Mediennutzung: Ohne Regeln keine Orientierung

Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren
Vorschriften sind bei Kindern und Jugendlichen meist nicht besonders beliebt. Sie sind aber wichtig – insbesondere in der Medienerziehung.
Ohne Regeln gibt es keinen Halt. Setzen wir keine Grenzen, können Kinder und Jugendliche sie weder austesten noch überschreiten. Der Rahmen gibt ihnen Orientierung. Abmachungen sind in der Medienerziehung deshalb wichtig, weil Kinder damit lernen, ihren Medienkonsum eigenständig zu regulieren.
Regeln beim Medienkonsum
schützen Kinder: Vor falschen
Inhalten. Vor übermässiger
Nutzung. Und vor sich selbst.
Im Dialog mit dem Kind bleiben
Nur mit dieser Balance gelinge es Eltern, mit Kindern und Jugendlichen im Dialog zu bleiben, selbst wenn diese bei der Mediennutzung mal wieder über die Stränge geschlagen haben. Wie können wir Regeln aufstellen? Indem wir unsere Kinder an diesem Prozess beteiligen. Damit stärken wir ihren Sinn für Eigenverantwortung. Wer Kinder beim Aufstellen von Regeln miteinbezieht, verhindert, dass er später Beschlüsse über deren Köpfe hinweg verkünden muss.
- Wozu sollen unsere Abmachungen gut sein?
- Was sollte deiner Meinung nach erlaubt sein und was nicht?
- Von welchen Medien sprechen wir? Smartphone, Konsole, Fernsehen?
- Warum sind deiner Meinung nach zeitliche Begrenzungen nötig?
- Welche täglichen Aufgaben und Pflichten warten sonst noch auf dich?
- Wie sollten die Massnahmen aussehen, wenn du dich nicht an unsere Abmachung hältst?
In der Regel sind Kinder bereits ab acht Jahren stark motiviert mitzuentscheiden, weil sie möglichst viele Freiheiten für sich aushandeln möchten. Netter Nebeneffekt für die Eltern: Kinder hören ihnen während eines «Verhandlungsgesprächs» aufmerksam zu, oft aufmerksamer als bei anderen Gelegenheiten, in denen Eltern ihren Erziehungsanspruch geltend machen.
In welcher Form sollen wir Regeln festlegen?
Die ausgeklügeltste Abmachung
mit Kindern nützt nichts,
wenn sich die Eltern nicht
regelmässig darum kümmern,
dass sie auch eingehalten wird.
Die ausgeklügeltste Abmachung nützt aber nichts, wenn sich die Erwachsenen nicht um deren Einhaltung bemühen. Viele Kinder können sich deshalb schlecht alleine reglementieren, weil sie durch den starken Sog der Medien komplett das Zeitgefühl verlieren. So tief in Dinge einzutauchen, ist im Prinzip eine bewundernswerte Eigenschaft. Darum dürfen wir es nicht persönlich nehmen, wenn Kinder es mit der Mediennutzung wieder einmal übertreiben oder Grenzen überschreiten. Kinder machen das nicht, um uns zu ärgern. Sie machen es, weil sie Kinder sind.
Sechs Tipps zum Aufstellen von Regeln zum Medienkonsum
- Kurz fassen
Die vereinbarten Regeln sollten auf ein Blatt passen, sonst wird es unübersichtlich.
- Sichtbarkeit
Die gemeinsam erstellten Regeln müssen für alle gut sichtbar aufgehängt werden. Ein guter Platz ist der Kühlschrank. - Moderation
Kinder partizipieren lassen; dennoch müssen wir Eltern die Richtung vorgeben und das Gespräch moderieren. Ein Zettel mit Stichpunkten hilft.
- Gründe nennen
Damit Regeln verständlich bleiben, müssen wir Kindern und Jugendlichen einen nachvollziehbaren Grund nennen. Es nützt nichts, unseren Kindern einzuschärfen, keine privaten Daten im Netz von sich preiszugeben, wenn sie den Grund dafür nicht kennen.
- Tortendiagramm
Es hilft zu veranschaulichen, wie kurz ein Wochentag ist. Den Löwenanteil der Tortenstückchen nehmen Schlaf, Schule und Hausaufgaben in Anspruch. Gemeinsam mit den Kindern visualisieren die Eltern auf dem Tortendiagramm, wie viel Zeit neben Hobbys und Sportverein für Medien bleibt. - Überprüfung
Die im Mediennutzungsvertrag geschlossenen Abmachungen müssen laufend überprüft und angepasst werden. Kinder werden älter, ihre Ansprüche ändern sich.
Zum Autor:
Deutschland. Der Medienexperte leitet das Büro für Kindermedien in Berlin, hält Lesungen und Vorträge, veranstaltet Workshops und Seminare. Zuletzt erschien sein Elternratgeber
«Jetzt pack doch mal das Handy weg» im Ullstein-Verlag. Feibel ist verheiratet und Vater von vier Kindern.
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