«Kinder können nicht einfach so philosophieren»
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«Kinder können nicht einfach so philosophieren»

Lesedauer: 9 Minuten

Philosophieren ist mehr, als ein gutes Gespräch zu führen, sagt Bildungsforscher Christoph Buchs und erklärt, wie er Kindern das nötige Rüstzeug dafür beibringt und was sie daraus lernen können.

Interview: Susanna Valentin
Bilder: Florian Spring / 13 Photo

Herr Buchs, nach dem Tod seines Urgrossvaters hat mein siebenjähriger Sohn immer wieder denselben Raben auf unserer Terrasse beobachtet und gesagt: «Vielleicht ist das Uropa, der uns besucht.» Steckt in diesem Satz ein philosophischer Gedanke?

Das ist eine interessante Aussage, die Ihr Kind gemacht hat. Ob hinter der Äusserung das Bedürfnis steht, die Idee des Weiterlebens nach dem Tod in philosophischer Weise zu klären, scheint mir jedoch fraglich. Vielleicht hat Ihr Sohn Geschichten gehört, in denen sich Menschen in Tiere transformieren; in Märchen kommt das ja häufig vor. Vielleicht hat er dieses Phänomen der Verwandlung und seine Erfahrung mit dem Tod des Urgrossvaters gekoppelt und so einen Weg gefunden, mit dem Tod eines nahestehenden Menschen umzugehen. Weil ein Ereignis wie der Tod eines Angehörigen bei uns Erwachsenen Nachdenklichkeit auslösen kann, besteht die Gefahr, solche Aussagen von Kindern zu romantisieren.

Inwiefern?

Wir interpretieren sie als Ausdruck von tiefgehenden, intensiven philosophischen Überlegungen. Natürlich ist die Äusserung Ihres Sohnes eine bemerkens- und schätzenswerte Leistung, aber nicht ohne Weiteres als philosophisch in einem fachlichen Sinn zu interpretieren.

Christoph Buchs ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Bildungstheorien und interdisziplinären Unterricht an der Pädagogischen Hochschule FHNW. Seine Interessensgebiete liegen im Philosophieren mit Kindern, der pädagogischen Ethik, der Moralpädagogik und der Bildungs- und Erziehungsphilosophie. Der gelernte Primarlehrer ist Vater von zwei schulpflichtigen Kindern.

Was ist denn Philosophieren genau?

Philosophieren in seiner fachlichen Bedeutung verstehen wir als Kompetenz: Ein Mensch, der philosophieren kann, erkennt erstens grundlegende Fragen und stellt sie. Er kann sich zweitens zu grundlegenden Fragen wie «Muss man immer die Wahrheit sagen?», «Darf man Tiere töten?» oder «Was ist eigentlich eine gute Freundschaft?» positionieren und seine Meinung dazu äussern. Drittens und besonders anspruchsvoll: Er kann philosophische Meinungen im Dialog mit anderen begründen und mithilfe von Einwänden herausfordern.

Tiefgehende Aussagen eines Kindes sind nicht als philosophisch zu interpretieren.

Aber gerade im sogenannten Fragealter, also so zwischen drei und fünf Jahren, stellen Kinder doch sehr tiefgründige Fragen. Beginnen sie dann nicht zu philosophieren?

Kleine Kinder erfahren, dass sie mit Fragen etwas bewirken. Sie entdecken das Werkzeug der Warum- Frage und nutzen es ausgiebig zur Erweiterung ihres Weltwissens oder auch, um die Aufmerksamkeit und Zuneigung ihrer Bezugspersonen zu erhalten. Erwachsene neigen manchmal dazu, solche Warum-Fragen der Kinder als Zeichen eines philosophischen Interesses zu verstehen.

Niemand werde als Philosoph oder Philosophin geboren, sagt Christoph Buchs.

Doch die Frage «Warum?» ist ganz allgemein Ausdruck des Bedürfnisses, etwas verstehen zu wollen und Gründe dafür zu erhalten. Das kann sich auf alltägliche Entscheidungen wie «Warum darf ich nicht bei Mia übernachten?» oder auf Phänomene der Natur und Technik wie «Warum schneit es?» beziehen. Wenn Erwachsene Kinder mit ihren Warum-Fragen ernst nehmen, stärken sie deren allgemeine Fähigkeit zum rationalen Denken und Handeln.

Und ich dachte schon, Kinder seien als kleine Philosophinnen und Philosophen geboren.

Niemand wird als etwas Bestimmtes geboren. So wie eine Mathematikerin oder ein Radfahrer die jeweiligen Fähigkeiten und Fertigkeiten ausbilden muss, braucht es auch für das Philosophieren Kompetenzen, die zuerst angeregt, entwickelt und trainiert werden müssen.

Was braucht es denn, um wirklich mit Kindern zu philosophieren?

Im Unterschied zu einem guten Gespräch, das Themenwechsel zulässt, richten sich die Teilnehmenden beim Philosophieren auf eine grundlegende Frage aus und versuchen, an dieser dranzubleiben. Weiter erfordert das Philosophieren eine besondere Arbeitsweise, um eine solche Frage mit Gewinn untersuchen zu können. Gemeint sind damit die erwähnten Reflexionswerkzeuge wie Fragen stellen, seine Meinung äussern, begründen oder einen Einwand formulieren können. So besteht das zentrale Ziel des Philosophierens darin, dass Kinder die zum Philosophieren nötigen Reflexionswerkzeuge einüben und weiterentwickeln können.

Wie gelingt das am besten?

Ein philosophisches Gespräch mit Kindern braucht eine Person, die den Austausch anregt und leitet. Diese Rolle ist vielfältig: Die Gesprächsleitung regt mit einem geeigneten Impuls das philosophische Nachdenken an. Sie leitet das anschliessende Gespräch zum einen dadurch, dass sie inhaltliche Impulsfragen stellt, die das Nachdenken auf verschiedene Aspekte des Themas lenken. Zum anderen stellt sie sogenannte formale Impulsfragen, mit welchen sie die Kinder zum Gebrauch der erwähnten Reflexionswerkzeuge wie Begründen oder das Einbringen von Einwänden auffordert. Erst dadurch führt die Auseinandersetzung in die Tiefe.

Von einer Frage wie ‹Was ist Wahrheit?› fühlen sich Kinder wenig angesprochen. Es braucht eine Einbettung in ihre Lebenswelt.

Die Aufgabe der Gesprächsleitung besteht trotz ihrer aktiven Rolle jedoch nicht darin, die Überlegungen der Kinder auf ein bestimmtes Resultat oder eine bestimmte Erkenntnis hin zu lenken. Sie bleibt gegenüber der inhaltlichen Entwicklung des Gesprächs offen und zurückhaltend.

So die theoretische Grundlage. Wie kann das praktisch aussehen?

Kinder sind meist nicht ohne Weiteres zum philosophischen Nachdenken motiviert. Wenn die Gesprächsleitung den Kindern zu Beginn einfach eine grundlegende Frage wie «Was ist Gerechtigkeit oder Wahrheit?» stellt, wird kaum ein lebhaftes Gespräch entstehen. Der Grund dafür ist, dass sich Kinder von einer Frage in dieser abstrakten Form wenig angesprochen fühlen werden.

Damit eine grundlegende Frage für Kinder bedeutsam wird, braucht es eine Einbettung in ihre Lebenswelt. Dazu eignen sich kurze Geschichten, in denen die Hauptfigur in eine spannungsreiche Situation oder gar ein Dilemma gerät, das sie verunsichert oder eine Entscheidung schwierig macht. Ein Beispiel ist die Geschichte vom Geburtstagskuchen.

Erzählen Sie.

Tamara ist zum Geburtstagsfest bei Adrian eingeladen. Die Kinder sitzen um den Tisch und essen vom Kuchen, der Tamara aber nicht schmeckt. Auf die Frage von Adrians Mutter, ob sie den Kuchen möge, sagt sie: «Ja, der ist fein.» Darauf bietet ihr die Mutter ein zweites Stück an, das sie zuerst in der Küche holen muss. In der Zwischenzeit ruft Tiam aus: «Haha, ich habe gesehen, dass du den Kuchen gar nicht magst, Tamara. Jetzt musst du ein zweites Stück essen. Das geschieht dir recht. Du hättest nicht lügen sollen.»

Wie geht der Gesprächsführende dann vor?

Die Gesprächsleiterin oder der Gesprächsleiter kann nun eine erste inhaltliche Impulsfrage stellen wie: «Wer stimmt Tiam zu? Hat Tamara Adrians Mutter angelogen oder nicht?» Nachdem die Kinder dazu Stellung genommen haben, stellt die Gesprächsleitung die formale Frage: «Warum denkst du ja/nein?» Die Kinder sind gefordert, ihre Meinung zu begründen. In einem weiteren Schritt kann gefragt werden: «Hat jemand einen Einwand gegen einen vorgebrachten Grund?» Weitere inhaltliche Impulsfragen zielen auf die Klärung zentraler grundlegender Begriffe und Normen: «Was ist eigentlich eine Lüge? Ist Lügen immer verboten?» Durch ein solches Kombinieren von inhaltlichen und formalen Fragen wird die Auseinandersetzung mehr und mehr in die Tiefe geführt.

Zum Philosophieren braucht es genügend ungestörte Zeit und Konzentration.

Ich kann demnach nicht einfach einen guten Moment mit meinen Kindern nutzen, mich mit ihnen aufs Sofa setzen und sagen: «Kommt, lasst uns ein bisschen philosophieren»?

Die Situation auf dem Sofa ist eine gute Ausgangslage, da sich die Kinder dabei in der Regel geborgen und entspannt fühlen. Zum Philosophieren braucht es genügend ungestörte Zeit und Konzentration. Um die Kinder zum philosophischen Nachdenken zu motivieren, ist es empfehlenswert, ein philosophisches Gespräch auch zu Hause mithilfe einer Impulsgeschichte anzuregen. Dabei können Eltern oder Grosseltern durchaus auf bestehende Geschichtensammlungen zurückgreifen.

Auf unserer Fachstellenwebsite lässt sich eine entsprechende thematisch gegliederte Literaturliste herunterladen. Auch viele Bilderbücher eignen sich gut als Einstiegsimpulse zum Philosophieren. Da in solchen Geschichten jedoch am Schluss das Problem meistens aufgelöst wird, empfehlen wir, die Geschichte bei einer spannungsreichen Stelle zu unterbrechen und diese Energie für das Anregen des philosophischen Nachdenkens zu nutzen: «Stimmst du der Figur XY zu?» Oder: «Findest du es richtig, was Figur XY hier macht?»

Buchtipp

Eva Zoller Morf: Selber denken macht schlau. Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen. Anregungen für Schule und Elternhaus. Zytglogge Verlag 2022, 144 Seiten, ca. 23 Fr.
In ihrem Buch stellt die Kinderphilosophin Eva Zoller Morf zahlreiche Bilderbücher vor, die sich als Impulse zum Philosophieren eignen.

Meine Kinder bringen oft ähnliche Themen wie bei der Kuchengeschichte mit an den Mittagstisch, die dann auch rege diskutiert werden. Was unterscheidet die Diskussion dann vom Philosophieren?

Wenn Ihre Kinder ähnlich wie die Figur Tamara persönlich in eine Problemsituation verwickelt sind, möchten sie in erster Linie eine konkrete Lösung für das Problem finden und diese mit anderen diskutieren. Sie haben wahrscheinlich weniger das Bedürfnis, in einer philosophischen Reflexion die betreffenden grundlegenden Begriffe zu erkunden. Wenn Ihr Sohn beispielsweise in einem akuten Konflikt mit seinem Freund steht und dabei auch starke Gefühle im Spiel sind, ist er wahrscheinlich vor allem daran interessiert, wie er mit seinen Gefühlen und seinem Freund umgehen kann, und kaum daran, in einer grundlegenden Weise darüber nachzudenken, was eigentlich eine gute Freundschaft ausmacht.

Im Lehrplan 21 ist der Auftrag enthalten, dass alle Kinder ab dem Kindergarten lernen, philosophische Fragen zu stellen und mögliche Antworten zu prüfen.

Die Kinder darin zu fördern, diese Kompetenzen auszubilden, ist ein wichtiger Auftrag im Lehrplan. Um ihn mit hoher Qualität umsetzen zu können, ist eine entsprechende Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen entscheidend. In Seminaren und Weiterbildungskursen lernen sie die Didaktik des Philosophierens mit Kindern kennen, erproben sie in der Praxis und tauschen sich über Stolpersteine aus.

Kinder lernten durch das Philosophieren, sich eine eigene Meinung zu bilden, so Christoph Buchs.

Es wird empfohlen, ungefähr im zweiten Kindergarten zu beginnen. Warum zu diesem Zeitpunkt?

Bereits fünf- bis sechsjährige Kinder sind an bestimmten philosophischen Themen wie Freundschaft, Gerechtigkeit oder Mensch und Tier interessiert und lassen sich davon ansprechen. Auch die nötigen sprachlich-kognitiven Voraussetzungen bringen Kinder in diesem Alter mit. Da Philosophieren im Modus des Denkens und Sprechens stattfindet, setzt es eine abgeschlossene Sprachentwicklung voraus, das heisst ein grammatikalisch weitgehend fehlerfreies Sprechen in komplexen Sätzen. Dies erreichen die Kinder in der Regel im Alter von vier bis sechs Jahren, also in den Kindergartenjahren. Daher können Kinder dann – mit altersgerechten Impulsgeschichten – erste basale Schritte des gemeinsamen Philosophierens wagen und einüben.

Weshalb eignet sich das schulische Umfeld besser für das Philosophieren mit Kindern als dasjenige zu Hause?

Wichtig sind zwei Faktoren. Erstens die Arbeitsatmosphäre. Die Kinder wissen, dass die Lehrperson etwas von ihnen verlangen darf, dass es in der Schule ums Lernen geht und dies mit Anstrengung verbunden ist. Damit geht auch die klare Rollenverteilung einher: Die Lehrperson leitet ein philosophisches Gespräch, die Kinder sind Gesprächsteilnehmende.

Zweitens ist die Gruppengrösse sehr wichtig. Als sehr produktiv hat sich eine Gruppe von 10 bis 15 Schülerinnen und Schülern erwiesen. Ein philosophisches Gespräch lebt von zwei grundlegenden, sich abwechselnden Denkbewegungen: Meinung äussern und begründen auf der einen Seite, Meinungen und Gründe durch Einwände herausfordern auf der anderen Seite. Es ist kaum möglich, eine solch anregende Gesprächssituation zu Hause zu schaffen, wenn bloss zwei bis drei Personen beteiligt sind.

Das Kind muss wissen, dass es aufgrund seiner Ansichten nicht ausgelacht wird.

Können Sie ein Beispiel für diese Denkbewegungen nennen?

In einer dritten Klasse stellte sich die Frage: Was bedeutet eigentlich Glück? Sina bestimmte in einer ersten Runde diesen Begriff so: «Glück ist, wenn alles geschieht, was ich mir wünsche.» Ein anderer Schüler forderte diese Bestimmung durch folgendes Gegenbeispiel heraus: «Aber was ist, wenn sich Sina in der Wut wünscht, dass ein Wirbelsturm kommt und ihr ganzes Haus wegfegt? Wenn alles passiert, was man sich wünscht, dann auch das. Wäre dann Sina immer noch glücklich?»

Eine gute Frage, die der Junge eingeworfen hat. Was passiert in solchen Momenten?

Die Kinder erkennen durch den Einwand, dass Sinas Begriffsbestimmung von Glück in der ursprünglichen Form nicht haltbar ist; sie muss angepasst oder sogar ganz fallen gelassen werden. Man sieht hier gut, wie sich die beiden Denkbewegungen «Meinung einbringen» und «Meinung herausfordern» auf unterschiedliche Kinder verteilen.

Gibt es sonstige Rahmenbedingungen, die beachtet werden müssen?

Ganz wichtig für ein philosophisches Gespräch ist ein sogenannter Safe Place. Das Kind kann in einem Safe Place darauf vertrauen, dass es aufgrund seiner Ansichten weder ausgelacht, persönlich attackiert noch verhöhnt wird. Auf der Seite der anderen Gesprächsteilnehmenden erfordert eine solche Redefreiheit die soziale Kompetenz, den anderen aufmerksam zuzuhören und sie aussprechen zu lassen.

Philosophieren heisst, starke von schwachen Argumenten zu unterscheiden.

Was ist Wahrheit? Darf man lügen? Auf philosophische Fragen gibt es nie die eine richtige Antwort. Wie gehen Kinder damit um?

Ja, philosophische Fragen kennen keine abschliessenden Antworten. Zu einer Frage können verschiedene, teilweise unvereinbare Meinungen vertreten werden. Philosophieren lebt von der Diskussion dieser unterschiedlichen Meinungen: Es geht darum, eine Meinung mit möglichst guten Gründen oder Argumenten zu stützen und gegen mögliche Einwände zu verteidigen. Aus der Tatsache, dass die Ergebnisse des Philosophierens vorläufig sind, darf man jedoch nicht schliessen, dass jede Meinung gleich richtig und jedes Argument gleich gültig wäre. Dies würde heissen, dass Philosophieren beliebig und unverbindlich wäre.

«Philosophische Reflexionskompetenz spielt für die Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens insgesamt eine wichtige Rolle», sagt Christoph Buchs im Gespräch mit Fritz+Fränzi-Autorin Susanna Valentin.

In der philosophischen Auseinandersetzung geht es aber gerade darum, die starken von den schwachen Argumenten zu unterscheiden. Allerdings unterscheidet sich das Philosophieren diesbezüglich nicht von den Wissenschaften. Forschung zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass Antworten aus einer durchgeführten Studie durch gute Argumente herausgefordert werden können und sollen. Für Kinder ist Philosophieren somit eine Möglichkeit unter anderen, mit diesem Merkmal von Erkenntnisprozessen vertraut zu werden.

Die Kompetenzen, die beim Philosophieren gelernt werden, sind auch Grundpfeiler, um später Teil einer demokratischen Gesellschaft sein zu können.

Besonders die Haltung und Bereitschaft, Meinungen und Argumente zu hinterfragen, sowie die dazu nötigen argumentativen und sozialen Fähigkeiten, die Kinder beim Philosophieren einüben, sind wichtig für eine eigenständige Teilnahme an demokratischen Entscheidungsprozessen. Doch dies macht nur einen geringen Teil des Lebens eines Menschen aus. Philosophische Reflexionskompetenz kann für die Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens insgesamt eine wichtige Rolle spielen, indem sie Kindern und Erwachsenen erlaubt, sich in grundlegenden Sinn- und Wertfragen eigenständig orientieren zu können, statt nach Vorgaben oder Vorstellungen anderer zu leben.

Das Leben hält viel Spannendes, aber auch sehr Schwieriges bereit – die Klimakrise, Krieg in Europa. Im Moment stecken wir in einer Situation, die auch oder gerade für Kinder schwierig zu verstehen ist. Kann das Philosophieren helfen, mit solchen Tatsachen umzugehen?

Nur in einem sehr eingeschränkten Sinn. Die Angst vor Krieg wird in der Regel nicht kleiner, wenn wir darüber philosophieren, und ein philosophisches Gespräch ist kein psychologisches Coaching und keine Therapie. Eventuell kann Philosophieren in indirekter Weise hilfreich sein. Wie wir gesehen haben, unterstützt Philosophieren die Kinder darin, sich im Denken zu orientieren. Für das Finden eines persönlichen Standpunktes zum Beispiel in Bezug auf die Klimakrise kann es helfen, wenn Kinder und Jugendliche über grundlegende Begriffe wie Verantwortung, Natur, Wissenschaft oder Wirtschaft nachdenken; dies allerdings immer auch unter Einbezug von zuverlässigem fachlichem Wissen.

Susanna Valentin
schätzt das durchlässige Schweizer Bildungssystem und hat es gleich selbst genutzt. Vor vier Jahren liess sich die diplomierte Heil- und Sozialpädagogin zur Fachjournalistin ausbilden.

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