«Gesunde Geschwister kommen oft zu kurz»

Die Pflege und Betreuung eines beeinträchtigen Kindes verlangt Eltern viel ab. Gesunde Kinder rücken dabei oft in den Hintergrund. Der Verein Raum für Geschwister bietet betroffenen Familien Unterstützung.
Frau Marbach, was bezweckt Ihr Verein?
Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder, die ein schwer krankes oder beeinträchtigtes Geschwister haben, sich gesund entwickeln dürfen. Pflege und Betreuung eines kranken Kindes fordern Eltern so sehr, dass die Bedürfnisse gesunder Geschwister oft zu kurz kommen. Auf Dauer ist das für diese belastend – Eltern wissen das und leiden auch darunter.
Es wichtig ist, dass es regelmässig Gelegenheit für Momente ungeteilter elterlicher Aufmerksamkeit gibt.
In Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern haben wir die Lebenssituation der Geschwister von Menschen mit Beeinträchtigung untersucht. Wir wollten herausfinden, welche Faktoren ihre gesunde Entwicklung fördern oder aber hemmen.
Was ist für Geschwisterkinder wichtig?
Sie wollen über den Gesundheitszustand des Bruders oder der Schwester transparent informiert werden, dass man zu Hause offen darüber spricht, Eltern und Fachpersonen sie in wichtige Gespräche und Entwicklungen mit einbeziehen, ihnen Dinge erklären und für ihre Fragen ein offenes Ohr haben. So betrifft unser Engagement auch die Sensibilisierung von Ansprechpersonen aus Medizin, Heilpädagogik oder Sozialarbeit – damit sie an die gesunden Geschwister denken und sie mitinvolvieren.

Für Geschwisterkinder ist Exklusivzeit mit den Eltern zudem eine enorme Ressource. Das muss nicht gleich ein Tagesausflug sein – wichtig ist, dass es regelmässig Gelegenheit für Momente ungeteilter elterlicher Aufmerksamkeit gibt. Kraft schöpfen Geschwisterkinder zudem aus ihren Hobbys, gerade im Jugendalter.
Wie helfen Sie diesen Kindern weiter?
Gemeinsam mit der Kifa-Stiftung Schweiz lancierten wir das Angebot «Zeit schenken». Wir entlasten Eltern in der Betreuung eines kranken Kindes, damit sie mit dessen Geschwistern Exklusivzeit verbringen können. Auch haben wir eine Gesprächsgruppe für Geschwisterkinder ins Leben gerufen. Zu merken, dass sie mit ihrer Situation nicht allein sind, tut betroffenen Kindern und Jugendlichen sehr gut.
Viele empfinden es als beifreiend, sich einfach mal Luft machen zu dürfen – zu Hause tun sie das aus Rücksicht oft nicht. Zur bestehenden Gesprächsgruppe in Baselland sollen bald weitere in anderen Regionen dazukommen. Auch führen wir Weiterbildungen für Eltern und Fachpersonen durch, die nächste findet online im November statt.
Mehr Infos: www.geschwisterkinder.ch