«Die beiden müssen auch eigenständig Lösungen finden»
Linda, 39, Sachbearbeiterin Event-Management, und Patric Thomann, 40, Projektleiter Küchenplanung, leben mit ihren beiden Söhnen in Boll BE. Zwischen Liam, 6, und Robin, 4, kommt es bei Eifersüchteleien schnell zu Handgreiflichkeiten. Die Mutter sagt, dass sich die Eltern dabei Mühe geben, nicht zu schnell einzugreifen.
«Liam, unser älterer Sohn, ist sehr, sehr temperamentvoll. Das zeigt sich vor allem in einer geringen Frustrationstoleranz und bei der Impulskontrolle. Je nach Müdigkeit und Tagesverfassung kann es sein, dass er bei Rivalitätskämpfen schnell körperlich wird.
Seit Robin in einem Alter ist, in dem er wirklich eine Konkurrenz ist, er seinem älteren Bruder Sachen kaputtmachen oder Spielzeug wegnehmen kann, gibt es öfter Rivalitätskämpfe.
Ein anderes Thema ist auch die ‹Mama-Zeit›, die manchmal bei Liam ein bisschen zu kurz kommt. Obwohl er sechs Jahre alt ist, kann er dieses Gefühl nicht in Worte fassen. Er kann nicht sagen: ‹Mami, ich brauche jetzt Zeit mit dir›. Er wird stattdessen eben einfach wütend mit sich selbst oder er macht Quatsch und erschreckt Robin, versucht, ihm Angst einzujagen.
Mein älterer Sohn erschreckt den jüngeren und versucht, ihm Angst einzujagen. Das macht mich spontan total wütend.
Das macht mich spontan total wütend. Klar sagen mein Mann und ich dann manchmal: ‹Hör sofort auf!› Aber so langsam kann ich sein Verhalten für mich übersetzen und verstehe, was er damit eigentlich sagen will. Er fühlt sich allein, er ist müde, er möchte Aufmerksamkeit. Patric und ich haben jetzt eine Möglichkeit gefunden, die recht gut funktioniert. Liam liebt Karten- oder Gesellschaftsspiele. Wenn einer von uns ihm das vorschlägt, dann ist er sofort dabei! Dafür braucht man natürlich die Kapazität. Abends sind wir fast immer zu zweit. Wir arbeiten auch beide nicht Vollzeit: Ich arbeite 60 Prozent, Patric hat eine 80-Prozent-Stelle und macht einen Papa-Tag. Das ist sehr hilfreich. Wir ergänzen uns gegenseitig und können uns auch mal abwechseln, wenn einer von uns keine Nerven mehr hat. Aber natürlich gelingt uns das nicht immer!
Wenn ich bemerke, dass die beiden sich fetzen, ist es eine Gratwanderung, zu erkennen, wann ich eingreifen soll. Wenn die beiden sich heftig prügeln, dann handle ich sofort. Aber ich möchte generell, dass die zwei lernen, eigenständig Lösungen zu finden. Es ist inzwischen auch nicht mehr so, dass immer der Grosse zuerst haut. Ich versuche also, mich so lange rauszuhalten, bis ich das Gefühl habe, dass es kippt und zu grob wird.
Wenn ich zum Beispiel im Nebenraum bin und höre, dass es laut wird, gehe ich etwas zeitverzögert dorthin und frage etwas wie ‹Braucht ihr meine Hilfe?›. Das hilft recht gut, weil sie dann selbst überlegen, was Sache ist. Manchmal sagen sie dann wirklich: ‹Ja.› Und dann versuchen wir zusammen herauszufinden, um was es denn eigentlich geht. Das Verständnis hilft manchmal schon, um den Rivalitätskampf aufzulösen.»