27. Juni 2023
Wie lobt man ein Kind richtig?

Lesedauer: 2 Minuten
Der 14-jährige Sohn von Franz und Berta aus Basel gehört zu den Klassenbesten. Neulich beklagte er sich, dass die Eltern seine Leistungen zu wenig würdigten.
Eine Frage – drei Meinungen
Unser Sohn, 14, ist einer der besten Schüler der Klasse. Neulich hat er sich darüber beklagt, dass wir seine Leistungen zu wenig würdigen. Wie lobt man ein Kind richtig? Und was halten Sie von Geldgeschenken für gute Noten?
Franz, 59, und Berta, 48, Basel
Das sagt unser Expertenteam dazu:

Nicole Althaus: Normalerweise bin ich keine Verfechterin von Loben am laufenden Band. Die Aufgabe von Eltern ist das umsichtige Begleiten, nicht das kurzsichtige Bejubeln wie Cheerleaders. Eine Anerkennung im richtigen Moment ist aber wichtig. Jungs, die sich in der Schule anstrengen, müssen nur schon für ihren Mut gelobt werden, sich gegen die Norm zu stellen. Denn unter pubertären Buben gilt laut Margrit Stamm, Professorin für Erziehungswissenschaften, noch immer: Schulerfolg ist weibisch. Seien Sie stolz auf Ihren Sohnemann und lassen Sie es ihn bei möglichst vielen Gelegenheiten wissen!

Peter Schneider: Geldgeschenke für gute Noten sind so etwas wie ein erzieherisches Bonussystem. Warum sollte für Kinder gut sein, was sich in der Finanzwirtschaft als schädlich erwiesen hat? Man darf die intrinsische Motivation für Leistungen aber auch nicht überbewerten. Wenn man tolle Noten schreibt, aber kein Schwein guckt, weil alle den kühnen Kopfstand schon selbstverständlich zu finden scheinen (Sie erinnern sich an den einschlägigen Waechter- Cartoon? Wenn nicht: googeln!), kann das demotivierend sein. Sagen Sie Ihrem Sohn, dass es Ihnen leidtut, wenn Sie den Eindruck von Desinteresse erwecken, und fragen Sie ihn, was Sie wie ändern können.

Annette Cina: Es gibt verschiedene Arten von Lob. Ein gezieltes Lob ist dann angebracht, wenn ein Kind Verstärkung und Motivation braucht. Oder damit es bemerkt, dass ihm etwas gut gelungen ist. Ein Lob kann auch Anerkennung ausdrücken. Jedes Kind braucht sehr individuell und spezifisch Lob. Jedoch: Kinder vergleichen. Manchmal fühlen sie sich dann nicht ganz gerecht behandelt. Vielleicht braucht Ihr Sohn nicht Motivation und Belohnung, sondern Anerkennung und das Gefühl, gesehen zu werden. Zeigen Sie Ihrem Sohn, dass Sie stolz auf ihn sind. Freuen Sie sich mit ihm über eine gute Note.
Das Expertenteam:
- Annette Cina, 51, arbeitet am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. In ihrer eigenen Praxis berät die Psychologin, Psychotherapeutin und dreifache Mutter Jugendliche und Erwachsene. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen, Paarkonflikte, Kindererziehung und Stress.
- Peter Schneider, 66, ist Kolumnist, Satiriker, Psychoanalytiker, Privatdozent für klinische Psychologie an der Uni Zürich und Gastprofessor für Geschichte und Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
- Nicole Althaus, 54, ist Chefredaktorin Magazine und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf tagesanzeiger.ch initiiert und geleitet und war Chefredaktorin von «wir eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern.
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