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Igitt, Fastfood!

Lesedauer: 5 Minuten

Burger, Pizza und Eistee: Viele Kinder und Jugendliche mögen das, was Erwachsene zur Verzweiflung bringt. Die Ernährungsexpertin Marianne Botta kennt Tipps und Tricks, wie man Fastfood ein bisschen unattraktiver machen kann. 

Text: Claudia Landolt
Bild: pexels.com

Frau Botta, Teenager lieben Fastfood. Kann man ihnen das abgewöhnen?

Die Frage lautet: Haben sie Junkfood wirklich gern oder gehen sie nur zum Schnellimbiss, weil ihre Kollegen das auch tun? Meiner Er­fahrung nach möchten viele Jugendliche gesund essen, aber das Geld dazu nicht ausgeben – weil sie lieber für eine neue Jeans oder ein Game sparen. Denn ein Salat kostet selbst beim Fastfood-­Markt­führer mehr als ein Burger.

«Was auch funktioniert, ist die Wissensschiene.»

Wenn es am Geld liegt, gibt es eine Mög­lichkeit, die bei meinen Kindern gut funktioniert: Ich gebe ihnen Essensgeld, damit sie sich gesund verpflegen – gegen eine Quittung. So sehe ich, was sie gegessen haben. Liegt es eher an der Peer­group, dann sollte man versuchen, mit den Kids ins Gespräch zu kom­men. Was bedeutet es dir, mittags ins Schnellrestaurant zu gehen? Warum findest du es fein? Können wir etwas zu Hause tun, um unser Essen aufzuwerten?

Gerade in der Pubertät ist es sinnlos, sich wegen gesundem Essen in die Haare zu geraten. Gegen Kollegen hat man keinen Stich. Besser, man holt die Kinder ins Boot und bezieht sie mit ein. Was auch funktioniert, ist die Wissensschiene. Ihnen zu erklä­ren, was Hamburger, Hotdogs und Donuts mit ihrem Körper machen – selbst wenn es «nur» Pickel, Fett­röllchen oder Cellulitis sind. Glau­ben Sie mir, kein Teenager möch­te dick sein oder Cellulite haben.

Marianne Botta ist Lebensmittelwissenschaftlerin und Fachlehrerin. Sie hat sich auf Ernährungswissenschaften spezialisiert, arbeitet als Fachjournalistin für verschiedene Publikationen und hat mehrere Bücher geschrieben, unter anderem über Kinderernährung (www.mbfit.ch). Sie ist Mutter von 8 Kindern zwischen 7 und 21 Jahren und kocht und isst täglich mit ihrer Familie. Bild: zVg
Marianne Botta ist Lebensmittelwissenschaftlerin und Fachlehrerin. Sie hat sich auf Ernährungswissenschaften spezialisiert, arbeitet als Fachjournalistin für verschiedene Publikationen und hat mehrere Bücher geschrieben, unter anderem über Kinderernährung (www.mbfit.ch). Sie ist Mutter von 8 Kindern und kocht und isst täglich mit ihrer Familie. Bild: zvg

Nach der Schule haben viele Kinder Hunger. Wie verhindere ich, dass sie zu Chips und Co. greifen?

Grössere Kinder mögen es, wenn man ihnen Verantwortung über­gibt und Zusammenhänge auf­zeigt, zum Beispiel indem man sagt: «Probier doch das mal aus und schau, wie es dir geht.» Oder wenn man ihnen erklärt, dass nach einem Schoggistengeli der Blut­zuckerspiegel sofort wieder absinkt und sich ein Hungergefühl einstellt. Sind Kinder allein zu Hause, essen sie gerne vor dem TV oder am Handy. Das verhindert aber, dass sich ein Sättigungsgefühl ein­stellt. Am besten ist, man stellt ein vorbereitetes Znüni oder Zvieri hin oder in den Kühlschrank. Das kann auch mit dem Namen des Kindes angeschrieben sein.

«Grosse Geschwister haben eine Vorbildfunktion.»

Sie schlagen vor, dass jedes Familienmitglied drei bis fünf Lebensmittel abwählen darf, die es nicht probieren oder essen muss. 

Schreiben Sie auch für sich selbst eine Liste. Sie haben auch das Recht, nichts zu probieren. Das ergibt lustige Situationen, wenn Ihre Kinder Sie dann doch davon überzeugen möchten, etwas zu probieren. Dieses Listensystem funktioniert aber nur, bis Kinder in die Pubertät kommen. Der Geschmackssinn wird in den ersten zehn bis zwölf Lebensjahren trai­niert, danach ist alles spannend, was die Eltern auf die Palme bringt – also zickiges Essverhalten. In der Regel normalisiert sich das später wieder. 

Problematisch wird es, wenn der Teenager jüngere Ge­schwister hat. Dessen Verhalten am Tisch färbt auf die Jüngeren ab: Macht der grosse Bruder Theater ums Gemüse, werden es seine Ge­schwister auch tun. Bei uns gibt es folgende Regel: Wenn das grosse Kind etwas nicht mag oder nicht essen will, soll das diskret geschehen, denn es hat eine Vorbildfunk­tion. Das klappt gut.

Was, wenn Kinder heimlich naschen?

Sackgeld gibt Kindern die Mög­lichkeit, ungeliebtes Essen zu um­gehen, indem sie sich am Kiosk etwas zum Naschen kaufen und es dann im Zimmer verstecken. Dann sollte man darauf bestehen, dass nur am Tisch gegessen wird. Grössere Kinder können beispiels­weise Lebensmittel, die sie gern essen und die man mit ihnen aus­gehandelt hat, in einer Box in der Küche aufbewahren. So stellt man sicher, dass sie nicht wahllos irgendetwas essen. Oder man geht die Sache offensiv an: Wenn die Kinder wirklich ganz grosse Lust auf etwas haben, kann man es zusammen kaufen und gemein­sam essen. Selbst wenn es drei Pack Fasnachtschüechli sind.

Soll man Süsses verbieten? 

Verschiedene Studien zeigen, dass Kinder Lebensmittel, die ihnen verboten oder vorenthalten wur­den, besonders interessant finden. Kinder, denen Süssigkeiten verbo­ten wurden, greifen später lieber, häufiger und am meisten zu Süs­sigkeiten. Besser ist es, man han­delt etwas aus. Etwa: Eine Süssig­keit pro Tag ist in Ordnung, einmal pro Monat Fastfood auch.

Was, wenn es am Tisch heisst: «Wäh! Hani nöd gern!»?

Dann schöpft man dem Kind trotzdem von allem, was man ge­kocht hat, auf den Teller und lässt sich auf keinen Machtkampf ein. Grösseren Kindern kann man er­ klären, warum eine solche Aus­sage verletzend ist.

Viele Eltern kochen nur noch das, was ihren Kindern sicher schmeckt. Ist das falsch?

Damit Kinder nicht zu mäkligen Essern werden, müssen sie von Anfang an möglichst vielseitig essen. Und die Geschmacksner­ven trainieren. Ein Kind muss 10 bis 15 Mal ein neues Lebensmittel probieren, bis es sich an den neu­en Geschmack gewöhnt hat. Bes­ser funktioniert die Regel: Wer kocht, bestimmt, was auf den Tisch kommt. Bringen Eltern ein neues Gericht mit Begeisterung auf den Tisch, wird es eher akzep­tiert. Ausserdem dürfen Kinder bestimmen, wovon sie wie viel essen möchten.

Bei Jugendlichen sind Fett und Salz weniger ein Problem.

Auch ein Thema: Am Tisch sitzen bleiben, bis alle fertig sind.

Im Restaurant kann es einem Kind tatsächlich mal langweilig werden. Da hilft, eine Schachtel mit spannenden Dingen mitzunehmen, die das Kind erforschen kann und womit es wirklich beschäftigt ist. Diese Schachtel gibt es dann aber immer nur bei Restaurantbesu­chen. Zu Hause ist es eine Definitionsfrage, es gibt nicht eine Regel, die stimmt. Die Erwachsenen sollten selbst bestimmen, was sie sich wünschen, und eine Regel festsetzen. Sicher optimaler ist, zu fragen, ob man aufstehen darf, statt ein­fach den Tisch zu verlassen.

Salz, Fett oder Zucker: Was ist eigentlich schlimmer?

Bei Jugendlichen sind Fett und Salz weniger ein Problem, weil sie in der Regel genügend Sport trei­ben, dabei schwitzen und Salz ver­lieren. Zudem essen wir heute generell viel weniger Salz als frü­her. Auch Fett ist nicht so schlimm, da wir weniger Transfettsäuren zu uns nehmen und Olivenöl und Rapsöl die ungesunderen Öle wie Sonnenblumenöl verdrängt haben. Zucker aber ist ein Problem, vor allem in Kombination mit Weiss­mehl oder schnell verwertbaren Kohlenhydraten – gerade für Kin­der mit wenig Bewegung.

Die Tochter isst plötzlich vegan. Muss ich mir Sorgen machen? 

Fragen wie «Wer bin ich und wie wirke ich auf andere?» sind bei Teenagern zentral. Dazu gehört auch, neue Ernährungstrends aus­zuprobieren. Ich empfehle, daraus keine grosse Sache zu machen. Wichtig ist: Fehlen Fleisch und Milchprodukte, mangelt es an Pro­tein und Eisen – Letzteres ist vor allem bei Mädchen ein Thema. Eine Studie mit 16­-jährigen Mäd­chen hat gezeigt, dass bei Eisen­mangel die Noten um 1 bis 1,5 schlechter sind. Mängel können sich also negativ auswirken. Das sollte man thematisieren und gegebenenfalls mit Vitamin­-B­12-Nahrungsergänzungsmitteln supplementieren.


Diese Lebensmittel machen schön, schlau und gute Laune:

  • Für bessere Konzentration: Walnüsse, Cashewnüsse, Mandeln, Avocado, Hülsenfrüchte – und viel Wasser trinken! 
  • Für bessere Laune: Vanille, Safran, Chili, Ingwer, Lachs, Hering, Datteln, Feigen, Beeren 
  • Für schöne Haut und Haare: Dinkel, Roggen, Rüebli, Weizenkeime, Linsen oder Fleisch, Buttermilch, Kiwi, Meerrettich

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