Was tun, wenn die Tochter introvertiert und eifersüchtig ist?

Die 13-jährige Tochter von Cornelia ist sehr introvertiert und hängt sich immer nur an eine einzige Freundin. Wenn sich diese auch mit anderen trifft, reagiert sie extrem eifersüchtig. Das sagt unser Expertenteam.
Eine Frage – drei Meinungen
Meine Tochter, 13, hat ein massives Eifersuchtsproblem. Den Kontakt zu ihrer besten Freundin hat sie abgebrochen, nachdem sich diese auch mit anderen Mädchen getroffen hatte. Dass sie zu dritt etwas unternehmen, ist ebenfalls keine Option. Sie ist sehr introvertiert und klammert sich immer nur an einen Menschen. Meine Tochter will keine psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Alles Reden nützt nichts, ich weiss nicht mehr weiter.
Cornelia, 39, Root LU
Das sagt unser Expertenteam dazu:

Freundschaften ändern in diesem Alter oftmals schnell. Mit der Zeit wird gelernt, dass man eine Freundin nicht verlieren muss, wenn diese auch jemand anderen trifft. Viel können Sie nicht tun. Ausser: zuhören. Aufzeigen, was passiert, wenn man abbricht, weil der andere nicht tut, was man möchte. Wege zeigen, wie Ihre Tochter trotzdem Kontakte haben kann. Ausschau halten nach Möglichkeiten, in denen sie mit anderen zusammen sein kann. Motivieren, Kontakte zu pflegen, sie in ihren Stärken bestätigen. Verbunden mit der Hoffnung, dass Ihre Tochter mit der Zeit das Selbstvertrauen und Zutrauen findet, dass sie für andere ein interessanter Mensch ist.

Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft (Grillparzer) – und das auch meistens schafft (Schneider). Wenn Ihre Tochter darüber spricht, erklären Sie ihr mit engelsgleichen Zungen, dass sie sich mit dieser Einstellung ins Unglück stürzt und eine Freundin auch dann eine Freundin ist, wenn sie noch andere Freundinnen hat. Sollte sie das langsam einsehen, kommt die erste grosse Liebe und das Theater geht wieder von vorne los. Es sei denn, Ihre Tochter ist über Ihren Ausführungen zu einer begeisterten Anhängerin des Konzepts der Polyamorie geworden und würde sich lieber die Zunge abbeissen, als weiterhin zu eifersüchteln. (Hat das Kind Geschwister, denen gegenüber es sich benachteiligt fühlt?)

Ich frage mich gerade, ob es tatsächlich Eifersucht ist, die Ihre Tochter mit ihrem Verhalten zeigt, oder nicht vielmehr die Angst, in einer Dreiergruppe unterzugehen. Diese Angst können bestimmt viele Menschen nachvollziehen, denn Gruppendynamiken sind oft schwierig, speziell für introvertierte Menschen. Ermuntern Sie Ihre Tochter, den Kontakt zu ihrer Freundin weiterzupflegen und Kontakt zu anderen Mädchen oder Buben in oder ausserhalb der Klasse zu suchen. Das muss ja nicht in Gruppen geschehen. Und: Fahren Sie mit ihr alleine ein paar Tage weg. Gespräche kann man nicht forcieren, sie passieren, wenn man Erleben teilt.
Das Expertenteam:
- Annette Cina, 51, arbeitet am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. In ihrer eigenen Praxis berät die Psychologin, Psychotherapeutin und dreifache Mutter Jugendliche und Erwachsene. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen, Paarkonflikte, Kindererziehung und Stress.
- Peter Schneider, 66, ist Psychoanalytiker, Kolumnist und Satiriker. War mal Professor für Pädagogische und Entwicklungs-Psychologie an der Uni Bremen, ist immer noch Privatdozent für Klinische Psychologie an der Uni Zürich. Vater und Ehemann eines erwachsenen Sohnes und einer erwachsenen Frau aus und in erster Ehe.
- Nicole Althaus, 54, ist Chefredaktorin Magazine und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf tagesanzeiger.ch initiiert und war Chefredaktorin von «Wir Eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei erwachsenen Kindern.
In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten Ihre Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern.
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