«Zusammen mit meinen Freunden habe ich viel Scheiss gebaut» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

«Zusammen mit meinen Freunden habe ich viel Scheiss gebaut»

Lesedauer: 1 Minuten

Nadja Bader, 16 Jahre, aus Brienz BE hat eine Schwester und einen Bruder und möchte später Polizeipsychologin werden.

 

Aufgezeichnet von Claudia Füssler
Bilder: Salvatore Vinci / 13 Photo

«Ich bin das jüngste von drei Geschwisterkindern und war lange ein totales Mami-Papi-Kind, vielleicht, bis ich zwölf, dreizehn Jahre alt war. Wenn ich mich selbst beschreiben würde, dann würde ich sagen, ich war nett, hilfsbereit und lebensfreudig, ich hatte Ziele. Das bin ich auch heute alles noch, aber dazwischen war eine schwere Zeit. Als ich in die Pubertät gekommen bin, wollte ich mehr und mehr cool sein, vieles ausprobieren, Alkohol, Zigaretten. Viel davon. Ich habe gemeinsam mit meinen Freunden viel Scheiss gebaut, und Lehrer, fand ich, hatten mir überhaupt nichts zu sagen. Wenn mir da einer blöd gekommen ist, bin ich auch einfach mal ausgerastet. Das war so schlimm, dass ich nicht mit ins Klassenlager durfte, weil ein Lehrer die Verantwortung dafür nicht übernehmen wollte.

Mit meinen Eltern war es auch schwierig, aber das war mir egal, ich habe mir immer gesagt: Sollen sie machen, was sie wollen, das interessiert mich nicht. In dieser Phase habe ich mit ihnen auch kaum geredet. Zweimal habe ich einen Schulverweis bekommen. Beim ersten Mal fand ich das total geil, ich durfte für mehrere Tage nicht in die Schule kommen und sollte in einem Zentrum für Menschen mit Behinderung arbeiten. Ich dachte, super, da kann ich bisschen das Leben geniessen. Allerdings waren die dort noch strenger als in der Schule. Der zweite Schulverweis hat dann gar nicht mehr richtig stattgefunden, denn da kam Corona.

Soziale Kontakte sind ­wichtig, ich habe das ­gebraucht, wir haben das ­gebraucht. Also haben wir uns getroffen und gefeiert.

Die Pandemie war die schlimmste Zeit in meinem Leben bisher. Wir haben im Freundeskreis versucht, uns trotzdem zu treffen und Party zu machen, weil uns die Verbote so sinnlos erschienen sind. Jeder hat was anderes gesagt, was richtig und was falsch ist, man wusste einfach nicht mehr, was stimmt. Soziale Kontakte sind wichtig, ich habe das gebraucht, wir haben das gebraucht. Also haben wir uns getroffen und gefeiert. Einige von uns haben auch Corona bekommen. Dass ich so viel Zeit zu Hause verbringen musste mit meinen Eltern und Geschwistern war schlimm für mich, da spielten so viele Emotionen mit rein. Ich war oft traurig, aber auch sehr oft empört und wütend.

Heute bin ich wieder etwas ruhiger geworden. Ich denke erst nach, bevor ich vorschnell Dinge tue. Mit meinen Eltern verstehe ich mich wieder ganz gut, auch wenn ich mit ihnen natürlich nicht über alles rede, was mich so beschäftigt. Mir hat die Schulsozialarbeiterin sehr geholfen, mit ihr kann ich auch heute noch viel besprechen, was mich beschäftigt. Am liebsten möchte ich Polizeipsychologin werden.»

Claudia Füssler
arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin. Am liebsten schreibt sie über Medizin, Biologie und Psychologie.

Alle Artikel von Claudia Füssler

Lesen Sie mehr zum Thema Pubertät:

Schulfrust: Junge steht im Treppenhaus mit Handy
Psychologie
5 Tipps gegen Schulfrust
Worauf Eltern achten sollten, wenn ihr Kind nicht mehr in die Schule will, erklärt Schulpsychologe Matthias Obrist.
Tipps für Familienferien im Berner Oberland, günstig und mit viel Spass
Advertorial
Familienferien im Berner Oberland – günstig und abwechslungsreich
Mit diesen Tipps für unvergessliche Sommerferien im Berner Oberland kommt die ganze Familie auf ihre Kosten.
Muskeln, Macker und Maseratis
Blog
Muskeln, Macker und Maseratis
Auf Insta, TikTok und Co. torpedieren sogenannte «Manfluencer» mit viel Muskeln und wenig Hirn die Erziehung unserer Kolumnistin.
Menstruation
Erziehung
Period Positivity – die erste Mens entspannt erleben
Die einen Mädchen* werden vollkommen überrascht. Andere wünschen sie sich sehnlichst herbei. Und wieder andere haken ihre erste Periode als selbstverständliche Nebensächlichkeit ab. Gänzlich unbeeindruckt von der Tatsache, dass sie mit dem Einsetzen der Mens keine kleinen Mädchen mehr sind, sondern Frauen, die Kinder gebären könnten. Durchschnittlich 12,5 Jahre alt sind Mädchen heute in der […]
Thomas Feibel Medienexperte
Familienleben
«Hallo? So was kannst du echt nicht sagen!»
Wenn Kinder in die Rolle der Sprachpolizei schlüpfen und ihre Eltern für deren Wortwahl kritisieren, ist der Ärger vorprogrammiert.
Elternbildung
Hilfe, meine Tochter will ein Tattoo! 
Ramonas 14-jährige Tochter will ein Tattoo, ihre Mutter ist dagegen. Verbieten oder erlauben? Das sagt unser Expertenteam. 
Michele-Binswanger-Kolumne-Mutter-Kinder-Teenager
Elternblog
«Lose yourself» oder Tschüss mit Eminem
Dies ist die letzte Kolumne von Michèle Binswanger für Fritz+Fränzi. Das Loslassen fällt ihr nicht leicht. Doch nur so können wir fliegen.
Elternblog
Nichts gehört mir mehr!
Das Leben mit Teenagern kommt bisweilen einer Enteignung gleich: Persönliches Eigentum – Fehlanzeige. Existiert im Leben einer Mutter nicht mehr.
Entwicklung
Die emotionale Stärke von Jugendlichen fördern
Das Üben von sozialen und emotionalen Fähigkeiten kann die psychische Gesundheit von Jugendlichen verbessern.
Elternblog
Das Schildkröten-Drama
Die Söhne unserer Kolumnistin wollen unbedingt einen Hund. Der vorläufige Kompromiss: Besser eine Schildkröte als gar kein Haustier.
Kinder fördern und stärken: Ein Kind lernt für die Schule
Elternbildung
Vertrauen in das Potenzial unserer Kinder
Die Interessen und Stärken der Kinder sollten in der Volksschule stärker im Zentrum stehen, findet unser Kolumnist.
Michele-Binswanger-Kolumne-Mutter-Kinder-Teenager
Elternblog
Wann ist ein Bub ein Mann?
Unsere Kolumnistin Michèle Binswanger weiss, wie sich die Transformation von der Buben- zur Männer-Mama anfühlt.
Foto
Elternblog
Wetteifern um das perfekte Foto aus den Ferien
Unsere Kolumnistin und ihr Ex verschicken sich jeweils gegenseitig Fotos des Nachwuchses aus den Ferien. Das nimmt zuweilen groteske Züge an.