Mythen rund um Kohlenhydrate
In der Welt der Ernährung kursieren viele Unwahrheiten. Da gerade bei der Entwicklung unserer Kinder das Essen eine wichtige Rolle spielt, räumen wir in einer dreiteiligen Serie mit einigen Märchen auf. Den Auftakt bestreiten die Kohlenhydrate.
Sind Kohlenhydrate böse?
Verschiedene Diättrends haben den Mythos in die Welt gesetzt, dass in erster Linie Kohlenhydrate eine Gewichtszunahme verursachen. Der vermeintliche Beweis: Nach einer strengen Diät isst man einen Teller Teigwaren und ist am nächsten Tag gleich 1 bis 2 kg schwerer.
Doch in Wirklichkeit lagert der Körper oft einfach Wasser ein. Denn Kohlenhydrate können eine Menge Wasser speichern. So werden aus 200 g Teigwaren schnell einmal 800 g mehr auf der Waage. Kommen nun noch tagesabhängige Schwankungen – von denen besonders Frauen im gebärfähigen Alter betroffen sind – ins Spiel, ist das Gewichtschaos perfekt. Und Kohlenhydrate werden folglich wieder für einige Zeit vom Menüplan gestrichen.
Dabei sind Kohlenhydrate lebenswichtige Energielieferanten und fördern die Verdauung bei Gross und Klein. Bei Kindern unterstützen sie zudem das Wachstum und liefern die nötige Kraft zum Lernen und Spielen. Wichtig ist aber, zwischen schnellen und komplexen Kohlenhydraten zu unterscheiden. Schnelle Kohlenhydrate in Form von Zucker erhöhen das Risiko für Karies und diverse Erkrankungen im Erwachsenenalter und sollten deshalb nur massvoll gegessen werden. Komplexe Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten, Gemüse und Hülsenfrüchten hingegen lassen den Blutzucker langsamer ansteigen, halten lange satt und liefern dem Körper wertvolle Nahrungsfasern.
Sind Fruchtsäfte ein gleichwertiger Ersatz für ganze Früchte?
Dem Kind einen naturreinen Fruchtsaft anstelle einer ganzen Frucht anzubieten, scheint eine perfekte Alternative, ist aber leider ein Trugschluss. Vitamine und Mineralien stecken im Saft vielleicht noch drin, aber er wirkt im Körper trotzdem ganz anders. Säfte enthalten nämlich in der Regel viel Zucker in Form von Fruchtzucker – gleich viel oder sogar mehr als Süssgetränke! Dieser geht rasch ins Blut über, liefert damit kurzfristig Energie, sättigt aber nicht anhaltend. Eine ganze Frucht hingegen enthält neben dem Zucker auch wertvolle Nahrungsfasern.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Honig hauptsächlich aus Fructose und Glucose besteht – genau wie Haushaltszucker.
Diese bewirken, dass der Zucker langsamer aufgenommen wird und die Frucht den Hunger stillen kann. Gleichzeitig bleibt der Blutzuckerspiegel stabiler. Warum ist das wichtig? Bei einem stabilen Blutzuckerspiegel kommt weniger Heisshunger auf, Sich-Überessen ist kaum ein Thema und damit kann das Gewicht gut gehalten werden. Geniessen Sie also lieber eine ganze Frucht als einen Saft.
Grundsätzlich sollten aber gemäss der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) auch Früchte zurückhaltend konsumiert werden. Sie empfiehlt maximal zwei Portionen Früchte am Tag, am besten nach dem Essen. Je nach Alter des Kindes entspricht eine Portion 50 bis 100 g. Sollte es doch einmal ein Saft sein für Ihr Kind, kann eine Portion mit 1 dl ersetzt werden, Erwachsene dürfen sich 2 dl gönnen.
Ist Honig wirklich der gesündere Zucker?
Die weitverbreitete Annahme, dass Honig gesünder sei als Haushaltszucker, beruht auf den Tatsachen, dass Honig natürlichen Ursprungs ist sowie Spurenelemente, Enzyme und Antioxidantien enthält, die im herkömmlichen Zucker fehlen. Diese Stoffe können gesundheitlich vorteilhaft sein, da Antioxidantien helfen, Entzündungen zu verringern und das Herz gesund zu halten. Allerdings ist es wichtig, zu verstehen, dass Honig hauptsächlich aus Fructose und Glucose besteht – genau wie Haushaltszucker. In Bezug auf den Kaloriengehalt und den Einfluss auf den Blutzuckerspiegel sind sich Honig und Zucker also sehr ähnlich.
Für Kleinkinder, insbesondere unter einem Jahr, wird Honig aufgrund des Risikos einer Botulismusinfektion nicht empfohlen. Denn der Darm von Säuglingen ist noch nicht vollständig entwickelt und daher nicht in der Lage, die Sporen von Clostridium botulinum, die in Honig vorhanden sein können, abzuwehren. Bei älteren Kindern und Erwachsenen sollte Honig massvoll konsumiert werden. Eine übermässige Aufnahme von Zucker, egal in welcher Form, kann zu Karies, Übergewicht und anderen gesundheitlichen Problemen führen.
- Auch bei komplexen Kohlenhydraten gilt: lieber massvoll als en masse. Oft überschätzen wir uns bei der benötigten Menge Stärkebeilagen. Konkrete Empfehlungen finden Sie auf der Website der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE): www.sge-ssn.ch. Unter «Ich und du» > «Von Jung bis Alt» gibt es detaillierte Empfehlungen zu jeder Altersgruppe.
- Schneiden Sie die Früchte vor dem Servieren. Denn als Fingerfood werden Früchte und Gemüse in der Regel besser akzeptiert als die ganze Frucht.
- Kombinieren Sie Früchte und Fruchtsäfte mit einer Eiweiss- oder Fettquelle, also zum Beispiel Apfelschnitze mit Nussbutter, Quark mit Früchten oder einfach ein paar Nüsse dazu. So steigt der Blutzuckerspiegel weniger schnell an und die Risiken eines Zuckerhypes, gefolgt von einer anschliessenden Müdigkeitskrise, werden gemindert.
- Komplexe Kohlenhydrate stossen bei Kindern zu Beginn oft nicht auf Begeisterung. Ergänzen Sie beliebte Gerichte nach und nach mit mehr nahrungsfaserreichen Komponenten. So können Sie zum Beispiel weisse Pasta mit etwas Vollkornpasta mischen. Oder Sie braten zusammen mit den Zucchini ein paar Kichererbsen an.
- Apropos: Nicht nur Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte enthalten komplexe Kohlenhydrate, sondern auch Nüsse, Kerne und Samen. Streuen Sie also ruhig ein paar Körner über den Salat. Mandelblättchen in Kombination mit Broccoli sind ebenfalls ein Hit bei Kindern.
- Achten Sie auf regelmässige und ausgewogene Mahlzeiten. Eine ausgewogene Ernährung ist für die Entwicklung von Kindern entscheidend.
- Das bedeutet nicht, dass Sie und Ihre Kinder sich jederzeit an die Empfehlungen halten müssen. Ausnahmen sind erlaubt und dürfen und sollen genossen werden.