bedeutung. Es ist für Eltern auch eine Gelegenheit, wichtige soziale Fähigkeiten zu vermitteln.
Erziehungsmythen
Erziehung
«Vertrauen und Liebe stehen bei uns an erster Stelle»
Bianca Köller Looser und ihr Mann haben klare Werte, die ihnen in der Erziehung wichtig sind. Regeln dürfen aber auch mal gebrochen werden.
Ernährung
Wenn die Kartoffel in den Kompost muss
Was tun, wenn das Gemüse keimt oder Früchte weiche Stellen haben? 7 Tipps, wie sie Food Waste vermeiden.
SRF Kids Essen Klima
Erziehung
Was hat unser Essen mit dem Klima zu tun?
So können Sie Ihren Kindern die wesentlichen Zusammenhänge zwischen Ernährung und globaler Erwärmung erklären.
Wer zum Essen gezwungen wird, vertraut seinen Körpersignalen nicht mehr
Ernährung
«Wer zum Essen gezwungen wird, vertraut seinen Körpersignalen nicht mehr»
Ernährungswissenschafterin Marianne Botta sagt im Interview, woran sich Eltern vor lauter Ernährungstrends noch orientieren können.
Ernährung
Beruhigend oder erfrischend: ein Tee für alle Fälle
Pflanzenaufgüsse spenden Wärme, beleben und sind tolle Durstlöscher. Welche Sorten sich für welchen Zweck besonders eignen – und welcher Tee nicht in die Kindertasse gehört.
Vegan durch die Pubertät
Ernährung
Was tun, wenn die Tochter vegan durch die Pubertät will?
Wenn Teenager ganz auf tierische Produkte verzichten wollen, gilt es ein paar Dinge zu berücksichtigen. Wie eine vegane Ernährung gelingen kann.
5 Tipps für intuitive Ernährung
Ernährung
5 Tipps für intuitive Ernährung
Wann bin ich satt? Wann esse ich aus Langeweile? Mit diesen Tipps der intuitiven Ernährung stärken Sie Ihr eigenes Bauchgefühl und das Ihrer Kinder.
Ohne Koffein, ohne Alkohol – ohne Auswirkungen?
Ernährung
Ohne Koffein, ohne Alkohol – ohne Auswirkungen?
Die Verbindung von sozialen Events mit Getränken ist für uns Erwachsene ein schönes Ritual – für Kinder kann sie eine viel tiefere Bedeutung haben.
5 Tipps für intuitive Ernährung
Ernährung
Essen ohne Drama
Eltern wollen ihre Kinder gesund ernähren. Oft bewirkt Druck das Gegenteil. Die Methode des intuitiven Essens soll helfen: Statt Regeln zählt der innere Ernährungskompass des Körpers.
Warum eine Nussallergie das ganze Schulhaus betrifft
Ernährung
Warum eine Nussallergie das ganze Schulhaus betrifft
Während einige Lebensmittelallergien in der Regel harmlos verlaufen, ist bei Allergien auf Nüsse oder Erdnüsse besondere Vorsicht geboten.
Ernährung
Meal Prep – Vorkochen gegen den Stress im Familienalltag
Wer sich unter der Woche Zeit sparen will, kocht am Wochenende für mehrere Tage vor. Das ist praktisch, gesund und nachhaltig.
Ernährung
Covenience-Food – bequem ist nicht immer ungesund
Fertigprodukte erfreuen sich grosser Beliebtheit. Gleichzeitig haben sie bei Ernährungsfachpersonen kein besonders gutes Image. Was hat es damit auf sich?
Erziehung
Wie essen wir entspannt am Familientisch?
Gemeinsame Mahlzeiten sind eine grosse Chance für Familien, sich im Alltag zu sehen und sich auszutauschen. Am besten ohne Streit, Stress, Kritik und Extrawürste.
Ernährung
Alkohol – ein Problem, das sich in Luft auflöst?
Dass Liköre, Weine und andere alkoholische Getränke nicht an den Kindertisch gehören, ist allgemein bekannt. Doch wie sieht es aus, wenn der Alkohol zum Verfeinern von Gerichten verwendet wird?
Ernährung
Richtig lagern, lange geniessen
Warum schmeckt das Rüebli auf einmal seifig? Die Aufbewahrung von Lebensmitteln hat nicht nur Einfluss auf deren Haltbarkeit, sondern auch auf die Konsistenz und den Geschmack. So räumen Sie Ihren Kühl- und Küchenschrank richtig ein.
Ernährung
Klar darf ich naschen!
Diabetes Typ 1 ist die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern. Betroffene müssen lebenslang Insulin zuführen. Mit entsprechender Unterstützung können sie aber ein fast ganz normales Leben führen.