Womit Kinder heute Geschichten hören
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Womit Kinder heute Geschichten hören

Lesedauer: 3 Minuten

Na, hör mal! Eine Vielzahl von Audiogeräten bietet Kindern heute die Möglichkeit, ­spielerisch Zugang zu verschiedenen Hörspielen, Hörbüchern und Musik zu finden – eine kleine Übersicht.

Text: Thomas Feibel
Illustration: Petra Duvkova / Die Illustratoren

Kinder lieben Hörbücher und Hörspiele. Bekanntlich fördern diese ihre Vorstellungskraft und tragen auch erheblich zur Sprachentwicklung bei. Zudem regen sie Fantasie, Empathie und kognitive Fähigkeiten an. Oft können Eltern dabei folgende Beobachtung machen: Während der Kopf des Kindes den Protagonisten weit in die unterschiedlichsten Sphären folgt, bleibt der Körper im Kinderzimmer zurück, wo gleichzeitig gemalt, mit Lego gespielt oder manchmal sogar aufgeräumt wird.

Erziehende schätzen besonders, dass Kinder beim Hören von Geschichten auf keinen Bildschirm schauen. Ausserdem sind Audioformate noch aus der eigenen Kindheit positiv konnotiert. Damals musste allerdings ein klappriger Kassettenrekorder oder ein Radio mit integriertem CD-Player ausreichen. Heute gibt es ein munter wachsendes Angebot von Abspielmöglichkeiten.

Besonders grosser Beliebtheit erfreuen sich die bunten Audioboxen. Sie sind alle mit einem Grundgerät und zusätzlichen physischen Audioelementen ausgestattet. Sie funktionieren recht ähnlich. Bereits Drei­jährige können sie selbständig bedienen, um sich altersgerechte Geschichten und Lieder anzuhören. Doch die Hersteller binden auch Kinder bis zu zwölf Jahren durch Angebote wie «TKKG», «Die fünf Freunde», «Gregs Tagebuch», «Tintenherz» und ausgesuchte Sachthemen an sich.

Eine grosse Auswahl an Audioboxen

Marktführer ist die Toniebox (ca. 90 Fr.) mit acht Millionen weltweit verkauften Exemplaren. Als Träger­medium dient ein sogenannter Tonie (ca. 15 – 20 Fr.). Sobald Kinder diese Spielfigur auf das würfelförmige Gerät setzen, startet die jeweilige Geschichte. Tonies sehen aus wie die Charaktere der jeweiligen Hörerlebnisse, etwa Heidi, Biene Maja oder Räuber Hotzenplotz. Mit ihnen können Kinder selbst dann noch spielen, wenn die Box längst ausgeschaltet wurde. Aus­serdem sprechen die Tonies den Sammeltrieb an – es gibt über 1000 Stück. Zwar sind sie in der Schweiz erhältlich, aber mit Kasperli und Globi gibt es bislang nur zwei Tonies in Schweizerdeutsch. 

Die konkurrierende Tigerbox Touch Plus (ca. 150 Fr.) sieht zwar der Toniebox auf den ersten Blick verblüffend ähnlich, verfügt allerdings über einen Touchscreen. Statt Spielfiguren setzt Hersteller Tigermedia auf Karten. Diese sogenannten Tigercards (ca. 12 Fr.) werden einfach in die Box geschoben. Knapp 100 Stück mögen zwar nicht gerade viel sein, aber das Gerät eröffnet auch den Zugang zu weiteren 15 000 Titeln, wenn Eltern das Tigertones-Ticket abonnieren.

Drei Monate dieses Streaming-Abos kosten 44.90 Fr., sechs Monate 74.90 Fr. und 12 Monate 129.90 Fr. Inhaltlich geht der Dienst viel stärker auf die Schweizer Bedürfnisse ein. «In der Swiss-Edition», heisst es dazu auf der Website, «gibt es mit der Swiss-Card Zugang zu Hunderten Titeln auf Schweizerdeutsch und exklusiven schweizerdeutschen Titeln.» Mithilfe der Tigertones-App können Kinder auch ihre eigenen Geschichten aufnehmen.

Ein deutlich nachhaltigeres Konzept verfolgt der Hörbert (ca. 200 Fr.), eine Box aus wertigem Holz, was sich übrigens positiv auf den Klang auswirkt. Nur zwei Prozent Plastik wurden hier eingesetzt, so der Hersteller. Im Lieferumfang inbegriffen sind über zwei Stunden Musik und Geschichten, vorinstalliert auf einer SD-Karte. Weitere SD-Karten (ca. 30 Fr.), darunter auch zwei in Schweizerdeutsch, sind separat erhältlich. Mithilfe eines eingebauten Mikrofons nehmen Kinder auch eigene Inhalte auf. 

Tipp: Viele öffentliche Bibliotheken haben Tonieboxen, Tigerboxen oder Kekz-Kopfhörer in ihrem Bestand. Das spart eine Menge Geld. 

Ganz neu und deutlich günstiger ist der Galakto (ca. 60 Fr.), der ganz ohne App auskommt. Kinder setzen dazu eine der über 100 grafisch aufgehübschten Tokens (ca. 10 Fr.) ein. Neben Geschichten und Liedern sorgen diese mit Regenklängen oder Waldgeräuschen für meditative Stimmung. Eigene Aufnahmen mit speziellen Tokens sind ebenfalls bald möglich. Einziger Nachteil: Offiziell ist Galakto noch nicht in der Schweiz erhältlich. 

Das gilt leider auch für My Little Morphée, aber der Ansatz ist einfach zu interessant, um ihn auszulassen. Das schön gearbeitete Gerät im sanft olivgrünen Kofferradio-Design und mit Holzgriff setzt vorrangig auf Ruhe und die Kraft der Meditation. Dazu gibt es auf der viersprachigen SD-Karte (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch) beruhigende Regen-, Lagerfeuer- und Strandgeräusche, entspannende Musik und Storys. Die Länge kann auf 8 oder 16 Minuten eingestellt werden. 

Ruhiger – vor allem für Eltern – wird es mit dem Kekz-Kopfhörer (ca. 80 Fr.). Auch er kommt ohne Internetanbindung aus. Um die Storys zu hören, wird einer von etwa 100 farbig gestalteten Audiochips (je ca. 13 Fr.) mit bekannten Charakteren auf die Aussenseite der Hörmuschel gesteckt. Und auch Sprachassistenten wie Alexa spielen nach wie vor Audioformate auf Zuruf ab. Manche sind kostenlos, aber erst mit einem abonnierten Audio-Streamingdienst wird die Auswahl interessanter.

Ein lukratives Geschäft

Wenn wir die verschiedenen Abspielformen näher betrachten, bleibt eine Frage: Wer profitiert eigentlich noch davon, wenn Hörbücher und Hörspiele auf konkurrierenden und untereinander inkompatiblen Plattformen verfügbar sind? Es sind die Rechteinhaber, also grosse Unterhaltungskonzerne wie Disney, Paramount, Universal Music und Sony Music, aber auch die zahlreichen Buch- und Hörbuchverlage. Es ist heutzutage äusserst lukrativ, für einmal erstellte Inhalte immer wieder neu Lizenzen zu vergeben und mit dieser bequemen «Alter Wein in neuen Schläuchen»-Strategie an den Einnahmen beteiligt zu sein. 

Fazit: Um am Ende herauszufinden, welches Abspielformat am besten zum jeweiligen Kind passt, gibt es einen Tipp: Viele öffentliche Bibliotheken haben Tonieboxen und Tonies, Tigerboxen und Tigercards und auch die Kekz-Kopfhörer in ihrem entleihbaren Bestand. Das spart auch später eine Menge Geld. 

Thomas Feibel
ist einer der führenden ­Journalisten zum Thema «Kinder und neue Medien» im deutschsprachigen Raum. Der Medienexperte leitet das Büro für Kindermedien in Berlin, hält Lesungen und Vorträge, veranstaltet Workshops und Seminare. Zuletzt erschien sein Elternratgeber «Jetzt pack doch mal das Handy weg» im Ullstein-Verlag. Feibel ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Alle Artikel von Thomas Feibel

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