Covenience-Food – bequem ist nicht immer ungesund - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

Covenience-Food – bequem ist nicht immer ungesund

Lesedauer: 3 Minuten

Fertigprodukte erfreuen sich grosser Beliebtheit. Gleichzeitig haben sie bei Ernährungsfachpersonen kein besonders gutes Image. Was hat es damit auf sich?

Text: Wina Fontana
Bild: Deepol / Plainpicture

In Zusammenarbeit mit Betty Bossi

Mehr als die Hälfte unserer Kalorien­zufuhr stammt heute aus verarbeiteten Lebensmitteln, auch Convenience-Food genannt. Der englische Begriff bedeutet übersetzt so viel wie «bequemes Essen». Und der Name ist Programm: Für alle, die sich ­keine Zeit fürs Kochen nehmen können oder wollen, bieten Convenience-Produkte eine bequeme Lösung, sich im stressigen Alltag zu verpflegen. 

Meist werden Convenience-Produkte mit Fertigpizzas, Tiefkühlpommes und Co. in Verbindung gebracht. Die Annahme, Fertiggerichte enthielten grosse Mengen an Fett, Salz und Geschmacksverstärkern, ist ebenfalls fest in den Köpfen verankert. Da scheint es plausibel zu sein, dass sie gerade bei Kindern beliebt sind – schliesslich haben wir Menschen von Natur aus eine angeborene Süss- und Fettpräferenz. Haben Convenience-Produkte also zu Recht so ein schlechtes Image?

Produktgruppe mit grossen ­Qualitätsunterschieden 

Zunächst gilt es die Bezeichnung Convenience Food zu klären. Sie ist ein Überbegriff für Produktarten, die ihrerseits in fünf Kategorien unterteilt werden. Zur ersten Kategorie, den küchenfertigen Produkten, gehören etwa vorgewaschenes Gemüse, Tiefkühlgemüse oder gefrorene Fischfilets.

In die zweite Kategorie fallen garfertige Produkte wie Pasta, Aufbackbrötchen oder Tiefkühlpommes. Und von misch- oder aufbereitungsfertiger Ware ist derweil die Rede, wenn das Produkt um weitere Zutaten ergänzt werden muss, wie etwa das berühmte ­Stocki-Pulver um Milch oder Butter.

Zur vierten Kategorie gehören zubereitungsfertige Speisen, also komplett vorproduzierte Gerichte, die lediglich im Backofen oder in der Mikrowelle erwärmt werden müssen. Die fünfte Kategorie bilden verzehrfertige Produkte wie Fertig­salate und Sandwiches, aber auch Joghurts und Smoothies, die sofort konsumiert werden können.

Zwischen und auch innerhalb dieser Kategorien gibt es grosse Unterschiede im Hinblick auf Qualität, Bekömmlichkeit und Frische. Gerichte mit frittierten oder überbackenen Komponenten sind – ob Convenience oder nicht – sehr gehaltvoll, wir sollten sie also lieber massvoll statt en masse geniessen.

Gemüse, das direkt nach der Ernte schockgefrostet wird, enthält bis zu 50 Prozent mehr Vitamine als am nächsten Tag verkauftes Marktgemüse.

Tatsache ist auch, dass früher oft Ware von minderwertiger Qualität in Fertigprodukten landete. Um deren Haltbarkeit zu verlängern und den Geschmack zu verbessern, half die Lebensmittelindustrie meist mit grossen Mengen an Konservierungsstoffen, Geschmacksverstärkern sowie Salz und Zucker nach. Diese Herangehensweise hat sich in den vergangenen Jahren jedoch stark verändert, gerade in der Schweiz.

Bewusste Ernährung und ­Convenience: kein Widerspruch

Viele Lebensmittelproduzenten achten immer mehr auf schonende Zubereitungsarten und qualitativ hochwertige Grundzutaten. Auch die Zugabe von Salz und Zucker haben die meisten schrittweise reduziert, damit sich unser Gaumen an den veränderten Geschmack gewöhnen kann. Zudem punkten viele Fertiggerichte mit einer deutlich ausgewogeneren Zusammenstellung und sorgen so für eine länger anhaltende Sättigung und eine verbesserte Nährstoffversorgung.

Bei den Gerichten zum Aufwärmen beispielsweise wird die Gemüsekomponente erhöht, bei Saucen das Fett reduziert. Bei Gerichten zum Mitnehmen bieten sich leckere Poké Bowls mit Reis, Gemüse und Fisch, Salate mit Quinoa und einem gekochten Ei oder Wraps mit Hummus und Salat an – allesamt gute Beispiele für einen ausgewogenen Gaumenschmaus. 

Auch fertige Tomatensaucen bieten in der Küche eine praktische Zeitersparnis.

Ein weiteres Beispiel für gesundes Convenience-Food ist Tiefkühlgemüse – entgegen dem sich hart­näckig haltenden Vorurteil, dass es kaum Vitamine enthalte. Genau das Gegenteil ist der Fall: Gemüse, das direkt nach der Ernte schockgefrostet wird, enthält je nach Sorte sogar bis zu 50 Prozent mehr Vitamine als am nächsten Tag verkauftes Marktgemüse.

Ein weiterer Vorteil von tiefgekühltem Gemüse ist, dass man es auch mal ausserhalb der Saison geniessen kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Auch fertige Tomatensaucen bieten in der Küche eine praktische Zeitersparnis. Vielen Menschen fehlt am Abend nach der Arbeit die Zeit, für die Familie stundenlang Sauce einzukochen. In Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung können solche Produkte ruhig täglich in den Speiseplan mitaufgenommen werden.

6 Tipps für den Alltag

  1. Achten Sie beim Kauf von Convenience-­Produkten auf möglichst kurze Zutatenlisten.

  2. Profitieren Sie von den Annehmlichkeiten, die Convenience-Food bietet, indem Sie fertige und frische Produkte mischen. Verwenden Sie zum Beispiel einen gekauften Pizzateig und belegen Sie diesen selbst, oder peppen Sie Tomatensauce mit mehr Gemüse, Hackfleisch oder Hülsenfrüchten auf.

  3. Konservierungsstoffe sind nicht zwingend schlecht. Sie dienen dazu, das Produkt ­möglichst lange haltbar zu machen. In der Schweiz verwendete Konservierungsmittel sind für die Gesundheit unbedenklich – in bestimmten Mengen. Versuchen Sie darum, so oft wie möglich frisch zu kochen.
     
  4. Studieren Sie Zutatenlisten und wählen Sie bewusst Produkte ohne einen zu hohen Zucker-, Salz- oder Fettgehalt.
     
  5. Versuchen Sie bei Fertiggerichten auf ein ausgewogenes Nährstoffprofil mit ausreichend Gemüse und Eiweiss zu achten. Falls nötig, können Sie die Gerichte mit Gemüse oder einer Eiweissquelle wie Poulet, Hüttenkäse oder Hülsenfrüchten ergänzen.

  6. Kochen Sie frisch, wann immer die Zeit es erlaubt. Beziehen Sie Ihre Kinder in die Zubereitung mit ein. Dies kann den Familienzusammenhalt stärken, während Sie Ihrem Nachwuchs dabei wichtige Grundlagen in der Küche vermitteln.

Wina Fontana
ist Ernährungsexpertin SVDE, hat einen Bachelor in Ernährung und Diätetik und arbeitet bei Betty Bossi.

Alle Artikel von Wina Fontana

Mehr zum Thema Ernährung:

Advertorial
Buchknacker: Seit 10 Jahren mehr Spass am Lesen!
Seit 10 Jahren gibt es die Online-Bibliothek Buchknacker für Kinder mit AD(H)S Dyslexie/Legasthenie oder einer anderen Lesebeeinträchtigung.
Erziehung
Was hat unser Essen mit dem Klima zu tun?
So können Sie Ihren Kindern die wesentlichen Zusammenhänge zwischen Ernährung und globaler Erwärmung erklären.
Ernährung
«Wer zum Essen gezwungen wird, vertraut seinen Körpersignalen nicht mehr»
Ernährungswissenschafterin Marianne Botta sagt im Interview, woran sich Eltern vor lauter Ernährungstrends noch orientieren können.
Ernährung
Beruhigend oder erfrischend: ein Tee für alle Fälle
Pflanzenaufgüsse spenden Wärme, beleben und sind tolle Durstlöscher. Welche Sorten sich für welchen Zweck besonders eignen – und welcher Tee nicht in die Kindertasse gehört.
Ernährung
Was tun, wenn die Tochter vegan durch die Pubertät will?
Wenn Teenager ganz auf tierische Produkte verzichten wollen, gilt es ein paar Dinge zu berücksichtigen. Wie eine vegane Ernährung gelingen kann.
Ernährung
5 Tipps für intuitive Ernährung
Wann bin ich satt? Wann esse ich aus Langeweile? Mit diesen Tipps der intuitiven Ernährung stärken Sie Ihr eigenes Bauchgefühl und das Ihrer Kinder.
Ernährung
Ohne Koffein, ohne Alkohol – ohne Auswirkungen?
Die Verbindung von sozialen Events mit Getränken ist für uns Erwachsene ein schönes Ritual – für Kinder kann sie eine viel tiefere Bedeutung haben.
Ernährung
Essen ohne Drama
Eltern wollen ihre Kinder gesund ernähren. Oft bewirkt Druck das Gegenteil. Die Methode des intuitiven Essens soll helfen: Statt Regeln zählt der innere Ernährungskompass des Körpers.
Ernährung
Warum eine Nussallergie das ganze Schulhaus betrifft
Während einige Lebensmittelallergien in der Regel harmlos verlaufen, ist bei Allergien auf Nüsse oder Erdnüsse besondere Vorsicht geboten.
Ernährung
Meal Prep – Vorkochen gegen den Stress im Familienalltag
Wer sich unter der Woche Zeit sparen will, kocht am Wochenende für mehrere Tage vor. Das ist praktisch, gesund und nachhaltig.
Erziehung
Wie essen wir entspannt am Familientisch?
Gemeinsame Mahlzeiten sind eine grosse Chance für Familien, sich im Alltag zu sehen und sich auszutauschen. Am besten ohne Streit, Stress, Kritik und Extrawürste.
Ernährung
Alkohol – ein Problem, das sich in Luft auflöst?
Dass Liköre, Weine und andere alkoholische Getränke nicht an den Kindertisch gehören, ist allgemein bekannt. Doch wie sieht es aus, wenn der Alkohol zum Verfeinern von Gerichten verwendet wird?
Ernährung
Richtig lagern, lange geniessen
Warum schmeckt das Rüebli auf einmal seifig? Die Aufbewahrung von Lebensmitteln hat nicht nur Einfluss auf deren Haltbarkeit, sondern auch auf die Konsistenz und den Geschmack. So räumen Sie Ihren Kühl- und Küchenschrank richtig ein.