Wie umgehen mit Eifersucht? Tipps aus der Redaktion
«Aber ich habe viel weniger bekommen!» oder: «Wer ist dein Lieblingskind, Mami?» Wir haben uns in Redaktion und Verlag umgehört, welche Strategien und Tricks zur Wiederherstellung des Familienfriedens wirklich funktionieren.
«Wartet man, bis Blut fliesst?»
Als Vater von zwei frühpubertierenden Kindern (12 und 10) beobachte ich fasziniert – mitunter auch fassungslos –, wie Geschwister es täglich schaffen, sich in die Haare zu kriegen. Alles aufzuschreiben, würde Seiten füllen. Die ständige Rivalität zwischen den beiden, dieses stete Buhlen um Aufmerksamkeit bringt meine Frau und mich oft an den Rand der Verzweiflung. Und die Frage, wie man sich als Eltern richtig verhält. Lässt man es Kind 1 durchgehen, wenn Kind 2 es wiederholt als dumm tituliert? Was tut man, wenn sich Kind 1 und Kind 2 minutenlang fetzen, wer beim Vorlesen welches Kissen bekommt? Geht man aus dem Raum, geht man dazwischen? Oder wartet man, bis Blut fliesst?
Ich habe – und das gebe ich gerne zu – unser Dossier «Eifersucht» ein bisschen herbeigesehnt. Ich erhoffte mir Antworten auf Fragen wie «Wie viel Konkurrenz sollen Eltern zulassen?», «Können Eltern die Eifersucht zwischen Kindern unbewusst fördern?» oder «Wächst sich die Rivalität unter Kindern irgendwann aus?».
Und wissen Sie was? Ich wurde nicht enttäuscht.
Wie Eltern im Alltag auf ihre Kinder eingehen, ob sie Konkurrenz zulassen, ein Kind bevorzugen oder auf eine faire und gerechte Behandlung aller achten, ob sie jedem innerhalb der Familie feste Rollen zuweisen oder Flexibilität fördern – das alles beeinflusst das Verhältnis der Geschwister untereinander.
Eine für mich tröstliche Aussage stammt von der Sozialpädagogin und Supervisorin Katalin Nef. «Es ist normal, wenn Kinder miteinander konkurrieren. Wettbewerb hilft, sich selber weiterzubringen. Eine gesunde Konkurrenz ist eine Kompetenz, die wir brauchen, um zu überleben.»
Wenn also Kind 1 mit Kind 2 das nächste Mal darum streitet, wer im Auto vorne sitzen darf, schaue ich anders auf die Dinge: Das ist nicht einfach ein Streit – hier geht es um Evolution!
Weitere Anekdoten aus Redaktion und Verlag in Kurzform:
«Schimpfen oder gut zureden: nichts half»
Mit Rivalität unter Geschwistern bin ich als Einzelkind-Mutter nicht konfrontiert. Als Älteste eines Geschwister-Trios ist mir das Thema aber durchaus geläufig. Die Eifersuchtsattacken meiner Schwester auf den Jüngsten im Bunde haben heute – 30 Jahre später können wir darüber lachen – einen festen Platz im Repertoire launiger Familienanekdoten. Über die Tatsache, dass sich zehn Monate nach ihrer Geburt ein Neuzugang ins familiäre Nest gesellte, war meine Schwester damals gar nicht erfreut.
Während ich im Kindergarten und somit anderweitig beschäftigt war, hatte sie keine Lust darauf, die Aufmerksamkeit meiner Mutter zu teilen. Und tat ihr Bestes, um den ungeliebten Wonneproppen loszuwerden: Als mein Bruder zu krabbeln anfing, öffnete sie heimlich die Wohnungstür und setzte ihn auf den Absatz einer Treppe, wo er gerade noch rechtzeitig entdeckt wurde. Das Gleiche in der Küche: Meine Mutter verliess kurz den Raum, die Schwester nutzte die Gunst der Stunde, führte den Bruder zum Ofen – und presste seine Hand an die heisse Glasscheibe. Wenn auf Ausfahrten im Zwillingsbuggy niemand hinsah, kniff sie den Kleinen unter der Decke oder steckte ihm im Schutz des Sonnensegels den Finger ins Auge. Meine Eltern versuchten es wahlweise mit Schimpfen oder gut zureden: nichts half.
Schliesslich war es mein Bruder selbst, der eine neue Ära einläutete, indem er unserer Schwester im Sandkasten einen Eimer überzog. Ab da wuchsen die beiden Stück für Stück zu dem zusammen, was sie in Schulzeit wurden: ein Herz und eine Seele.