Das Smartphone achtsam nutzen - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Das Smartphone achtsam nutzen

Lesedauer: 10 Minuten

Jeden Tag gibt es neue Apps, Games, Funktionen und Geräte. Die Ratschläge zur Medienerziehung hinken oft der technischen Entwicklung hinterher. Gerade deshalb sind sich Experten in ­einem Punkt einig: Eltern sollten Vorbild sein. Wie aber sieht ein bewusster Gebrauch von Smartphone und anderen Medien aus? Wie integrieren wir die Geräte in unseren Familienalltag, ohne von ihnen beherrscht zu werden?

Text: Bianca Fritz
Bild: Kostas Maros / 13 Photo

Wie viel Zeit darf mein Kind mit Medien verbringen? Die Frage erscheint simpel. Die Antwort ist es nicht. «Es ist heute unmöglich, Bildschirmzeiten festzulegen, die für alle Familien und Umstände gelten», sagt der französische Psychoanalytiker Serge Tisseron. Noch vor wenigen Jahren hatte ebendieser mit der 3-6-9-12- Regel klare Begrenzungen vorgegeben. Demnach sollten Kinder unter drei Jahren keine Bildschirmmedien konsumieren, Kinder mit zwölf Jahren maximal zehn Stunden die Woche. Damals allerdings hiess Bildschirm noch hauptsächlich Fernsehen.

Heute taugt die Regel von 2008 in dieser Starrheit nicht einmal mehr als Orientierung, denn sie wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Sollten Eltern etwa ihren Kleinkindern Smartphone-Fotos wirklich nicht zeigen, nur weil diese auf einem Bildschirm zu sehen sind? Und müssen Schüler die Zeiten, die sie mit Lernapps verbringen, von ihrer zugestandenen Bildschirmzeit abziehen?

Feste Vorgaben sind nicht mehr sinnvoll, darin sind sich viele Experten einig. Doch woran merken Eltern dann, dass ihre Kinder zu viel vor dem Bildschirm sitzen, und woran sollen sie sich beim Aufstellen individueller Regeln orientieren? Welche Rolle spielt ihr eigenes Nutzungsverhalten dabei? 

Medienregeln müssen individueller werden

Serge Tisseron hat eine Kehrtwende gemacht, was seine Mediennutzungsregel angeht – weg von den konkreten Vorgaben, hin zu eher generelleren Empfehlungen für diverse Altersstufen. Zum Beispiel: Bei Kleinkindern Geräte in der Hand behalten und ihnen diese nicht überlassen. Oder: Mit Kindern ab sechs Jahren die Diskussion darüber suchen, was ins Internet gestellt werden soll und was nicht. «Wir müssen das enorme kreative und interaktive Potenzial berücksichtigen, das die digitalen Medien heute haben», sagt Tisseron. (Die Zusammenfassung seiner neuen Empfehlungen lesen Sie in diesem Artikel.)

Auch Isabel Willemse, Medienpsychologin und Psychotherapeutin mit dem Schwerpunkt Onlinesucht an der ZHAW Zürich, will sich nicht auf Zeitvorgaben festlegen (siehe Interview). Welche Nutzungsdauer schädlich für Kinder ist, hänge vom Charakter des einzelnen Kindes ab und müsse von den Eltern selbst eingeschätzt und immer wieder überprüft und angepasst werden. Das ist anstrengend, sorgt aber dafür, dass Eltern und Kinder im Gespräch über Medien bleiben.

Selbst eine einheitliche Definition einer problematischen Mediennutzung gibt es derzeit nicht. Die Erhebungen werden dadurch erschwert, dass die modernen digitalen Geräte so viele potenziell abhängig machende Mechanismen in sich vereinen. Lediglich die Computerspielsucht ist eine von der WHO anerkannte ­Verhaltenssucht. Wer viele Mails schreibt, via Whatsapp kommuniziert oder sich in sozialen Netzwerken vergleicht, denkt daher selten an eine Sucht.

Im Schweizer Fachforum Jugend und Medien im Mai 2019 haben Suchtberatungsstellen berichtet, dass Eltern fast immer nur mit ihren gamenden Söhnen Hilfe suchen. Das Verhalten der Töchter, die ähnlich viel Zeit am Handy mit sozialen Medien, Videos und Chats verbringen, wird hingegen seltener hinterfragt. Larissa Hauser von der Suchtpräventionsstelle der Stadt Winterthur sagt: «Wir sind auf Ursachensuche. Ein Grund könnte sein, dass Mütter – und es sind fast immer Mütter, die ihr Kind zur Suchtberatungsstelle bringen – dem Gamen besonders kritisch gegenüberstehen, weil sie es aus dem eigenen Mediengebrauch nicht kennen.»

Jedes dritte Primarschulkind sagt, dass es das Handy heimlich abends nutzt. Aber auch Erwachsene gehen wegen des Gerätes später schlafen.

Aber wie viel sind unsere Jugendlichen denn nun wirklich am Handy? Gemäss ihrer Selbsteinschätzung in der JAMES-Mediennutzungsstudie 2018 sind Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren durchschnittlich zweieinhalb Stunden pro Wochentag online – und das meist am Smartphone oder Tablet. Am Wochenende sind es vier Stunden pro Tag. Insgesamt sind das zwei Stunden mehr pro Woche als noch 2016.

In einer Zusatzauswertung der Studie wurde untersucht, bei wie vielen Jugendlichen das Onlineverhalten problematisch ist. Ergebnis: Rund 20 Prozent zeigen eine risikobehaftete oder gar problematische Verhaltensweise. Sie geben beispielsweise an, dass sie ihren Internetkonsum verbergen, ihre schulische Leistung und die Zeit mit Freunden darunter leiden und es ihnen schwerfällt, offline zu gehen. Diese Risikogruppen verhalten sich online auch anders als der Durchschnittsjugendliche. Sie geben eher Daten in sozialen Netzwerken preis, verbreiten häufiger mediale Gewalt und haben in mehr Fällen Erfahrungen mit Cybermobbing gemacht.

Auch bei den Jüngeren nimmt die Mediennutzung zu: Fast die Hälfte der Primarschulkinder hat laut Mediennutzungsstudie MIKE 2017 ein eigenes Handy – fast immer ein Smartphone. Etwas mehr als ein Drittel gibt an, das Handy heimlich abends zu nutzen, wenn die Kinder eigentlich schlafen sollten – und das mindestens einmal pro Woche.

Machen zwei Stunden Medien schlau und vier Stunden dumm?

Kein Smartphone ist aber auch keine Lösung: Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigte jüngst auf, dass Kinder, die keine Medien nutzen, von ihren Lehrpersonen schlechter eingeschätzt wurden, was Konzentrationsfähigkeit und soziale Kompetenzen angeht, als ihre Kollegen, die bis zu zwei Stunden täglich vor dem Bildschirm sind. Die Forschungsleiter führen dies darauf zurück, dass die Kinder besser integriert sind, wenn sie bestimmte Games und Serien kennen. Und darauf, dass einige Computerspiele die Konzentrationsfähigkeit fördern könnten. Allerdings verkehre sich der Effekt ins Negative, sobald die Kinder mehr als vier Stunden pro Tag mit Medien verbringen würden.

Also doch eine Zahl, an der man sich orientieren kann? Machen zwei Stunden Bildschirmzeit schlau, vier Stunden aber dumm? Ganz so einfach ist es nicht. In den Familien mit moderater Mediennutzung haben auch andere Freizeitvergnügen wie Musizieren oder Sport einen hohen Stellenwert. Und diese wirken sich ebenfalls positiv auf die kognitiven und sozialen Fähigkeiten aus.

Auch wenn es keine handfesten Zeitempfehlungen mehr gibt, sind sich Experten und Studien einig, dass eine Begrenzung der Mediennutzung sinnvoll ist. Doch wie legen Eltern diese individuell fest? Und die entscheidendere Frage: Wie können Mütter und Väter diese im Familienalltag durchsetzen? An dieser Stelle kommt das eigene Nutzungsverhalten ins Spiel. «Kinder sind Weltmeister im Nachmachen und Eltern sind lange Zeit ihre wichtigsten Modelle», sagt Lutz Jäncke, Professor für Neuropsychologie an der Universität Zürich.

Viele Erwachsene tun sich schwer mit massvoller Handynutzung  

Wie steht es also um die Vorbildfunktion der Erwachsenen? Haben sie ihren Handykonsum im Griff? Laut dem Statistik-Portal Statista geben 21 Prozent der Erwachsenen in der Schweiz an, dass sie aufgrund des Smartphones nicht zur vorgesehenen Zeit schlafen gehen. Je 23 Prozent sagen, dass sie sich vom Gerät ablenken lassen und dass sie das Gefühl haben, ständig erreichbar sein zu müssen. Immerhin: 31 Prozent gönnen sich täglich bewusste Offlinezeiten.

Spannend ist auch die Frage, wie oft wir andere Tätigkeiten zugunsten des Smartphones unterbrechen. Die Forscher des deutschen Men­thal-Balance-Projekts der Universität Bonn haben über eine App das Verhalten von inzwischen Hunderttausenden Smartphone-Nutzern untersucht. Im Schnitt aktivierten diese 88 Mal pro Tag ihr Handy. Davon 35 Mal, um auf die Uhr zu schauen oder zu prüfen, ob sie eine Nachricht erhalten haben; 53 Mal, um zu surfen, zu chatten oder eine App zu nutzen. Nimmt man an, dass die Probanden acht Stunden schliefen, so blickten sie etwa alle 11 Minuten auf ihr Smartphone.

Das Problem mit der ständigen Unterbrechung: Unser Gehirn ist nicht fähig, sich mehr als einer Sache gleichzeitig zu widmen. Wenn wir also multitasken, springt unser Kopf zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her. So sind wir weit weniger effektiv und ermüden schneller. Wir geraten nicht in Flow-Zustände, sind nie ganz anwesend und letztendlich sogar weniger glücklich. Hirnforscher Lutz Jäncke sagt: «Wenn wir uns Ziele setzen und uns anstrengen, diese zu erreichen, bescheren wir uns das schönste Gefühl, dass wir selbst erzeugen können: Stolz.

Mütter und Väter ersetzen mit ihren Medienregeln und Vorgaben den fehlenden Frontalkortex der Kinder und Jugendlichen.

Hirnforscher Lutz Jäncke

Genau davon aber halten uns die ständigen Verlockungen ab, die in den digitalen Geräten schlummern. Lutz Jäncke beschreibt den Zustand, den das Gehirn beim Herumsurfen oder Seriengucken einnimmt, wie folgt: «Wir halten ein gutes Mass an Spannung. Gleichzeitig wird unser Lustzentrum aktiviert und unangenehme Gefühle werden heruntergefahren. Wir konsumieren, ohne dass wir bewusst und kontrolliert arbeiten. Das ist angenehm, aber auf Dauer nicht befriedigend, weil wir nichts leisten.» 

Das ist eine Erklärung dafür, warum wir uns oft leer und unglücklich fühlen, wenn wir uns im Medienkonsum haben treiben lassen. Der zweite Grund ist das, was wir sehen: Perfektion und Glück. Gerade für Kinder und Jugendliche sind hier Realität und Schein nur schwer zu unterscheiden, diese Reflektions­fähigkeit müssen sie erst erlernen.

Stimuli reduzieren, Selbstdisziplin trainieren

Um weniger zum Smartphone zu greifen oder das Smartphone schneller wieder wegzulegen, gilt es die Stimuli, die vom Gerät ausgehen, besser zu kontrollieren. Da sind zum einen die Nachrichtenreize, die von News, Mails, Whatsapp-Nachrichten ausgehen. Dazu kommt alles, was unser Lustzentrum aktiviert – von lustigen Katzenvideos über Musikclips bis hin zur Pornografie. Auch das Belohnungszentrum im Gehirn wird angesprochen – zum Beispiel durch Likes in sozialen Netzwerken oder durch das Erreichen eines neuen Levels in einem Game. Der einzige Weg, all dem Herr zu werden, ist die Selbstdisziplin zu trainieren. «Dafür gilt es die Präsenz der Stimuli zu reduzieren und das Craving, also das Sehnen nach den Geräten, zu beruhigen», sagt Jäncke.

Für Kinder und Jugendliche ist dies besonders schwierig, weil der Teil im Gehirn, der für Selbstdisziplin zuständig ist, noch nicht vollständig ausgebildet ist. Und hier kommen die Eltern ins Spiel. «Mütter und Väter ersetzen mit ihren Regeln und Vorgaben den fehlenden Frontalkortex», erklärt Jäncke.

Dieser ist erst um das 18. Lebensjahr herum voll entwickelt – und bildet sich zurück, wenn Selbstdisziplin nicht trainiert wird. Dieses Training müssen Eltern noch verordnen – mit einer beschränkten Verfügbarkeit und Regeln zur Benutzung der Geräte.

Andernfalls werden es Kinder kaum schaffen, Hausaufgaben zu machen, wenn sie auch Katzen­videos schauen könnten. Denn Katzenvideos bringen sofort Freude, der Nutzen der Hausaufgaben ist hingegen abstrakt und liegt in der Zukunft. Alexander Markowetz, der das Menthal Balance Project der Universität Bonn geleitet und anschliessend das Buch «Digitaler Burnout» verfasst hat, bringt es auf folgende Formel: Erwarteter Nutzen einer Aufgabe = Aufwand / Zeit bis zur Belohnung. Je grösser also die Zeitspanne ist, die zwischen Arbeit und Belohnung liegt, umso kleiner erscheint uns der Nutzen der Aufgabe. Der Griff zur Ablenkung und schnellen Belohnung wird wahrscheinlicher.

Bei digitalen Diäten droht der Jo-Jo-Effekt.

Was aber, wenn uns selbst Mühe bereitet, was wir unseren Kindern vorleben sollen? Tatsächlich deutet viel arauf hin, dass wir als Gesamtgesellschaft die von Jäncke beschriebene Impulskontrolle erst noch lernen müssen. Dass uns die unendlichen Wahlmöglichkeiten des mobilen Internets noch überfordern. 

Nicht selten übertreiben wir es mit der Nutzung – so lange, bis wir keinen Spass mehr daran haben und uns nach einer Auszeit, einem «Digital Detox» sehnen. Dieser wird ironischerweise gerade in den sozialen Netzwerken gehypt. Neben den Herstellern der Smartphones hat Social-Media-Gigant Facebook die Gefahr erkannt und bietet Einstellungen an, mit denen Nutzer ihre Zeit in den Netzwerken kontrollieren und einschränken können. Markowetz vergleicht die jetzige Entwicklung mit dem Einsetzen des Diätenwahns: Als jegliche Lebensmittel zu jederzeit verfügbar waren, führte dies zur Verbreitung von Übergewicht. Erst dann kamen ein bewussterer Essenskonsum und Diäten zum Zuge.

Das Problem mit Digital Detox ist ein ähnliches wie bei Diäten: Es droht ein Jo-Jo-Effekt. In einer Studie zu Offlinezeiten hat die Universität Zürich festgestellt, dass die Probanden weder glücklicher noch insgesamt weniger online waren, wenn ihnen eine feste Offlinezeit von zwei Stunden pro Tag verordnet wurde. Sie kompensierten oder über­kompensierten die verpasste Zeit und gaben zudem an, dass sie aufgrund der fehlenden Erreichbarkeit besorgt waren.

Das eigene Nutzungsverhalten ­hinterfragen

Wie können Eltern also ihren Kindern ein gutes Vorbild sein? Indem sie sich selbst beobachten und zu einem bewussten Medienkonsum finden. Anne Meyer (Name geändert), die uns für dieses Dossier Einblick gewährt, hat es ausprobiert. Die 39-jährige Mutter sagt: «Ich hatte eine Bildschirmzeit von über drei Stunden pro Tag, das finde ich zu viel für eine Hausfrau, die nicht am Handy arbeitet. Ich kann schliesslich nicht von meinen Kindern verlangen, abstinenter zu sein, wenn ich selbst dauernd auf dem Handy rumtippe.»

Es hilft, sich immer wieder die Frage zu stellen, wofür man die Geräte wirklich nutzen möchte – und wie lange. Nur dann kann man seine Nutzung auch auf diese Tätigkeiten beschränken. Und dem Kind ehrlich sagen: «Ich beantworte jetzt noch zehn Minuten E-Mails und dann bin ich wieder bei dir.»

Wenn der Griff zum Handy zur Gewohnheit wird und eines zum anderen führt

Wenn der Griff zum Handy allerdings schon unterbewusst geschieht und das stundenlange Surfen zur Gewohnheit geworden ist, heisst es, sich in Selbstdisziplin und Impulskontrolle zu üben. Auch das kennt Mutter Anne: «Ich schaue die Uhrzeit und Nachrichten auf dem Smartphone nach. Dann führt eines zum anderen. Phasenweise habe ich abends, wenn meine Kinder im Bett waren und mein Mann noch nicht zu Hause, Filme geschaut im Bett. Das ufert dann echt aus!»

Anne hat zunächst einmal Facebook, Netflix und andere Apps, die sie für ihren Geschmack zu oft benutzte, vom Smartphone gelöscht. «Wenn ich nicht abgelenkt werden möchte, stelle ich mein Handy auf lautlos und lasse es im hintersten Winkel des Hauses.» Damit trickst die Mutter ihre eigenen Gewohnheiten aus. Bei der Suche nach Massnahmen zur Impulskontrolle können solche Tipps helfen. 

«Bei all diesen Ideen gilt: ausprobieren. Nicht alles funktioniert für jeden. Warum nicht auch mal die Kinder nach ihren Ideen fragen?», schlägt Markowetz vor. «Selbstdisziplin und Kreativität sind die wichtigsten Qualitäten, die unsere Kinder erlernen müssen, um künftig in der Welt Erfolg haben zu können», sagt Hirnforscher Lutz Jäncke. Auch im aktuellen Bericht «Aufwachsen im digitalen Zeitalter» der eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) werden Selbstkompetenzen wie Selbstdisziplin und -reflexion neben sozialen und fachlichen Kompetenzen als besonders wichtig für die künftige Arbeitswelt angesehen. 

Mit der Digitalisierung würden die Möglichkeiten des mobilen und flexiblen Arbeitens zunehmen, heisst es. Im Homeoffice oder im Strandcafé arbeitet aber nur derjenige gut, der Selbststeuerung gelernt hat. Das Handy wegzulegen, ist also auch ein gutes Training für mehr Freiheit im späteren Berufsleben.

Jamelia (12, Mitte) sagt, dass sie es selbst merkt, wenn sie zu viel am Handy gewesen ist. Tatsächlich zeigt eine neue Studie, dass Jugendliche ihren Mediengebrauch oft besser reflektieren als Erwachsene.

Die Impulskontrolle fällt leichter, wenn man attraktive Alternativen zu Smartphone oder Tablet bietet. In der JAMES-Studie zeigt sich, dass Jugendliche insgesamt zwar immer mehr Zeit online verbringen, aber andere Freizeitakti­vitäten wie Sport oder Freundetreffen nicht darunter leiden. Dennoch gibt es Tätigkeiten, die als mögliche Schutzfaktoren gegen eine problematische Onlinenutzung bezeichnet werden, weil sie hauptsächlich von Jugendlichen angegeben werden, die kein Risikoverhalten zeigen: Musik machen, malen oder basteln, Zeit mit Haustieren verbringen. Wer also doppelt sichergehen möchte, schränkt in der Familie nicht nur die Smartphone-Zeit ein, sondern greift stattdessen zu Pinsel und Instrument.

Eine gute Nachricht zum Schluss: Die eben veröffentlichte «Always on»-Studie der EKKJ zeigt, dass sich Jugendliche zwischen 16 und 25 mehr Gedanken zur Wirkung des ständigen Onlineseins machen als eine erwachsene Vergleichsgruppe. Sie sind zwar im Schnitt länger online als die 40- bis 55-Jährigen, sind aber reflektiert: 95 Prozent der Jugendlichen sagen, sie hätten schon Strategien angewendet, um Selbstdisziplin zu üben. So haben sie etwa zeitintensive Apps gelöscht oder sich ein Zeitlimit gesetzt. Eltern, die mit ihren Kindern um Medienregeln ringen, können also hoffen: Mit dem Alter der Kinder wächst auch deren Wunsch nach einem achtsamen Smartphone-Gebrauch.

Bianca Fritz
Bianca Fritz ist freie Autorin und berät Selbständige und kleine Unternehmen in ihrem Social Media Marketing. Ein Gebiet, das besonders viel Selbstdisziplin und Achtsamkeit braucht.

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