Hilfe, mein Kind und seine Freundin sind so frech!

Ein Vater erlebt eine für ihn mühsame Situation mit seiner Tochter und grenzt sich scharf ab. Nun plagt ihn sein schlechtes Gewissen. Das sagt unser Expertenteam.
Eine Frage – drei Meinungen
Neulich hatte meine Tochter, 6, ihre Kindergartenfreundin zu Besuch. Nach dem Mittagessen fand es meine Tochter lustig, mir auf den Hintern zu hauen. Ich sagte ihr freundlich, aber deutlich, dass ich das nicht möchte. Trotzdem ahmte ihre Freundin den Klaps auf meinen Po kurz darauf nach – worauf ich ihr noch deutlicher wiederholte, dass ich das nicht will. Nun möchte die Freundin nicht mehr zu uns kommen, wenn ich da bin. Und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich mit ihr geschimpft habe. Wie bügle ich das wieder aus?
Niklas, 42, St. Gallen
Das sagt unser Expertenteam dazu:

Ein schlechtes Gewissen brauchen Sie wegen des Inhalts der Zurechtweisung nicht zu haben. Auch wenn der Klaps auf den Po sicher harmlos war, haben einzig Sie selber zu beurteilen, ob Sie das tolerieren oder nicht. Ob der Ton angemessen war, kann ich nicht beurteilen. Dass die Freundin Ihrer Tochter nicht mehr zu Ihnen kommen möchte, ist aber wohl ein Zeichen, dass er etwas zu harsch war. Reden Sie mit dem Mädchen. Erklären Sie ihm, dass Sie ihm nicht böse sind. Dass Sie es einfach nicht mögen, gehauen zu werden, sich aber sehr darüber freuen, wenn es wieder regelmässig zu Besuch kommt.

Wer nicht will, der hat schon. Klingt hart, ist aber so. Es ist Ihr gutes Recht, zu sagen, wenn Ihnen das nicht passt. Wenn das Mädchen doch wieder einmal vorbeischaut, können Sie ihr ja mit etwas netteren Worten erklären, warum Sie so etwas nicht mögen. «Ausbügeln» müssen Sie aber nichts. Auch nicht bei den Eltern. Sie bestehen ja nicht auf der Einhaltung seltsamer Regeln, sondern nur darauf, dass man Ihnen nicht einfach aufs Füdli haut, und schon gar nicht, wenn Sie es Ihrer Tochter zuvor schon gesagt haben.

Kindergartenkinder wissen oft noch nicht, in welchen Kontexten sie etwas tun oder nicht tun dürfen. Damit sie lernen können, wo die Grenzen bei anderen verlaufen, brauchen sie Rückmeldung. Es ist daher in Ordnung und wichtig, dass Sie dem Mädchen Ihre Grenzen deutlich machten. Schuldgefühle brauchen Sie nicht zu haben, wenn Sie nicht zu extrem reagiert haben. Warten Sie zu. Bei einer nächsten Gelegenheit, bei der Sie das Mädchen wieder sehen, gehen Sie freundlich und wohlwollend auf dieses zu. Sprechen Sie das damalige Geschehen nicht mehr an. Zeigen Sie: Das, was war, ist vorbei und vergessen.
Das Expertenteam:
- Annette Cina, 52, arbeitet am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. In ihrer eigenen Praxis berät die Psychologin, Psychotherapeutin und dreifache Mutter Jugendliche und Erwachsene. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen, Paarkonflikte, Kindererziehung und Stress.
- Peter Schneider, 65, ist Kolumnist, Satiriker, Psychoanalytiker, Privatdozent für klinische Psychologie an der Uni Zürich und Gastprofessor für Geschichte und Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
- Nicole Althaus, 55, ist Chefredaktorin Magazine und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf tagesanzeiger.ch initiiert und geleitet und war Chefredaktorin von «wir eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern.
In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten Ihre Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern.
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