3 Lerntipps, die sich einfach umsetzen lassen
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3 Lerntipps, die sich einfach umsetzen lassen

Lesedauer: 4 Minuten

Wenn alltägliche Aktivitäten Spass machen, lernen Kinder besser. Hier sind drei Vorschläge, wie Sie die Fähigkeiten und das Wissen Ihres Sohnes oder Ihrer Tochter spielerisch fördern können.

Text: Charlotte Anne Wright
Mitwirkung: Ally S. Masters, Kathy Hirsh-Pasek
Bild: Adobe Stock

Alle Eltern wollen für ihre Kinder das Beste. Und es mangelt nicht an Erziehungsratgebern, die Müttern und Vätern suggerieren, wie sie das erreichen können. Angesichts all der Ansprüche an Eltern (und an deren Kinder) verliert man schnell einmal die Freude am Elternsein und an der Kindheit. Ein Fokus auf ein fröhliches Familienleben und der Einbezug von Prinzipien des spielerischen Lernens in alltäglichen Situationen können Stress reduzieren und Kindern dabei helfen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Wenn Kinder aktiv sind, bei der Sache und engagiert, sind sie motiviert und ­haben eine bessere Merkfähigkeit.

Zum spielerischen Lernen gehören all die Elemente, mit denen Kinder am leichtesten lernen. Wenn sie aktiv, bei der Sache und engagiert sind und dabei nicht abgelenkt werden, sind sie motiviert und haben eine bessere Merkfähigkeit. Wenn Kinder mit anderen interagieren, bauen sie ein grösseres Wissen auf und entwickeln dabei soziale und emotionale Fähigkeiten.

Das Lernen ist gehaltvoller, wenn es Schritt für Schritt auf bestehendem Wissen aufbaut und wenn Kinder beim Lösen von Aufgaben neue Ideen testen und ausprobieren können – zum Beispiel beim Versuch, einen Turm zu bauen. Und zu guter Letzt sind Kinder dann motiviert, mehr zu lernen, wenn es Spass macht. 

Fähigkeiten, die Kinder brauchen

Werden diese Prinzipien des spielerischen Lernens zusammengebracht, unterstützt dies Kinder dabei, die Fähigkeiten und das Wissen zu entwickeln, die sie für ihren Erfolg benötigen. Dazu gehört sehr viel mehr, als nur Inhalte auswendig zu lernen und zu wiederholen. Kinder müssen gut zusammenarbeiten können, ihre Ideen klar kommunizieren, kritisch denken, kreative Lösungen für Probleme finden und Herausforderungen selbstbewusst und hartnäckig überwinden. 

Eltern sollten sich viel weniger darum sorgen, dass ihre Kinder zahlreiche teure Spielsachen oder ausserschulische Freizeitaktivitäten haben. Wie wäre es stattdessen mit alltäglichen Aktivitäten, die man gemeinsam unternehmen kann? Diese bieten viele Gelegenheiten, die nicht nur Spass machen, sondern Kinder auch auf die Herausforderungen des Erwachsenwerdens vorbereiten.

In der heutigen, sich ständig verändernden Welt brauchen Kinder unter anderem folgende sechs Fähigkeiten: Zusammenarbeit, Kommunikation, Umgang mit Inhalten, kritisches Denken, kreative Innovation und Selbstvertrauen. Mithilfe von täglichen spielerischen Lern­erfahrungen können Eltern ihren Kindern helfen, diese sechs Fähigkeiten aufzubauen. 

1. Kochen als universelle Erfahrung

Wenn Eltern gemeinsam mit ihren Kindern kochen, kann das sehr lustig sein und mit viel Gelächter, Singen und Spass einhergehen. Kinder brauchen Entscheidungs- und mathematische Fähigkeiten, um die Anweisungen in einem Kochrezept Schritt für Schritt zu befolgen. Mathematik begegnet ihnen, wenn sie abmessen, zählen, abgiessen und rühren.

Sie nutzen ihre Kreativität und ihr kritisches Denken, wenn sie Rezepte verändern oder neue Rezepte erfinden und die Eigenschaften von Lebensmitteln erforschen. Das Kochen verbindet Kinder mit ihrer Familie und ihrer Kultur und kann eine soziale und kooperative Erfahrung sein, da alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten.

Die Welt ist bis zum Rand ­gefüllt mit Gelegenheiten für Lernabenteuer.

Die Zubereitung einer Mahlzeit läuft jedes Mal etwas anders ab, da sich beispielsweise die Zutaten nicht immer gleich anfühlen oder gleich aussehen und schmecken. Die Eltern können den Kindern ­immer wieder andere Aufgaben geben oder den Schwierigkeitsgrad der Rezepte ändern. Kinder sind stolz auf ihre Kreationen. Ausserdem ist Kochen eine Fähigkeit, die sie brauchen werden, um sich zu selbständigen Erwachsenen zu entwickeln.

2. Ausflüge in die Natur

Die Umwelt bietet reichlich Lernmöglichkeiten, und dies frei von Ablenkungen zu Hause wie Musik, Fernsehen oder zahllosen Spielsachen, die das Lernen sabotieren können. In einem Park herumrennen, wandern oder im Garten arbeiten sind alles «reale» Aktivitäten, bei denen man auch mit dem Kopf bei der Sache ist.

Kinder finden Sinnhaftigkeit in der Natur und ihre Eltern können ihren Forschungsdrang lenken, indem sie ihnen Aufgaben stellen und sie dabei begleiten, wenn sie neue Informationen darüber online oder in Büchern entdecken. Ihr Vokabular erweitert sich und nimmt viele verschiedene neue Begriffe auf, wie Ahorn, Glanz oder Laub. Kinder können die Eigenschaften von Steinen und Bäumen beschreiben, Stöckchen oder Grashalme zählen und kategorisieren. Sie können die Stöckchen nach der Länge sortieren, Blätter nach Farben. 

Die Welt da draussen ist ein grossartiger Ort für Kinder, um Theorien zu entwickeln und Antworten zu finden. Was geschieht beispielsweise, wenn wir Dinge mit unterschiedlichem Gewicht den gleichen Hügel hinunterrollen lassen? Erzählt uns ein Blatt, von welchem Baum es stammt? Können wir aus Zweigen und Blättern eine menschliche Figur basteln? Solche Aktivitäten im Freien erlauben es Kindern, kreativ zu sein, ihr kritisches Denken zu trainieren und sich mit Mathematik und Wissenschaft zu beschäftigen.

3. Mithilfe im Haushalt

Bereits kleine Kinder können im Haushalt mithelfen – Kleinkinder wollen oft beim Wischen, Sortieren oder Aufräumen helfen, ältere Kinder können ihre eigenen Kleider waschen. Diese Aufgaben erfordern prosoziales Verhalten, körperliche Aktivität und zielgerichtetes Engagement. Putzen kann eine sinnvolle Aktivität für Kinder sein, weil sie den Effekt direkt in ihrem Alltag erleben. Damit bauen sie auch ihr Selbstbewusstsein auf, denn ihre Bemühungen werden von der ganzen Familie geschätzt.

Zusammenarbeit macht die Haushaltspflichten sozial interaktiv und gemeinschaftlich. Familien könnten gemeinsam überlegen, wer welche Aufgaben übernimmt und wie diese Aufgaben am effizientesten erledigt werden können. Kinder lernen, ihre eigenen Absichten zu äussern und diejenigen der anderen zu verstehen. Und sie können sich neue kreative Ansätze ausdenken, die Aufträge zu erfüllen. Betreuungspersonen können am Anfang kleine Aufgaben vorschlagen und mit der Zeit den Schwierigkeitsgrad erhöhen.

Auch wenn das Helfen im Haushalt normalerweise nicht als unterhaltsam gilt, macht es doch Spass, eine Aufgabe zu erledigen, die von anderen geschätzt wird. In Verbindung mit Spiel, Musik und Scherzen verstärkt sich der spielerische Aspekt der Mitarbeit im Haushalt zusätzlich.

Wenngleich nicht jedes Spiel das Lernen eines Kindes explizit fördern muss, ist es doch wichtig, ­daran zu denken, dass die Welt bis zum Rand gefüllt ist mit Gelegenheiten für Lernabenteuer. Mit einer anderen Einstellung können wir die Freude am Erziehen im Kontext alltäglicher Aktivitäten entdecken. Oder wie Mary Poppins es ausdrückte: «In jeder Arbeit, die gemacht werden muss, steckt ein bisschen Spass. Findest du den Spass – zack! –, ist die Arbeit ein Kinderspiel.»

BOLD

Die Plattform Bold, eine Initiative der Jacobs ­Foundation, hat sich zum Ziel gesetzt, einer weltweiten und breiten Leserschaft näherzubringen, wie Kinder und Jugendliche lernen. ­

Spitzenforscherinnen wie auch ­Nachwuchswissenschaftler teilen ihr Expertenwissen und diskutieren mit einer wissbegierigen Leserschaft, wie sich Kinder und Jugendliche im 21. Jahrhundert entwickeln und ­entfalten, womit sie zu kämpfen haben, wie sie spielen und wie sie Technologien nutzen.

Charlotte Anne Wright
ist Spezialistin für Lerndesign und Forschung bei der Lernplattform Begin Learning. Davor arbeitete die gelernte Kleinkinderpädagogin an der Temple University in den USA. Ihre Forschung befasst sich mit den Über­zeugungen und dem Verhalten von Eltern im Zusammenhang mit spielerischem Lernen.

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