Ernährungstrends am Familientisch - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

Ernährungstrends am Familientisch

Lesedauer: 3 Minuten

Du Low Carb, sie Paleo und ich vegan. Wie lassen sich verschiedene Ernährungsbedürfnisse an einen Tisch bringen, ohne dabei das Essen zum Dauerthema zu machen und der ganzen Familie den Appetit zu verderben?

In Zusammenarbeit mit Betty Bossi

Nora und ihr Bruder Felix geniessen die Zeit mit ihren Eltern am Familientisch. Regelmässig sitzen die vier am Abend zusammen und essen gemeinsam. Von aussen betrachtet wirkt das harmonisch. Wären da nicht die ewigen Diskussionen über Kohlenhydrate, Fett­gehalt, vegane Alternativen und so weiter. Denn Papa Daniel möchte momentan am Abend keine Kohlenhydrate essen und fettiges Essen vermeiden, während sich Mama Rahel seit einem Monat vegan ernährt.

Experten raten, als Familie so oft es geht gemeinsam zu essen, das Zusammenkommen am Familientisch als festen Bestandteil des Alltags zu etablieren, denn gemeinsam zu essen gibt Vertrauen und schafft Raum für spannende Diskussionen und die Möglichkeit, persönliche Sorgen und Fragen zu formulieren. Sie als Eltern können am Familientisch nachhaltige Werte und Normen vermitteln und Ihr Kind im Umgang mit seiner Umwelt stärken. Kommen jedoch so viele Ernährungsbedürfnisse zusammen und wird kein gemeinsamer «Geschmacksnenner» gefunden, kann die Mahlzeit in Stress ausarten und die Familienmitglieder voneinander distanzieren.

Es spricht nichts dagegen, wenn Sie sich als Mutter beziehungsweise Vater für eine «Clean-Eating»-Ernährungsweise entscheiden, bei der Sie gänzlich auf industriell gefertigte Lebensmittel verzichten. Doch auch wenn Sie verständlicherweise versuchen wollen, Ihrem Kind Ihre favorisierte Ernährungsform näherzubringen, ist es wichtig, dass es selbst weiterhin aus einem breiten Angebot an Lebensmitteln wählen kann. Kinder sollen ihre Ernährungsweise selbst aussuchen, ohne von den Eltern in eine Richtung gedrängt zu werden. Denn für Kinder ist es enorm wichtig, dass sie dazugehören und nicht exotisch wirken. Ein Kind möchte mit seinen Freunden Kuchen essen können, auch wenn dieser nicht vegan ist, oder über Mittag auch einmal zu Burger und Pommes greifen.

Noch nie waren wir in Bezug auf Ernährung so wählerisch wie heute. Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch oder vegan, andere verzichten auch ohne diagnostizierte Unverträglichkeit oder Allergie auf Gluten oder Laktose und fühlen sich durch den Verzicht besser.

Erwachsene und Kinder haben unterschiedliche Bedürfnisse

Studien zeigen, dass sich auch Kinder und Jugendliche bereits früh mit dem Thema Ernährung auseinandersetzen, und Sie als Eltern können Ihre Kinder mit Ihrer eigenen Ernährungsweise stark beeinflussen.

Wenn Sie sich nach Low Carb, also mit wenig Kohlenhydraten, ernähren und dabei wohlfühlen, heisst das nicht automatisch, dass diese Ernährungsform auch für Ihr Kind geeignet ist. Je nach Lebensphase unterscheiden sich die Bedürfnisse von Kindern und Erwachsenen erheblich. Kinder und Jugendliche stecken in Wachstumsprozessen und haben dadurch meist einen erhöhten Bedarf an Energie, einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen. Sehr rigide Ernährungsformen können dazu führen, dass Ihr Kind einen Mangel an gewissen Nährstoffen hat und wichtige Entwicklungsschritte beeinträchtigt sind.

Nebst den körperlichen Auswirkungen kann eine Bewertung der Lebensmittel die Beziehung zum Essen stark beeinflussen. Werden etwa Kohlenhydrate als ungesund bewertet oder mit Übergewicht in Verbindung gebracht, beeinflusst das die Auswahl Ihrer Kinder. Es kann passieren, dass Kinder ihren Teller dann nicht mehr intuitiv zusammenstellen, sondern sich je nach Bewertung für oder gegen ein Lebensmittel entscheiden. Erfährt Ihr Kind jedoch einen genussvollen und bewussten Umgang mit dem Essen, ob nun vegan, Low Carb oder was auch immer, wird es eine gesündere Beziehung zum Thema Ernährung entwickeln können.
Nehmen wir an, Nora entscheidet sich nun, auch vegan zu leben. Die ethischen und ökologischen Motive ihrer Mutter haben sie überzeugt und ihre beste Freundin verzichtet ebenfalls seit Längerem auf tierische Produkte. Um weiterhin die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu berücksichtigen, kann es sich lohnen, einen Wochenplan aufzustellen, in dem möglichst viele Wünsche und Vorlieben jedes Einzelnen beachtet werden.

Entscheidend ist, die Kinder im Hinblick auf ihre Ernährungswünsche ernst zu nehmen und diese nicht kategorisch abzulehnen. Was mitunter dazu führt, dass auch Sie als Mutter oder Vater sich mit dieser Ernährungsform auseinandersetzen müssen. Gerade bei einer veganen Ernährung braucht es Planung und das Kombinieren von verschiedenen Nahrungsmitteln, um die Mahlzeiten in Bezug auf den Nährstoffgehalt noch wertvoller zu gestalten. Zeigen Sie sich kooperativ und offen, helfen Sie mit, dass es Ihrem Kind an nichts fehlt, und suchen Sie bei Unsicherheiten Fachpersonen auf. Oftmals wechseln Kinder ihre Ernährungsformen und Vorlieben mehrmals, bevor sie längerfristig bei einer Ernährungsweise bleiben. Auch das ist ganz normal und darf von Ihnen als Eltern, solange keine gesundheitlichen Risiken auftauchen, unterstützt werden.


Ernährungstrends im Überblick

Folgende Ernährungstrends sind aktuell die beliebtesten. Die Motive für eine alternative Ernährungsform sind sehr unterschiedlich. Religiöse, ethische, ökologische bis hin zu gesundheitlichen Beweggründen können eine Rolle spielen.

Low Carb: Bei der Low-Carb-Methode sollen keine oder nur wenige Kohlenhydrate gegessen werden. Kohlenhydratquellen: Zucker, Teigwaren, Reis, Couscous, Brot usw.

Clean Eating: Clean Eating (= sauberes Essen) bedeutet, dass keine industriell verarbeiteten Produkte konsumiert werden sollen, wie etwa: Fertiggerichte, Fast Food, Weissmehlprodukte, Produkte mit raffiniertem Zucker.

Vegan: Bei der veganen Ernährungsform wird auf tierische Produkte verzichtet.

Plantbased: Diese Ernährungsweise ist wie die vegane pflanzenbasiert, zudem legt sie grossen Wert auf unverarbeitete Rohstoffe.

Paleo: Auch Steinzeiternährung genannt. Bei der Paleo-Ernährungsform sind vor allem Fleisch, Fisch, Gemüse, Beeren, Pilze und Kräuter auf dem Speiseplan, während auf Milch- und Milchprodukte sowie verarbeitete Getreideprodukte verzichtet wird.

Fasten: Fasten heisst, über einen bestimmten Zeitraum nichts oder nur bestimmte Lebensmittel zu essen. Das Intervall-Fasten liegt im Trend. Dabei wird ständig zwischen normaler Nahrungsaufnahme und Fasten abgewechselt, z.B. tageweise oder in mehrstündigen Phasen.

Vera Kessens
ist BSc Ernährungsberaterin SVDE und arbeitet als freischaffende Ernährungsberaterin bei Betty Bossi.

Alle Artikel von Vera Kessens