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«Die Lehrperson führt durch den Prozess, die Berufsberatung ergänzt»

Lesedauer: 3 Minuten

Laufbahn-Experte Daniel Reumiller über Aufgaben und Grenzen der Berufsberatung und was hilft, wenn Eltern ihr Kind bei der Berufswahl anders beurteilen als die Schule.

Interview: Stefan Michel
Bild: Rawpixel

Herr Reumiller, viele Schulen und Lehrpersonen begleiten ihre ­Schülerinnen und Schüler eng und ­bieten so selber Berufsberatung an. Wie stehen Sie dazu?

Die Lehrperson führt die Jugendlichen durch den Berufswahl­prozess. Das sieht auch der Lehrplan 21 so vor. Die Berufsberatung bringt die fachliche Expertise ein. Dies sowohl bei einzelnen Schülerinnen und Schülern als auch gegenüber der Schule und der einzelnen Lehrperson. 

Viele Jugendliche kommen nur in der Schule in Kontakt mit der Berufsberatung. Wie steht es um die Qualität der Berufsberatung durch die Lehrpersonen?

Nur rund ein Drittel aller Jugendlichen kommt in eine individuelle Berufsberatung. Die Klassen und auch die Eltern nehmen aber an obligatorischen Informationsveranstaltungen der Berufsberatung teil. Das ist flächendeckend so. Was die Qualität der Beratung durch die Schule betrifft: Im Kanton Bern muss jede Schule ein Berufswahlkonzept erarbeiten und dieses mit den Fachleuten des zuständigen Berufsinformationszentrums besprechen. Klar kennen sich nicht alle Lehrpersonen gleich gut aus in der Berufsbildung. Wir sind mit ihnen in Kontakt, damit die Qualität der Unterstützung durch die Lehrpersonen sichergestellt ist.

Daniel Reumiller leitet die BIZ Berufsberatungs- und Informationszentren des Kantons Bern und ist Präsident der Schweizerischen Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung.

Wo hört denn die Zuständigkeit der Schule in der Berufsberatung auf?

Das ist nicht klar definiert und hängt von der Erfahrung und vom Wissen der Lehrperson ab. Die Berufsberatung ist verantwortlich für Auskünfte zu einzelnen Berufen wie auch zum gesamten Spektrum der Berufswelt, zu Fragen der Auswahl, zu Möglichkeiten des Berufsbildungssystems. Vertiefte Abklärungen und Diagnostik sind klar Aufgaben der Berufsberatung. 

Dann muss das jede Lehrperson ­einzeln mit dem zuständigen ­Berufsinformationszentrum klären?

Die Zusammenarbeit ist wichtig. Die Lehrperson kennt die Schülerin, den Schüler, seine Stärken und Schwächen ja sehr gut. Auch wenn eine Schülerin in die Berufsberatung kommt, soll das nicht abgekoppelt von der beruflichen Orientierung in der Schule laufen. Auch hier gilt: Die Lehrperson führt den Jugendlichen durch den Prozess. Die Berufsberatung ergänzt, wo zusätzliche Expertise nötig ist.

In sieben Schritten den eigenen Weg finden

Die Wahl der passenden Ausbildung nach der Sekundarschule lässt sich in sieben aufeinanderfolgende Aufgaben einteilen:

Wie gehen Sie mit Eltern um, die ­finden, die Lehrperson schätze ihr Kind falsch ein?

Diese Situation gibt es immer wieder: Die Lehrperson sagt zum Beispiel, eine KV-Lehrstelle sei mit diesen Schulleistungen unrealistisch, die Eltern sehen das anders. Hier können wir als Berufsberatende eine neutralere, objektivere Sicht einbringen. Unsere Potenzialabklärungen sind unabhängig davon, was zwischen einer Lehrperson und einer Schülerin im Schulalltag vorgefallen ist.

Was lässt sich optimieren in der Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung?

Grundsätzlich ist der Austausch schon jetzt sehr gut. Im Kanton Bern beispielsweise bespricht die zuständige Berufsberaterin mit dem Lehrer für jede Schülerin und jeden Schüler, was es für eine gute Anschlusslösung braucht. Nach meiner Kenntnis trifft das auch auf zahlreiche weitere Kantone zu. Aber natürlich ist nicht jede einzelne Schule gleich weit und nicht jede Lehrperson ist bezüglich Berufswelt und Berufsbildungssystem auf dem neusten Stand.

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Stefan Michel
ist freier Journalist und Texter und lebt mit seiner Partnerin und zwei Kindern in Zürich.

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